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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 21
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Pallmann, Kurt: Berliner Dachgärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0330

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322

DIE GARTENKUNST.

XV, 21

Vorgarten (Weinterrasse) des Eden-Hotels am Zoologischen
Garten in Berlin.

Und wenn der Garten durch hohe weinumränkte
Spaliere gegen den Nachbarn, gegen die Straße ab-
geschlossen ist, wenn gar ein plätschernder Zierbrunnen
an heißen Tagen Kühlung zufächelt, fehlt dann noch
etwas an der Illusion eines veritablen Gartens? Die
Sehnsucht des Großstädters nach der Kleinstadt und
der Natur, nach stillen ruhigen Gassen und einem
Gärtchen hinter dem Hause und seiner Beschaulichkeit
scheint so in eigenartiger Weise erfüllt. — Eine ge-
schickte architektonische Gestaltung der Sehnsucht
nach der Klein-

stadt, die Idylle
mitten im Häu-
sermeer der
Weltstadt —
das ist der
Dachgarten. —
Und die hän-
genden Gärten
der Semiramis
erwachen hier
zu neuem Le-
ben -—

Es ist er-
freulich, wie
man in der Me-
tropole allent-
halben die Na-
tur in die Stadt
hereinholt, sie
gar auf die
Dächer hinauf-
trägt. Neuer-
dings wendet
man auch dem
so arg vernach-
lässigten Vor-
gartenproblem
besondere Auf-
merksamkeit
zu. Das Rhei-
nische Viertel
in Wilmersdorf
z. B. zeigt ganz
eigenartige
hübsche Lös-

ungen. Man HausfLietzenburgerstr. 6 in Charlottenburg,
täuscht da dem mit Dachgärten. Arch. Heinr. Möller, Berlin.
Großstädterdie

Dorf bzw. Kleinstadtidylle vor, indem man die’Straße wie
eine Aue behandelt oder indem man Lauben vor den
Häusern an grünen Abhängen anlegt.

Behördlicherseits ist man auf das Wohl der Ein-
wohner seit kurzem gar so erpicht, daß man die Be-
stimmung der Polizeiverordnung vom 27. 10. 1855 be-
sonders scharf anwendet auf Vorgärten, in denen Schank-
gewerbe betrieben wird. Die Vorgärten sollen selbst
hier ihrem „ästhetischen und sanitären Zweck“ dienen.

Dachgarten auf dem Eden-Hotel am Zoologischen
Garten in Berlin.

sein auf eine Steineisendecke mit Betonschicht, die man
zwecks Verhinderung jeder Durchnässungsmöglichkeit
noch mit einer starken Asphaltschicht abdeckt (ein Holz-
zementdach mit imprägnierter Dachpappe darüber dürfte
nur in untergeordneten Fällen genügen). Auf diesen kon-
struktiven Bestandteil wird nun eine Kieslage geschüttet
(zur Versickerung des Wassers) und nun erst nach
Abgrenzung der Wege nahrhafte Humus- und Kom-
posterdewon beliebiger Dicke aufzubringen sein. Der
Pflanzenwuchs und Fruchtertrag ist anerkanntermaßen
genau so gut wie bei Gärten zu ebener Erde, wenn
nicht ein besserer. — Und welche Freude für die Haus-
frau etc., die nun ihre eigenen Küchenvorräte zum Teil da
oben züchten kann — von der Sellerie und Bohne bis zur
Himbeere und Weintraube an hohem Spalier. Bis zur
Taube. Ja, eine Taubenzucht richtete sich ein Mieter
da auf seinem Dachgarten in Charlottenburg ein.
 
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