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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 11
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Rothe, Richard: Felsengartenbetrachtungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0172

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164

DIE GARTENKUNST.

XV, 11

Phlox amoena im Felsengärtchen.

unsere Bestellungslisten an Pflanzenmaterial anschwel-
len hilft.

Ich weiß nicht, wie weit sich meine Ausführungen
mit den Erfahrungen und Ansichten in der alten
Heimat decken. Als sicher glaube ich annehmen zu
dürfen, daß man auf diesem Spezialfelde in letzter
Zeit erheblich weitere Fortschritte gemacht und voll-
kommenere Erfolge aufzuweisen hat als hier zu Lande.
Wenn die Anregung zu einem Wettbewerbe unter den
photographierenden Mitgliedern der Deutschen Gesell-
schaft für Gartenkunst zur Erlan-
gung von Felspartie-Motiven bis-
her noch nicht die erwünschten
Resultate gezeitigt haben sollte, so
ist die Schwierigkeit, Totalansicht
von derartigen Anlagen auf die
Platte zu bannen, mit in Rechnung
zu ziehen. Auch ich kann heute
nur mit Einzelheiten aufwarten. Es
lassen sich überdies weder für Pläne
noch Formen bestimmte Regeln,
noch allgemein gültige Vorbilder
aufstellen. Der Felsengarten dient
nicht sozialen noch gesellschaft-
lichen Repräsentationszwecken,
noch weniger hat er etwas mit dem
Begriff der erweiterten Wohnung
im Freien zu tun. Als Sanctuarium
des Pflanzenfreundes ist es der
Garten, der zur Intimität mit einer
Wunderwelt von eigenartiger An-
mut und Schönheit einladet; ein
Raum, in welchen durch eine Fülle
stetig wechselnder Blütenfloreffekte

der Reichtum an anziehenden Ein-
zelbildern die Totalwirkung sehr
oft an die zweite Stelle rückt; eine
Stätte, in welcher die Individualität
des Besitzers noch den erfreulich-
sten Spielraum zur freien Betäti-
gung finden kann. So lange die
Lust am feinen Sinnieren als un-
veräußerliches Merkmal des deut-
schen Gemütes sich wach erhält,
wird das Felsengärtchen sich im
Rahmen der deutschen Garten-
kunst zu Recht behaupten. Vor
einer Reihe von Jahren habe ich
an dieser Stelle einmal die Über-
zeugung ausgesprochen, daß sich
der deutsche Gartenkünstler allen
an ihn herantretenden Zeitforde-
rungen an führender Stelle ge-
wachsen zeigen wird. Den seitheri-
gen Gang der Dinge aus der weiten
Perspektive beobachtend möchte
ich heute dieselbe Behauptung
unterstrichen wiederholen. Es liegt
in der Natur der Sache, daß im gegenwärtigen rapiden
Entwickelungsgange sich nach der extremen Seite hin
hier und da Auswüchse zeigen, die gelegentlich zu
humorvoller Selbstironie herausfordern. Die deutsche
Gartenkunst ist jedoch im letzten Dezennium soweit
vorgeschritten und in sich selbst bekräftigt, daß sie
sich dies unbeschadet ihres Ansehens und ihrer Würde
erlauben kann. Es macht mir hier drüben immer ein
stilles Vergnügen, wenn sich einer oder der andere
fachliche Vertreter zu dem Ausspruch versteigt, nur

Primula veris elatior grandiflora.
 
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