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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 11
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Hardt, Emil: Barock?
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0175

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XV, 11

DIE GARTENKUNST.

167

„gartentechnische Kunstwerke“.

Unter technischen Kunstwerken
versteht man solche Schöpfungen,
bei denen technische Vollendung
und künstlerische Gestaltung, ein
technisch und auch künstlerisch-
vollwertiges Ganzes geschaffen ha-
ben. Wenn nur technisch Vollen-
detes geschaffen worden ist, wird
das Werk als technisches Meister-
werk bezeichnet werden können.

Wenn daher ein geschickter Gärtner
aus dem Pflanzenmaterial das her-
ausholt, was nach seiner Ansicht
darin zu liegen scheint, es vielleicht
auch zu plastischen Gebilden ge-
staltet, kann nur von einem garten-
technisch vollendeten Werk, aber
nicht von einem Kunstwerk ge-
sprochenwerden. Darüber wird man
sich doch immer klar bleiben, daß
es sich um Spielereien, um barocke
Einfälle und nicht um Kunstlei-
stungen handele. Dieses vorweg.

Weiterhin führt Herr Rasch aus, daß nach seiner
Ansicht und der der Bau- und Kunstgewerbler Material-
echt- und -rechtheit längst überwundene Begriffe seien.
Ich möchte behaupten, daß diese Voraussetzung irrig
sei und daher auch die daran geknüpften Folgerungen.
Ich möchte die Frage aufwerfen, welcher Baukünstler
und Baugewerbler von geläutertem Geschmack die von
Herrn Rasch aufgestellte Behauptung vertreten möchte
und sich bei seinen Werken leichthin über Material-

Oenothera missouriensis.

Sedum spectabile.

gerechtheit hinwegsetzen würde. Selbst in Handwerker-
kreisen hat das Verständnis für die beiden genannten
Faktoren soweit Wurzel gefaßt, daß sogar die fürchter-
lichen Gebilde, die früher Zuckerbäcker und Konditoren
aus Zucker und Marzipan formten, weniger häufig
zu sehen sind. Weshalb soll nun außerhalb dieser
außerordentlich vernünftigen Entwickelung der Gärtner
angeregt werden sich als Heckenplastiker zu gebärden?
Es muß wiederholt werden, daß das Suchen nach
Materialgerechtheit unser ganzes
heutiges Kunstschaffen durchdringt
und ein Zurückfallen in den alten
Schlendrian vom kulturellen Stand-
punkt aus unendlich zu bedauern
wäre.

Wenn man nun daraufhin die
den Ausführungen des Herrn Rasch
beigegebenen Abbildungen ansieht,
wird man unbedingt sagen müssen,
daß alle die in lebendem Material
gedachten Formen sinngemäß in
Stein, Holz oder Eisen ausgeführt
werden müßten. Weshalb muß
man denn ausgerechnet auf Bux-
baum oder Taxus verfallen, um
Portale, Dächer, Pfeiler und Figuren
herzustellen. Haben wir denn nicht
Materialien zur Genüge, die in Ver-
bindung mit lebenden Pflanzen sich
gegenseitig in ihrer Wirkung heben ?
— Ich brauche dabei nur an die
außerordentlich gute Harmonie von
Muschelkalk oder Buntsandstein mit
Taxus- oder Buxhecken zu denken.
 
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