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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 2
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Lehwess, Walter: Nachklänge zur 1. Gartenkunst-Ausstellung in Berlin
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XV, 2

DIE GARTENKUNST.

27:

Abb. E. Hausgarten am Zürichberg: Laubengang. Verf.: P. Schädlich, Zürich.

auf die Architektenwelt selbst einen
nachhaltigen Eindruck ausüben mag, daß
er dazu beitrage, der Gartenkunst die so
oft noch fehlende Beachtung zu bringen.

Weiter dürfte dieser Aufsatz noch
an anderer Stelle zu wichtiger Mithilfe
berufen sein: Möge er als Öl dienen für
die hochgehende See der Ausbildungs-
frage des Gartenkünstlers! Martin.

Gedanken eines Architekten in der Aus-
stellung für Gartenkunst im Königlichen
Kunstgewerbe-Museum in Berlin.

Gartenbau - Ausstellungen haben
wir in Berlin schon viele gehabt, aber
noch niemals eine Ausstellung für Gar-
tenkunst in der Art, wie sie uns die
Gruppe Brandenburg der Deutschen
Gesellschaft für Gartenkunst jetzt im
Kunstgewerbe Museum bietet. Nicht die
Züchtung und Behandlung der Pflanze
wird gezeigt, sondern die verschiedenen
Möglichkeiten ihrer künstlerischen Ver-
wendung; daher kommen auch nicht
Gärtner, Blumenzüchter und1 Baum-
schulenbesitzer zu Worte, sondernledig-
lich Gartenkünstler, Männer, die sich
vorwiegend oder ausdrücklich mit der
künstlerischen Gestaltung des Gartens
befassen. In diesem Versuch, die Gar-
tenkunst zum erstenmale frei und selb-
ständig, bis zu einem gewissen Grade
von ihrer handwerklichen Grundlage
losgelöst, zu zeigen, liegt die Bedeutung
dieser Ausstellung, nicht in ihrem Um-
fange oderin der überwältigendenWucht
neuer Gedanken, die sich in ihr darböten.

Als Gartenarchitekten bezeichnen
sich die meisten Aussteller. Ich glaube,
noch vor io Jahren würde diese Be-
zeichnung erstauntes und teilweises miß-
billigendes Kopfschütteln erregt haben.

Heute wohl kaum: Der Gedanke hat
sich schnell eingebürgert, daß die Ge-
staltung des Gartens ein Sondergebiet
ist, das seine eigenen Fachleute ver-
langt. Ganz etwas Neues ist das nicht.

Auch früher hat es schon Gärtner ge-
geben, die ihren Beruf als Künstler auf-
faßten und ausübten — ich erinnere nur
an Namen wie Lenötre, Lenne, Fürst
Pückler-Muskau. Aber lange Zeit hin-
durch schlief die Gartenkunst. Sie wurde von Gärtnern schlecht
und recht ausgeübt, anfangs wohl in den festen Gleisen einer guten
Überlieferung, dann, dieser entwachsend und doch noch nicht
in neue Gedanken hineinreifend, ohne Stil und ohne Halt. Die
Gartenkunst machte eben eine ähnliche Entwickelung durch
wie das Kunstgewerbe: Nicht die Gärtner selber retteten sie
aus der Nüchternheit, in die sie geraten war, sondern Künstler,
die von außen an sie herantraten, wiesen ihr die neuen Wege.
In erster Linie natürlich die Architekten. Und wie auch das
Kunstgewerbe sich allmählich wieder aus der Fürsorge durch
die Architekten loslöst und immer mehr selbständige und gut
durchgebildete Kunstgewerbler auf den Plan treten, so geht
auch die Gartenkunst mehr und mehr aus der Hand der Archi-
tekten in die des Gartenkünstlers oder Gartenarchitekten über.

Es wäre vergeblich, wollten wir Architekten uns dagegen
wehren. Die Gartenkunst kann wie jede andere angewandte
Kunst des innigen Zusammenhangs mit dem Handwerk, aus
dem sie hervorgeht und das ihr die Vorbedingungen ihrer
Schöpfungen liefert,, nicht entbehren. Um wirklich gute Gärten

zu schaffen, muß man eine genaue Kenntnis der Pflanzen,
ihres Lebens, ihrer Anforderungen an Boden und Klima, Luft
und Sonne, ihrer Liebhabereien und Gewohnheiten haben. Viel
inniger muß das Verhältnis des Gartenkünstlers zu seinem
Rohmaterial sein, als irgend eines anderen Kunsthandwerkers
zu dem seinen: denn es ist kein toter Stoff wie Holz oder
Eisen oder Bronze, sondern es sind lebende Wesen. Und
nicht fertig geht der Garten aus der Hand des Künstlers her-
vor, so wie er ihn sich gedacht hat, sondern erst im jahre-
langen Wachstum kann er das werden, was seinem Schöpfer
vorschwebte. Dieser muß also beurteilen können, wie sich
die einzelnen Pflanzen unter den besonderen Bedingungen ent-
wickeln werden.

Es leuchtet ein, daß das eine Wissenschaft für sich ist,
die eine ganze Menschenkraft erfordert. Wohl gibt es Archi-
tekten, die imstande sind, einen Gartenentwurf auch garten-
technisch richtig aufzuteilen und durchzuarbeiten. Aber die
meisten werden, bei. den immer steigenden Anforderungen,
die ihr eigener Beruf an sie stellt, nicht mehr Zeit und Kraft
 
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