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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 8
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Schröder, Helmut: Baumpflanzungen und Städtebau: Studien an Beispielen
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108

DIE GARTENKUNST.

XV, 8

und klein maßstäbliches Raumausfüllen nebeneinander
wirken: Betrachtet man alle diese Formen als Massen-
und Raum bildende Elemente, so können jederzeit Ge-
bäude und Pflanzungen in beliebiger Gegenwirkung
zusammengestellt werden in freiem Wechsel bei der
Raumbildung einer Stadt. Die noch folgenden Bei-
spiele mögen kurz solche allgemein vielseitige Ge-
staltung zeigen.

Die Bergheimerstraße (Abb. 12, 13), eine
Straße mit sehr bedeutendem Verkehr bis ins Zentrum
der Stadt, mit hoher Reihenbebauung, hat auf der
Nordseite durchweg in ihrer ganzen Lange einen etwa
12 m breiten Vorgartenstreifen. Selbst im Winter hat
so diese Häuserfront bis ins Erdgeschoß Sonne.; die
Vorgärten sind
meist niedrig mit
Gehölz oder Blu-
men bepflanzt;
in willkürlichen
Abständen nur
schließen sich
größere Baum-
gruppen zusam-
men bis dicht an
die Straße; sie
geben kulissen-
artig ihrem Bild
eine großzügige
Weite, so daß
trotz des lauten
innerstädtischen
Fuhrwerk Ver-
kehrs das Stra-
ßenbild entspre-
chend frei und
wohltuend bleibt.

Unabhängig von
dieser großen
Massenwirkung
geht darunter
weg eine kleinmaßstabliche Baumreihe von Kugelakazien
auf dem nördlichen (sonnigen) Trottoir als eigentliche
Straßenpflanzung. Dieses Nebeneinander der zwei ver-
schiedenen Elemente trägt viel dazu bei, die Raum-
wirkung des Ganzen zu steigern.

Ähnlich ordnet sich in Abb. 4 die Straßenpflanzung
(hier sind es geschnittene Platanen) den raumbildenden
hohen Bäumen des Bismarckplatzes unter. Eine ganze
Reihe von verschiedenwertigen Pflanzungen gehen in
ihrer Wirkung hier nebeneinander her zusammen mit
der der Gebäude: die Massenwirkung gegen den
Brückenkopf und die Baumasse des Gymnasiums, die
hohe Randpflanzung innerhalb der Anlagen zur Bildung
des Straßenraums und zum Abschluß des Platzinnern,
und im Innern und in den Straßen selbst wieder klein
maßstäbliche Pflanzungen; all dies aber zusammen
vereinigt sich zu klar und bewußt gestaltetem Gleich-
gewicht in Masse und Raum.

Auf den beiderseitigen Uferstraßen längs des
Neckars fällt der Baumpflanzung eine wichtige Rolle
zu. Am schönstengerade in dem Baumwuchs ist das
Stück die Ziegelhäuserlandstraße (Abb. 14, 15).
Das Gelände steigt seitlich schnell steil an, es bleibt
wenig Platz für die Straße, die auf hoher Ufermauer
oder Böschung dicht neben dem Fluß hinzieht. Auf
der Bergseite stehen erhöht über ihr Villen in Gärten,
deren Bäume sich an die Straße drängen und von da
den Berg hinaufziehen: Überhängende Stützmauern,
hochstehende Häuser und Bäume auf der einen Seite,
die weite Fläche über dem Fluß, der ganze Luftraum
des Tales bis zu den gegenüberliegenden Bergen auf
der andern Seite, zwischen diesem Gegensätzlichen

liegt die Straße:
es ist wichtig da-
her , sie selbst
räumlich für sich
zu bilden, sie von
dem großen Tal-
raum abzuschlie-
ßen, ihren Maß-
stab dem auf ihr
gehenden Men-
schen anzupas-
sen : auf der Bö-
schungskante
gegen denNeckar
steht vor einer
einen Meter ho-
hen Brüstungs-
hecke aus Weiß-
dorn eine Plata-
nenreihe, die nie-
der in regelmäßi-
ger Form gehal-
ten , ein Schutz-
dach über der
Straße bildet,und
ihr einen selb-
ständigen Raum gibt; nur zwischen ihren Stämmen, wie
durchFenster hindurch, sieht das Auge in das Tal hin-
aus, das erst durch diesen Gegensatz von nah und fern
den Eindruck seiner Weite gewinnt. Vom andern
Ufer gesehen, zieht längs der Straße dieser scharf
geschnittene grüne Streifen hin, hebt sich deutlich ab
von dem freien Wuchs der dahinter stehenden Garten-
bäume und dem Berg. Es ist die bewußt geschaffene
Baummasse, die mit dem Berg und seinem Wald
nichts zu tun haben darf; und auch hier aus der
Ferne gibt dieser schmale Streifen am Fuße des Berges,
unter dem die Straße hinläuft, einen Maßstab für
seine Masse und für den dazwischen liegenden Luft-
raum des Tales.

Interessant ist es nach all diesen Betrachtungen
schließlich über die Anlagen der Jo ha nne s kirche
zu sprechen (Abb. 16). Sie selbst steht in dem spitzen
Winkel auf der Mittelachse einer Straßenkreuzung

Abb. 5. Brückenkopf beim Bismarckplatz in Heidelberg.
 
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