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Die Gartenkunst — 15.1913

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Nr. 23
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Hoemann, Reinhold: Le Nôtre und seine Schöpfung in Vaux
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https://doi.org/10.11588/diglit.28103#0357

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350

DIE GARTENKUNST.

XV, 23

möchte den Künstler heute dadurch ehren und seine Be-
deutung allen Gartenfreunden dadurch vor Augen führen,
daß ich eines seiner gelungensten Werke, und es ist
bezeichnenderweise sein Erstlingswerk, hier in Bild
und Wort zeige, wenngleich ich mir wohl bewußt
bin, daß diese etwas trockenen Schnitte und die un-
vollkommenen Photographien nur mangelhaft eine Vor-
stellung von der Schönheit des Gartenkunstwerkes in
Vaux geben.

Das Herrenhaus von Vaux oder Vaux le Vicomte,
wie es heute meist bezeichnet wird, wurde errichtet
durch den,, unter Ludwig dem XIV. mächtigen und

kunstverständigen Finanzminister Fouquet (1653). Bei
der Einweihung des Schlosses und seiner Gärten erregten
gerade die letzteren den Neid des königlichen Herrn.
Hier erkannte dieser königliche Herr in dem vollen-
deten Werk den großen Meister und er säumte nicht,
diesen Meister sofort für sich in Anspruch zu nehmen.
So kam le Nötre zu Ludwig XIV., dessen Gunst und
Vertrauen er dann stets besaß.

Die Teilnehmer an der Frankreichreise der d. G.
f. G. erinnern sich ja alle des schönen Tages, an
welchem wir Vaux le Vicomte besichtigten. Der Tag
war nach allgemeinem Urteil der Glanzpunkt unserer
Reise. Hier sahen wir eine Anlage in der Auffassung
von Versailles, nicht so groß das Schloß, auch nicht
so groß die Gartenanlagen, aber in bezug auf Eben-
maß und Schönheit waren wir alle geneigt, der Anlage
von Vaux den Preis zu erkennen. Dazu trug aller-
dings wesentlich bei die musterhafte Unterhaltung, in
welcher sich die Anlagen von Vaux dem Beschauer

darboten. Der jetzige Besitzer, Monsieur Somnier,
welcher uns in der gastlichsten und liebenswürdigsten
Weise aufnahm, uns Schloß und Gärten persönlich
zeigte, läßt der Unterhaltung der Gärten alle nur mög-
liche Sorgfalt angedeihen; man erzählt, daß mehrere
hunderttausend Franken jährlich zur Unterhaltung dieses
köstlichen Gartenschatzes aufgewendet werden und
man muß mit Dank nud Hochachtung anerkennen,
daß es auch heute noch Männer gibt, die dafür sorgen,
daß ein so edles Gartenkunstwerk, wie die Gärten von
Vaux es sind, in würdiger Weise unterhalten wird.

Wir fuhren durch ein hohes Lanzengitter (Abb. 1),
welches zwischen mächtige, doppel-
seitige Hermen eingebaut ist, in die
Vorhöfe. Der letzte derselben ist mit
Gräben, die beiderseitig von Ballu-
straden umsäumt sind, umschlossen
(Abb. 2).

Die Höfe selbst sind wieder räum-
lich umschlossen von Wirtschafts-
Gebäuden, deren Architektur vorzüg-
lich mit der des Schlosses harmoniert.
Hervorragend schön ist der Blick von
der Freitreppe des Schlosses zurück
über die Vorhöfe nach der Einfahrt.
Prächtig heben sich die mächtigen
Hermen aus hellem Kalkstein von
den dunklen Laubmassen des dahinter-
liegenden Waldes ab, während die
dünnen Eisenlanzen zwischen den
Hermen bei der großen Entfernung
dem Auge völlig unsichtbar werden.

Im letzten Vorhofe liegen seitlich
der breiten Zugangsflächen, etwas er-
höht vor den den Graben umschließen-
den Bailustraden zwei kleine Garten-
teile, die als parterre de broderies
behandelt sind. Sauber lagen die gut-
geformten Buxusarabesken in dem
roten und weißen Kies und zeigten, daß diese Gartenform,
welche gleich schönen Teppichen wirkt, an der richtigen
Stelle durchaus berechtigt ist und nicht die Mißachtung
verdient, die man ihr bei uns fast überall entgegenbringt.

Geht man nun in das prächtige Schloß, dessen
Schönheiten zu beschreiben ich mir hier versagen muß,
und tritt dann auf der Gartenseite wieder heraus auf
die breite Freitreppe, welche in den eigentlichen Park
führt, so ist man erstaunt über die Gartenpracht,
welche sich dem Auge bietet. Umrahmt von hohem
Laubwald liegt vor uns der prächtige Garten, dessen
Einteilung nach dem beiliegenden Lageplan*) beurteilt
werden kann. Es ist höchst interessant und lehrreich,
die Wirkung der Gartenanlagen in ihrem heutigen

*) Die Abbildungen wurden nach alten Stichen hergestellt,
welche mir Herr Professor Dr. Jessen aus der Bibliothek des
Kgl. Gewerbemuseums in liebenswürdiger Weise zur Verfügung
stellte. Die Bibliothek enthält auch reichliche Literatur über
Vaux, so daß Interessenten hier alle Auskünfte erhalten können.
 
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