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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 17
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Schneider, Ernst: Erziehung und Pflege des Schönheitswaldes: mit Rücksicht auf die in der Nähe der Städte zu schaffenden und zu erhaltenden Stadtwälder
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0267

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XV, 17

DIE GARTENKUNST.

259

hölzer, wie Linden, Hasel, Ahorn, die bei allzu langem
Bestand spillerig kahl und langbeinig werden, müssen
durch Herunterschlagen zu neuem Austreiben angeregt
werden. Wenn aus ästhetischen Gründen eine allzu
radikale Axtarbeit unerwünscht ist, dann kann man sich
nur auf das Herausschneiden des starken alten Holzes
beschränken, so daß ein Kranz junger Triebe erhalten
bleibt, der immerhin den Eindruck eines unverstüm-
melten Strauches erweckt.

Allmählich müssen wir mit unseren Durchforstungen
soweit kommen, daß wir einen Überhalt stolzer gesunder
Bäume mit glatten Schäften und schönen Kronen er-
halten, unter denen nun Unterholz in verschiedenen
Altersklassen teils dichter, teils locker den Waldboden
bedeckt, Unterholz, das auch mehr von unten heraus
verzweigt ist, wie allzusehr aus dünnen, schwippigen
Stämmchen be-
steht. An Wald-
lichtungen, Rai-
nen usw. werden
wir stets darauf
achten, daß die
Gruppierung von
Baum und
Strauch, von Ge-
büsch und hain-
artigen Partien
stets malerische
Bilder ergibt, daß
nichts zu bunt
durcheinander
steht, sondern
möglichst wenige
charakteristische
Arten Zusammen-
kommen. Die
Durchforstungs-
arbeiten müssen
mit viel Über-
legung und Ge-
schmack betrie-
ben werden. Wenn sie richtig ausgeführt sind, wird
der Bestand immer gut aussehen und nie gewaltsame
Einschläge zeigen. Und gerade das ist es ja, was wir
in unserem Schönheitswalde vermeiden wollen.

3. Das abwechslungsreichste und wichtigste Kapitel
wird nun der dritte Teil unserer Betrachtungen um-
schließen: die Übernahme fertiger forstwirtschaftlicher
Bestände und die Pflege des Schönheitswaldes. Die
Fälle werden nicht selten sein, wo wir einen bereits
fertigen Wald übernehmen müssen, um ihn als Stadt-
wald einzurichten. Hier wird es nur möglich sein, ihn
bald in einen Schönheitswald überzuführen, wenn
wenigstens ein einigermaßen guter Bestand gesunder
Bäume vorhanden ist. Gewöhnlich werden ja die ein-
zelnen Quartiere mit gleichaltrigen Stämmen besetzt
sein. Zunächst werden wir dann vorsichtig lichten
müssen, um neben dem gleichmäßigen Bestände auch

einzelne lichtere Stellen zu erhalten und für die Bäume
zu sorgen, die wir möglichst lange als Standbäume er-
halten wollen, mögen sie nun einzeln mit Krone und
Astwerk oder mehr in hainartiger Gruppierung mit
ihrer Stammstellung wirken. Neben diesen Standbäumen
müssen wir auf die Gewinnung von Unterholz achten,
das die schroffen Übergänge vom alten zum jungen
Bestand mildert. Wie dies Unterholz zu behandeln
ist, mag uns die Natur lehren, die uns zeigt, wie die
Pflanzen natürlich entstanden sind. Bald aus Samen,
bald aus Ausläufern, bald aus den Resten eines ver-
dorbenen Stammes, die um den alten Standort einen
Kranz neuer Nachkommen erzeugen und nun im gegen-
seitigen Kampf ums Dasein bald frisch empordringen,
bald vom kräftigen Gegner unterdrückt, vergebliche An-
strengung machen. Dadurch entsteht dann jener wechsel-
volle Reiz zwi-
schen verschie-
denen alten Stäm-
men,Büschen und
Sämlingen. Man
wird die Entwick-
lung natürlicher
Besamung stets
fördern,vielleicht
sogar an geeig-
neten Stellen dar-
aus Ersatzpflan-
zen ziehen, wenn
irgend ein alter
Baumveteran ein-
gegangen ist. Die
Erhaltung der
Walddecke, der
Laub- und Nadel-
schichten ist des-
halb wichtig. Ge-^
rade in der stän-
digen Erhaltung
des Bestandes
liegt ja unsere
Hauptaufgabe bei der Pflege des Schönheitswaldes. Bei
den Lichtungen ist aber zu beachten, daß diese nicht zu
plötzlich vorgenommen werden, damit der Boden durch
die Sonne nicht ausgetrocknet wird, sondern noch einige
Zeit im Halbschatten liegt, und erst allmählich zur
sonnigen1 blumenreichen Au wird. An den Wegerändern
oder den Bestandesgrenzen kann man etwas stärker
lichten, damit die Stammstellung das Reihenmäßige
verliert, mehr ungezwungen hainartig erscheint, auch
Unterholz in unregelmäßigen Gruppen unterpflanzt
werden kann. Man darf natürlich nur Unterholz wählen,
das dem Bestände natürlich entspricht. Vor allem
sollten alle fremdländischen, auch für den Boden fremden
Pflanzen unbedingt vermieden werden, denn der Wald
soll wohl gepflegt aber natürlich entstanden erscheinen.
Das Pflanzenmaterial ist ihnen ja bekannt, ebenso
brauche ich nicht auf die Art der Gruppierung und

Schönheitswald: Moyser Waldpark in Görlitz. Waldbild.
 
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