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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 6
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Wettbewerb für einen Zentralfriedhof der Stadt Erfurt, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0090

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DIE GARTENKUNST.

XV, 6

Die Mauern im Innern des Friedhofes sind geplant,

1. um die Gebäude, hauptsächlich die monumen-
talen Gebäude mit ihrer landschaftlichen Umgebung
in Verbindung zu bringen,

2. um den beängstigenden und unschönen Über-
blick über große Gräberfelder zu hemmen,

3. um einzelne stimmungsvolle Friedhofteile zu
schaffen und durch Überschneidungen und Durchblicke
die ganze Anlage malerisch zu gestalten.

Diese Mauern, welche nach Art der alten Fried-
höfe an wichtigen Stellen durch kapellenartig gebaute
Erbbegräbnisse unterbrochen werden, dienen ferner in
ganz besonderer Weise dazu, in die Anlage der Erb-
begräbnisse Ordnung und soviel wie möglich künst-
lerische Harmonie zu bringen.

Es wird deshalb vorgeschlagen, diese Mauern und
auch die Umfassungsmauern durchweg mit Erbbegräb-
nissen zu belegen, und zwar soll die Mauer so gestaltet
werden, daß in Abständen der gebräuchlichen Breite
von Erbbegräbnissen, also 2,50 Meter, 12 cm tiefe
Bogennischen durch Schäfte getrennt entstehen, mit
der Bestimmung, daß die Grabsteine diese Nischen-
flächen in ihrer Ausdehnung keinesfalls überschreiten
dürfen. Dadurch wird erreicht, daß sich das Über-
bieten an Größenverhältnissen und protzigen Monu-
menten von selbst verbietet, und daß selbst künst-
lerisch nicht hochstehende Produkte der Grabstein-In-
dustrie nicht imstande sind, das ganze Friedhofsbild
zu zerstören. Diese Unterordnung hat auch noch den
Zweck, die Kosten für ein sonst ringsum zu bear-
beitendes Grabdenkmal zu reduzieren, so daß esi.nur
gerechtfertigt erscheint, wenn die Grabstellen-Inhaber
durch einen Beitrag zu den Kosten der Mauer heran-
gezogen werden, und dadurch diese Ausgaben nicht
der Stadtverwaltung zur Last fallen.

Es wird ferner vorgeschlagen, die Einfriedigung
dieser Erbbegräbnisse mit ganz einfachen Mitteln, aber
durchweg einheitlich zu gestalten und auch die Kosten
hierfür von den Grabstellen-Inhabern zu erheben.

Die kapellenartig gebauten Erbbegräbnisse müssen
natürlich auf Bestellung, aber nach einheitlichen künst-
lerischen Gesichtspunkten hergestellt werden. Die viel-
stelligen Erbbegräbnisse und die Einzelstellen werden
auf freie Plätze verwiesen und dafür ein angepflanzter
Hintergrund geschaffen, doch möchte möglichst der
Eindruck protziger Haupt-Alleen vermieden werden.

Es wäre interessant, zu versuchen, ob es nicht
möglich ist, die ganze Belegungsfläche in Felder auf-
zuteilen, von denen ein einzelnes für ein Jahr ausreicht.
Dabei würden sowohl die Familiengräber sowie die
Reihengräber für Erwachsene und Kinder, auch zu
Anfang die Urnenbestattung, beisammenbleiben und
so eine große Gemeinschaft darstellen. Natürlich
dürfte der Platz nicht zu knapp bemessen werden und
die freie Ausdehnung nach irgend einer Seite möglich
sein, die dann nachträglich durch Bepflanzung oder
durch eine Mauer geschlossen werden könnte. Die
innerhalb dieser Jahres-Abteilungen etwa unbenutzten
Flächen würden, wenn angepflanzt, sehr wohltuende
Unterbrechungen geben, und könnten, bei späteren
Belegungen mit benutzt werden. Da voraussichtlich
das Verhältnis der Bestattung zugunsten der Kremation
sich stark verschieben wird, werden die Felder auch
späterhin für ein Jahr ausreichend sein. Die Orien-
tierung würde sicher durch eine solche Anordnung
wesentlich gewinnen, wenn über den Eingängen zu den
Jahres-Abteilungen die Jahreszahlen angebracht werden.

Diese Bestattungsweise ist jedenfalls friedhoftech-
nisch nicht leicht zu bewerkstelligen, denn es braucht
dazu eine Menge fortwährender Kleinarbeit, allein sie hat

Wettbewerb Zentralfriedhof Erfurt: Angekaufter Entwurf. Mauer mit Mauernischen. Verfasser: Architekt Meyer, Dresden.
 
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