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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar 1905 - 28.Februar 1905)
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Samstag, 25. Februar 1W5

47. Jahrgang. — Rr. 48.

Grvrs Blatt.



«rscheint täglich, Sonntags ausgenommen. PreiS mit Familienblättern monatlich V0 Pfg. in's HauS gebvacht, b«i der «xpedition unb den Lweigstationen abgeho» 40 Pfg.

Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. auSschlietzlich ZustellgeLLHr.

«nzeigenpreis: 20 Psg. für di« Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige GeschäftS. u. Pi ivatangeigen «rmätzigt. — Für die «ufnahme von Anzetge»
an bestimmten Tagen wird kcine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den städt. Anfchlagstellen. Fernspr. SS.


Deutscher Reichstag.

B e r l i n, 24. Febr.

Das Haus ist schwael) besetzt.
n .Di« Beratung -cs Postetats wivd fortgeseht. Bei Titel Un--
"^fftützungszulagcn hal die Kommiffion 200 000 Ml. abgesetzt.

Staatsfekretär Kraetkc erbittet völligc Bewilligung. Jn
^!^r so grotzen Verwaltung mützten die nütigen Mittel zur
Mteleistuwg in driugewdcn Fällen vorhanden scin. Es handolt
hier nicht um die Ostmarkenzulage, dic das Haus früher ab-
^chnt habc. Fälle Vvn Unterstützuutzsbedürftigkeit kämen aller-
.ivgs M östlichen Provingen inehr vor als in den west-
''chen.

Der KonmnissionAbefchlutz wird schlietzlich in der Llbstim-
'üny amh ausrecht erhalten.

^ Die poii der Kommisfion beantragtc Resolutiou betreffend
stvesterw Bcnutzunig der Fernsp-recheinrichtungen unter oen
^vzelnen Fernsprcchnetzen wird angenoiirmen.

» Der KommissionHbeschliuh, deu Einnahmenvoranschlag der
„ist, Telcgraphenverwaltu'nig um 10 Millionen Mark zu
?höhe„, wird trotz der Einwendungen -der Staatssekretärc
'^hrn. ». Stengel und Kraetkc aufrecht erhatteu.
j-, Die Pofition um baldigc Neurcgelung der Bestim-mungen
Vie Anrechnung der MUitärdienstzert aus das Zivildienst-
'chr mird -der Rogiorung zur Berücksichti-gunig überwiesen.

^ Nach Erlodiguirg des Postetats wird der Etat der Reichs-
^ückerei nach kurzer Debatte erledigt.

«s fistgt Lcr Etat der Reichseiseubähnverwaltung.
a. ,^6- Schlumberger (natl.) bespricht die rcichÄändischen
-sLhribahnverhältniffe. Unibedingt nvtwendig sür die Er-
'^stietzurrg des Reichslandcs seien 800 Kilometer ne uc
n ' 1 eubahnen. Die Eisenbahirpolitik Prcu-tzens auf Slsah-
^chriri-gen auszudohnen, wäre durchaus verfehlt. Vor allem
^tzten dre Avbeitevlöhne aufgcbessert wcrden.

Erzbcrger (Ztr.) begrüudet die Resolution, wonach
Personal der RcichSeisen'bahnen Gelegenheit zum regel-
uiigen Besuch des Gottesdieiistcs gegoben werden soll.
«z.Pintfter v. Budde: Er 'haibc gegon- die Anträgc grun-d-
i ^iich nichts einzuwen-den. Allc rn Prcuhcn bcwährten Wohl-
i»hrLsmatzuahmcn übeirnchine e-i auf dre Reichsei-seubahn. Die
^iol-urioii Erz-berger bitte er abzulehnen. Wrr sind bestrestt,
^ Asatz--Lothringen -das rolleude Materral, -bcsonlders -die Loko-
, '«ivcn zu vermehrcn urrd auch daS Eiseubahuneh engmaschiger
'gfSestalten. Die vicrtcK1 assc rst -bisher nur fiir Durch-
^rv-gsAÜgc cingeführt Und zwar mit bestem -Erfolg. Datz -dre
Kiasse ein sehr gu-tes Befövdoruugsmrttel ist, zeigt die
-fi^chrschc Statistik. Die Vicrtv Klaffc rst hier auch ein Mittcl
Durchsührung dor Peirsoneutarifresorm. Die Bevölkerung
^Heffen uiud im Rcrchsilaude hat sich gut an sic gewöhnt. Jch
^j<- 4 Klasse, wcnn wtr zur Betriebsmittelgemeinschast
Personcntarisreforni kom-meu, in anderen Staateu ei-uzu-


>re„ fucheu, (Beifäll.)

Abg. v. Gcrlach (frei-s. Ver.) uud Ledebour (Sog.)
^Nen die oierte Klaffe meuschemnuwürdr-g.

"Abg. Jtsche-rt (Ztr.) einpsiehlt ih-re allgeirreine Einlfüh-

^g.

Die Resolution Grzbcrger wivd angcnommcu.

.„.»Der Etat der Verwaltiing der Rerchseisenbahnen wivd ge-

°M,rgt.

iAiovgcn Vlarineetat.

