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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 6
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Rasch, Edgar: Das Teppichbeet
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0092

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84

DIE GARTENKUNST.

XV, 6

auch zu zeigen, wie er all das Material in der Praxis
mit Erfolg und Geschmack verwenden kann.
Woher soll er das wissen? Wer „besorgt“ denn die
allermeisten Vor- und kleinen Hausgärten? Also ge-
rade die, welche hauptsächlich in die Augen fallen
und am ärgsten mißraten. Fast ausschließlich der
Kunst- und Handelsgärtner mit seinen Gehilfen. Und
dabei macht oft gerade diese „Landschaftsgärtnerei“
einen Hauptverdienst sehr vieler Gärtner aus.

Überall haben wir eine energische Entwickelung
des Geschmackes. Die Architektur, das Kunstgewerbe
spannen jeden Nerv an, um ihre Leistungen nicht nur
technisch, sondern auch ganz besonders geschmacklich
zu steigern. Wer die einschlägige Presse studiert, ist
erstaunt, wie selbst die bescheidensten Plandwerker-
blättchen ihre Leser in Geschmacks- und künstlerischen
Fragen beraten und fortgesetzt auf dem laufen-
den erhalten.

Wie nötig wäre dies erst bei unserer Fachpresse?

Seit langen Jahren ist dies bei uns etwas abge-
kommen. Ab und zu werden wohl prämiierte Entwürfe
von gartenkünstlerischen Wettbewerben, also durchweg
Riesenprojekte veröffentlicht, Sachen, an deren Aus-
führung keiner der Leser jemals kommt. Wie man
aber den kleinen Hausgarten mit Geschmack
anlegt, dafür scheint niemand Interesse zu haben.

Wir haben zwar ältere Vorlagewerke über Haus-
gärten und Teppichbeete, doch sind dieselben völlig
veraltet. Man arbeitet heute nach ganz anderen Ge-
sichtspunkten als damals.

Ich möchte - überhaupt von Vorlagewerkerr im
allgemeinen und der Herausgabe neuer im besonderen
abraten. Es führt zur Schablone und die Vorbilder
sind schnell von der Zeit überholt.

Wohl aber sollte die Fachpresse, die in Kunst-
und Handelsgärtnerkreisen gelesen wird, periodisch
ihre Leser auf dem laufenden erhalten. Da müßten
Geschmacksveränderungen besprochen und erklärt
werden. Vorschläge für neue Gestaltungen in kleinen
Anlagen mit Skizzen sollten das Gesagte erläutern.
Mitarbeiter gegen angemessenes Honorar findet selbst
die kleinste Zeitung.

Dabei braucht sich eine Zeitschrift zu keiner
Änderung ihres Programmes zu entschließen. Es ge-
nügt, wenn in den Monaten März bis Mai' in einigen
Nummern Artikel über die Frühjahrinstandsetzung der
Gärten und Blumenbeete nach der „neuesten Mode“
(man gestatte mir diesmal gütigst das böse Wort) erschei-
nen, und während des Winters sollten ein paar Spalten
einer vernunftgemäßen Neuanlage gewidmet werden,
wobei über Gartendekorationsgegenstände, kleine Lau-
ben , geschmackvolle Auswahl des Pflanzmaterials
manches zu sagen wäre, was Mißgriffe verhindert und
vermindert.

Wie gesagt, mit einigen Spalten ist es getan,
ohne daß die Zeitschriften ihren sonstigen Stoff ein-
zuschränken brauchten.

Hat die sonstige gärtnerische Fachpresse so gar

kein Interesse an der Existenz der landschafternden
Gärtner, die ausschließlich auf diese Fachschriften
angewiesen sind? —■

Haben wir nun die Gründe nachgewiesen, aus
denen das Teppichbeet „aus der Mode gekommen“
ist, und das Mittel gezeigt, wodurch es besser werden
kann, und ähnliche Erscheinungen wie beim Teppich-
beet künftig vermieden werden, so mag noch eine
Betrachtung des Teppichbeetes selbst folgen.

Das Teppichbeet ist eine Pflanzenzusammenstellung
in regelmäßiger Form. Die Regelmäßigkeit ist hier in so
strenger peinlicher Folgerichtigkeit bis ins Detail durch-
geführt, wie es peinlicher nicht mehr möglich ist.
Trotzdem ist das Teppichbeet selbst erst ein kleines
Detail der Gesamtanlage. — Ist diese Anlage, soweit
sie die Fläche, auf welcher das Teppichbeet liegt, um-
rahmt, unregelmäßig oder gar „landschaftlich“ ge-
halten, wird das Teppichbeet, es mag an sich völlig
einwandfrei sein, niemals recht hineinpassen. Gibt
man gar dem Weg, an dem es liegt und der aller-
nächsten Umgebung regelmäßige Form und Lage bei
sonstiger „landschaftlicher“ Anlage, wird dies erst recht
gezwungen und unlogisch wirken. Ich möchte zur
Veranschaulichung eine Parallele skizzieren, welche dies
ebenso auffällig zeigt. In einem großen Saal von
schiefem und unregelmäßig polygonalem Grundriß
seien gerade vor eine Eingangstür mit peinlich ge-
nauer Symmetrie und Regelmäßigkeit ein runder Tisch
mit 6 genau gleichen Stühlen im Kreis in gleichen
Abständen herum aufgestellt. Decke und Blumen-
schmuck des Tisches seien streng regelmäßig konzen-
trisch zu den Stühlen angeordnet. Nun behaupte einer,
das Bild der Möbel im Raum und gar der Gesamt-
eindruck des möblierten Saales wäre schön.

Genau so wirkt das Teppichbeet in der „land-
schaftlichen“ oder unregelmäßigen Umgebung. Letz-
teres bezieht sich besonders auf Vorgärten und ge-
wisse „Parterres“, die in, sonst „landschaftlichen“ (ich
setze die Ausdrücke absichtlich in Anführungsstriche) An-
lagen, sich in Gärtnerkreisen großer Beliebtheit erfreuen.

Hat das Teppichbeet als solches in freier Natur
schon sein Mißliches, so wird dieser unangenehme
Eindruck noch durch die üblichen schablonenhaften
Formen und Farben verstärkt. Die Formen der Tep-
pichbeete sind sich von Jahr zu Jahr so ziemlich gleich-
geblieben. Eine Zeitlang probierte man wohl ein bissei
„Jugendstil“. Allein davon kam man schnell wieder ab.

Es scheint fast als ob man sich hier festgefahren
hätte. Warum müssen denn die Teppichbeete immer
so als kompakte Haufen daliegen? Innerhalb dieser
Beetmasse klügelt man fortgesetzt Variationen heraus,
baut komplizierte Erdhaufen mit so verzwickten Ver-
tiefungen, Profilen, Bogen und Kanten, mißt und zirkelt
daran herum, daß man sich nachher um so mehr über
das Resultat der Mühe täuscht.

Jede hügelige Erdunterlage für das Teppichbeet
und noch mehr so komplizierte Miniaturterrainspielereien
halte ich für geistlose Mache und überflüssig. Die
 
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