Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 15.1913

DOI issue:
Nr. 15
DOI article:
Fuchs, Ludwig F.: "Und neues Leben blüht aus den Ruinen"
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0234

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
226

DIE GARTENKUNST.

XV, 15

Kunde wurde von der Geburt des ersten Sohnes: sein
Haus möge wachsen und gedeihen wie dies junge Reiß.

In der Tiefe des Schloßgrabens, der noch bis zur
Mitte des vorigen Jahrhunderts als Bärenzwinger diente,
ist eine nicht alltägliche landschaftliche Anlage ent-
standen, die den mächtigen, vielgestaltigen Schloßbau
auf allen Seiten einschließt, ihm stellenweise eine impo-
sante Folie von reichster Silhouette gebend. Unge-
zwungen wechseln stattliche Baumgruppen, kleine
Weiher und Wiesengründe, Buschwerk und umwucherte
Bauglieder miteinander ab und überaus reizvoll ist der
beständige Wechsel der Bilder, welche das ragende
Schloß durch die Lichtungen bietet.

Obstgarten. Aus der Tiefe führt ein gedeckter
Treppenaufgang in das niedliche achteckige Garten-
häuschen, das auf der Bastion steht, an welche sich
genannte Mauer schließt. Ein Motiv, das des Pinsels
des Meisters der Idyllen, Spitzwegs, würdig wäre. Die
liebliche Aussicht, die sich aus allen Fensterchen bietet,
zeigt uns, welche feinsinnige Persönlichkeit am Werke
gewesen ist bei der Wahl dieses Platzes. Auch die
Bauformen, der Schindelbelag und das kokette, schie-
fergedeckte Dach sind bedeutungsvoll für die Ge-
samtstimmung. Um das Maß des Romantischen voll
zu machen, hat noch ein alter Efeu sein dichtes Ge-
laub um die Bastion und das niedliche Bauwerk ge-

Die alte Eiche auf dem Schloßwall in Darmstadt. Aufnahme von L. F. Fuchs, München.

Wir bleiben auch ferner im schönen Hessenlande.
Auf freier Bergeshöhe im Odenwalde erhebt sich das
historische, 1570—80 von Baumeister Ballesen erbaute,
Schloß Lichtenberg. Eine stattliche, stark umwehrte
und wohlerhaltene Veste der ausgehenden Renaissance-
zeit schaut es weithin über die Berge und Täler mit
ihren Dörfern und Matten, Wassern und Wäldern.

Seit vielleicht 90 Jahren dient es Verwaltungs-
zwecken und eine Anzahl Beamtenfamilien wohnt
darin. So kommt es, daß hier auf einem Berggipfel
des Odenwaldes sich noch ein feines Stück Bieder-
meiergartenkunst bürgerlicher Art erhalten hat, wie es
gewiß heutzutage sehr selten ist. Hinter dem Schlosse
auf der geneigten Krone des Walles breiten sich die
hohen Buxbeete mit den guten alten Gartenblumen.
Durch eine hohe mit Rebenspalieren verkleidete Mauer
führt ein Pförtchen in den Schloßgraben, dem heutigen

schlungen und nur die Nordseite zeigt uns noch die
feinen Formen.

An anderen dankbaren Aussichtspunkten des Walles
nehmen uns dichtgeschlossene Hainbuchenlauben oder
Steinsitze unter Hollunderbäumen in ihrem Schatten
auf. Eine natürliche Gartenanlage neuerer Zeit mit
verschlungenen Wegen bedeckt den Ost- und Nord-
abhang. Auch ein schöner Bauerngarten hat sich oben
beim Schlosse eingenistet, gleichwie der Sperling sein
Nest im Schutze des Raubvogelhorstes erbaut. Er hat
einen hübschen Eingang mit Sandsteinpfosten, gerade
plattenbelegte Wege und all den Blumenflor, der hier-
her gehört.

Unten im Dörfchen haben die Bauern nicht weniger
Sinn für den Garten. Einer fällt besonders auf mit
seiner mehr als stockwerkshohen Stützmauer. Ein
„hängender Garten“ an einer Bergeshalde, auf der sich
 
Annotationen