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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 7
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Balcke, Joh.: Neuzeitliche Friedhofskunstbestrebungen in Linden-Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0098

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90

DIE GARTENKUNST.

XV, 7

Abb. 2. Einheitliche Grabdenkmäler aus Holz und Stein der Musterfriedhofanlage

des Lindener Hauptfriedhofes..

Abb. 3. Reihendenkmäler, wie sie noch vor drei Jahren
in Linden üblich waren.

her in besonders augenfälligerWeise
die Harmonie des Friedhofsbildes
verdarb. Dies waren z. B. die Fa-
brikate aus Glas und die Steine
mit blankpolierten Flächen, weil
diese einmal durch Spiegelung und
Lichtreflex als störend empfunden
wurden, weil sie ferner mit dem
Hauptwerkstoff unserer hiesigen
Friedhöfe, den Sand- und Kalk-
steinen, schlecht zustammenstim-
men, namentlich wenn diese älter
werden, und weil sie auch sonst
kalt und fremd wirken. Es wur-
den ferner verboten alle Erzeug-
nisse aus Zement und Porzellan,
ebenso die allbekannten waffel-
artig bearbeiteten Denkmäler, die
mit ihren zerhackten Flächen ge-
radezu raffiniert unruhig wirken.
Verboten wurde im allgemeinen
auch der weiße Marmor, der an
sich wohl von vorzüglicher Wir-
kung sein kann, aber zwischen
Denkmälern aus anderen Werkstoffen außerordent-
lich störend auffällt. Nicht mehr zugelassen werden
neuerdings auch die sehr häßlichen, bisher allgemein
üblichen, trogartigen Grabeinfassungen, an deren
Stelle nunmehr die ruhige Linie niedriger, gleich-
mäßig hoher Grabhügel tritt. Um die Höhe der
Reihengrabdenkmäler einheitlich zu gestalten, wurden
alle Denksteine von mehr als Meterhöhe mit einer
hohen Steuer belegt.

Diese, in die alten Gepflogenheiten scharf ein-
schneidenden Bestimmungen stießen zunächst auf
starken Widerspruch in der Bevölkerung und bei dem
Grabsteingewerbe, sie erwiesen sich aber als außer-
ordentlich heilsam, denn es entstand alsbald ein all-
gemeines Fragen und Nachdenken über die Ursachen
der getroffenen Maßnahmen. Es entstand sogar in-
folge des Verbotes der üblichen Grabdenkmäler eine ge-
wisse Notlage, der die Grabmalfabrikanten ratlos gegen-
überstanden. Es war daher eine unabweisbare Pflicht
der Friedhofsverwaltung, auch positive Finger-
zeige über die verfolgten Ziele zu geben.

Dies geschah in erster Linie durch die Einrich-
tung eines nunmehr seit 2 Jahren bestehenden Muster-
friedhofes. Am Eingang des neuen Hauptfried-
hofes wurden auf einem mit Hecken umsäumten und
durchzogenen Gelände auf etwa 60 markierten Gräbern
Grabdenkmäler in einfachen, neuzeitlichen Formen in
grabfeldmäßiger Reihung, nicht in ausstel-
lungsmäßiger Anordnung, errichtet. Die An-
fertigung und Aufstellung der Denkmäler geschah auf
Betreiben und unter Aufsicht der Friedhofsverwaltung
durch hiesige Grabsteingeschäfte, in deren Eigentum sie
verbleiben. Die gärtnerische Instandsetzung der Grab-
hügel erfolgte durch die Friedhofsgärtnerei.
 
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