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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 5
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Rasch, Edgar: Heitmatschutz
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0068

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60

DIE GARTENKUNST.

XV, 5

Abb. 5. Sondergarten von Otto Froebel’s Erben, Zürich:
Die Blütenstauden am Laubengäng.

licherweise die blinden Neuerer der letzten 50 Jahre
nicht heran.

Der Schutz des Bestehenden, wir fassen hier
lediglich die Gartenkunst ins Auge, kann sich nun sehr
verschieden gestalten. Alte schöne Baumbestände,
Gartenarchitekturen und Details überhaupt sind auf
jede Art zu erhalten und Neuerungen, die dem Alten
schaden oder sein Bestehen beeinträchtigen, sollten
vermieden werden.

Oft zeigt sich da die Erscheinung, daß spätere

Abb. 6. Sondergarten von Otto Froebel’s Erben, Zürich:
Rückseite des Gartenhauses mit Wasserbecken.

Zufälligkeiten, die vielleicht an sich
schön wirken, das Alte beeinträch-
tigen, und falsche Sentimentalität
breitet schützend die Hand über so
einen gefährlichen Parasiten. Da
wächst irgend an einer Mauer, einem
schönen Treppenaufgang ein Baum
aus angeflogenem Samen. Nachläs-
sigkeit hat seit langem dem Stein-
füge geschadet. Der Baum wächst,
ein malerisches Bild für gewisse
Künstlerseelen. Schon klaffen Risse
in der gesprengten Mauer; i eine,
zwei Docken sind ausgehoben, herab-
gestürzt, ein Meter Deckplatte des
Geländers folgt. Weitere Docken,
Platten und Steine lösen sich. Moder-
luft zerstört Bildhauerarbeiten. Im-
mer weiter wächst der Baum. Der
Gärtner beschützt ihn und ist selig
über die Romantik.

Solch verrückten Schutz können
wir überall bemerken. Es ist fast
zur Epidemie in Gärtner-, Schloß-
gärtnerkreisen geworden, den Pflan-
zenschutz ohne Rücksicht auf wertvolle andere Dinge
zu pflegen. Gewiß wird dem neuerdings von den ernst-
hafteren Fachgenossen erttgegengetreten, aber deren
Einfluß konnte das Vernichtete nicht immer. retten.
Die Zerstörung war zu weit gediehen.

Es. arbeiten eben noch zu viel Leute in ,,maß-
gebenden“ Stellungen, denen ein wirkliches Verständ-
nis für eine weise Erhaltung des Alten fehlt. Die
gärtnerische Bildung reicht dazu nicht aus.

So geht es vollends im Großen. Da werden an
schönen alten Anlagen aus irgend-
welchen Gründen Änderungen vor-
genommen, und inan glaubt ein gutes
Werk zu tun, wenn man die alten
Bäume schont. Daß vielleicht eine
ursprünglich sehr feinsinnigePlanung
durch diese Neuerung (es braucht
ja nicht gerade im „Landschafts-
gartenstil“ zu sein) verdorben oder
gar vernichtet wird, merkt man erst,
wenn das Unheil geschehen ist.

Nicht immer ist das gebildete
Auge, der feinsinnige Kopf eines
alten Schloßherrn da, der über seinen
altangestammten Besitz wacht.

Mit dem bloßen Erhalten des
guten Alten ist es aber auch nicht
getan. Mangelhafte Pflege hat nicht
weniger zerstört als unverständige
„Modernisierung“. Wie oft finden
wir alte Anlagen, deren Schönheit
dahin ist, an deren Stelle eine ver-
wahrloste hohle Romantik getreten
 
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