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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 2
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Rasch, Edgar: Gartenkunst - Raumkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0032

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24

DIE GARTENKUNST.

XV, 2

flächen sind heraüsgestoßen, so daß nur die Gliederung
den Säulen bleibt ( Vorgarten Rathaus Kopenhagen, sowie
geschlossene Baumplätze, Rondells, Alleen, Waldwiesen,
Schneisen). Man betrachte hierzu die Abbildung in
Nr. 24 der Gartenkunst 1912 von Heickes Volkswiese
in Frankfurt a. M., welche ein Meisterstück in garten-
künstlerischer Gestaltung und Raumkunst ist.

Die Wandöffnungen und -gliederungen müssen in
ihren Größenverhältnissen zur Wand und Raumgröße
wohl abgewogen werden, desgleichen Erker und Nischen.
Je kleiner der Garten ist, desto klarer und bestimmter,
sowie einfacher müssen die Wände sein. Genügen
doch zur befriedigenden Raumwirkung in ganz kleinen
Gärten 4 Bäume an den Ecken bezw. an ihrer nicht durch
Gebautes gebil-
deten Ecke ein
Baum geniigen-
derStärke, um die
Wände zu mar-
kieren, falls die
Umgebung nicht
ein Schließen der
Wände . bis zu
einerbefriedigen-
deii Höhe em-
pfiehlt. —Einsol-
cher Abschluß
muß. dann aber
auch undurch-
sichtig sein. Ob
man nun aus ei-
nem Gartenge-
lände einen einzi-
gen Raum schafft
oder analog dem
Hausbau und im
Kontakt mit ihm
mehrere Räume,
je nach Bedarf,

Grundform und
Höhenlagen des
Terrains , stets müssen erst die Gartenräume im
Grundriß mit ihren Verbindungen, ihren Beziehungen
untereinander und zum Hause in raumbildendem Pflanz-
material (Bäume, hohe Hecken, Mauern, Terrassen usw.)
bestimmt werden, wobei Säulengänge am Hause oder
von ihm aus in die Gartenteile in Form von Alleen
jedenfalls von besserer Wirkung sind als nackte Kies-
wege oder schlechte Lattengänge.

Sind wir soweit im klaren, so ist eine weitere
Bepflanzung und Wegeführung weniger schwierig, da
sich Willkürlichkeiten von selbst verbieten. Es ist
einleuchtend, daß in solchen Gärten die Verwendung
des Pflanzmaterials in physiognomisch-ökologischem
Sinne von Willy Lange keinerlei andere Grenzen
gesetzt sind als etwa die Umrißlinien der Pflanzung.
Der Architekt kann sich gleichfalls innerhalb des Planes
nach Herzenslust betätigen, wir können die Einzel-

gärten geometrisch anlegen, Heckengärten, Buchs-
arabesken mit und ohne Blumenfüllung (Ersatz für
Teppichbeete), Teppichbeete, Rosarien, Bade- und
Gemüsegärten anlegen. Nur alles hübsch für sich, wie
von den Zimmern im Haus ja auch jedes seinem Zweck
entsprechend ausgestattet ist. Selbst die Einzimmer-
wohnung läßt sich geschmackvoll ausbilden, wenn man
nicht alles Unmögliche bis zum Überlaufen hineinstopft.
In der Beschränkung zeigt sich eben der Meister (siehe
die oben erwähnte Volkswiese Heickes).

Ich sagte oben schon einmal, daß wir gewisser-
maßen die Einzelheiten als Wegeführung, Einzelpflan-
zungen, Architekturen, Möbel, Figuren usw. analog den
Teppichen und Möbeln im Zimmer zu behandeln haben.

Wir werden ver-
nünftigerweise
also auch hier
keinen Schund
und kein Durch-
einander dulden.
Wir werden alles
da anbringen, wo
es gut steht, gut
wirkt, bequem zu
benutzen ist und
vorteilhaft in die
Augen fällt. Wir
werden auf Ge-
diegenheit sehen
und ihr zuliebe,
wo es eben die
Mittel gebieten,
lieber einfachere
Formen und billi-
geres, aber solides
Material nehmen.

Arbeiten wir
derart, so erken-
nen wir erst
Schultze-
Naumburgs Kul-
turarbeiten in ihrer ganzen Bedeutung und werden sie
nun anders betrachten, als wenn wir sie nur oberfläch-
lich lesen. Es steckt ein gar tiefer und feiner Sinn
darin. Es ist mir völlig unverständlich, wie man aus
S chultze - Naumburgs und anderer wirklicher
Künstler Schaffen Gegensätze zu dem Wirken des Gar-
tengestalters herauskonstruieren konnte.

Das räumliche Gartengestalten erhält besondere
Bedeutung, wo die Anlagen innerhalb der städtischen
Bebauung, also auf öffentlichen Plätzen, frei liegen
und allseitig vom Verkehr umtost werden, in Sonder-
heit in mittleren und kleineren Städten, wo oben-
drein die Mittel meist bescheiden sind. Und gerade
da, wo jeder Platz unter 700 qm Fläche mit Blumen-
beeten und geschmackloser Strauchpflanzung versehen
wird, täten oft ein oder zwei Reihen Bäume um einen
schlichten Rasenplatz oder plätschernden einfachen

Abb. A. Hausgarten am Zürichberg: Terrasse vor dem Hause.
Nach P. Schädlich, Zürich.
 
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