Deutsches Reich.

Preußen.

. Trier, 24. Febr. Der „Drierschen Lan-deszeitung"
wurden die Ifiederlassungeu der „W eißen
^ ter" zu emer deutschen Ordensprovinz
?^uigt. Provinzialsitz ist Trier. Die Provinz umfatzt
diNttsche und drei ostafrikanische Niederlassungen mit
^ Stationen und 117 Missionaren.

ALS SLüdt UNÄ La.rrd.

Hcidelberg, 25. Fcbrwir.

I I Hol,c Meffe wicdcrholt! Vevgaugcnen Montag brachte
un-s der Bachivercin cinc glänzend« Aufführuug der H--moll-
Messe. Dic auswärtige Kritik hatsie als „ein „musikalischeZ
Ereign-is Süddeutfchlands" gcfeicrt, und aus Heidelberger
Kreisen wur-dc allscitig der Wunsch nach einer Wicderholung
dieses gewaltigsten Werkes üeuts-cher Kircheumusik laut. Der
Vorstaud dcs Vereius hatte sich bereits entschlosscil-, diesem
Wunfche zu entsprecheu, als ciu plötzlicher Tvauersall alles :n
Frage stellte. Es wäre dies ein Verzicht auf unabsehbare
Zeit gewesen, denn ein Weri wie dieses neu einzustudieren,
kostct Arbcit uud Ausdauer. Eben nun crfahren wir, daß
die Messe dennoch wiederholt wird, morgen, Sonntag Nach-
mittag, 3 tlhr, unter Miüvirkung erster Solisten. Schon hier
wollen -wir dcm Bachvcreiu daukeu, datz er, -wie so oft, sein Gv-
schäftsinteresse den idealeu Zweckeu- der Kuust opfert, uud uu-
beden-klich cin -grotzes pekuuiäres Risrko übernim-iut. Wir hof-
fen aber auch aus Juteresse und Uutcrstützung des PuUrkWns.
— Die Sopraupartie hat Frl. Jv-Hanna Dietz, Kainmersäugerin
aus Franksurt, übernommen, den Alt die hier rühiulichst bc-
kannte Frl. Agnes Leydhecker-Berlin.

(I) Zur Aufklärung! Aus Grund einer Nachricht aus
Dlauuheim wuvdc kürzlich die Notrz ge-bracht, datz Lei Bov-
gängeu, die fich iir einern Mannheimer Bordcll abgespielt
haiben, ein als „schöner Oskar" bezcichneter Herdelberger Lebe-
mmm bcteiligt gewesen sei. Ern- hier lebeuder Prrvatier,
früherer Jnhaber eines Geschästes, deffeiu Vorrrame ruit dem
angcgebencn übcrernstimnit, hat, von einer Reise hierher zu-
rückgekehrt, in Ersahruug gebracht, datz vou zaihlrerchrn Per-
soircn dic Behauptuug verbreitet worden ist, er sei jene bcr
-der Maunheimer Affäre koinpromittierte Pcrsönlichkeit. Der
auf diese Weise Verdächtigtc stellt zur Zeit die notweudigen
Nachsorschungen an, uin die Perbrciter dieses Gerüchbc's zu
crmittcln uud zu belauigen.

X Jn der sreireligiösen Gemcinde fiudet morgeu Sountag
Nachmittag 6 Ubr im Prüfungssaa-le ües Schuilhairses in Ler
Plöck wicder Vortrag statt. Herr Prediger Schneider wird über
dos Thenra sprechcu: „Die Wohnungsnot Gdttes". De.r Zu-
tritt rst für: jcdermann frei.

X Kaiser-Panorarna. Des starken Andranges wegen firrd
auch noch morgen, Somitatz, die prächtrgen Aufichten von -der
italienrschcn Riviera irusgeftellt. Von Dioutag ab gelaugeu
hochintereffau-te Aufnahuren von Petersburg zur Vorführuug.

Aus dcr sozialdcneokratischen Partei. Nach dem Bericht der
„VMsstimnre" irahm irr einev Parteiversamnrilung anr 20. d.
eirie längere Zeit die Frage der Taktik in Anfpruch. Mau
wics namentlich darauf hin, datz der rn der Taktrkresolutiou
gvbrauchte Ausdruck „praktische Politrk" sehr dehnbar sei. Die
Mehrzah-l der Diskuffionsredner stellte sich auf den Stand-
pu-ukt, datz bei Stichwähleu die best« Parole „Gewehr ^bei
FuHI" 'sei. — Eiu Antrag eines Pavtergenossen, denr hiesrgeri
Stadtrat den Antrag zu untepbveiteu-, für die uotleideuden
Bergarbciter im Ruhrrevier ebenfall-A Wie andere
Städte ernen entsprechcnden Betrag zu bewillrgcn, fan-d eru-
stimmige. Annahmc.

Mannhcim, 24. Fcbr. (Dic Direktion der Juge-
nicurschule) wies zwcr rrrffische Studierenüe aus, werl sie
sich als Veranstalter -der kürzlich abgehaltenen Wohltätigkcits-
vorftcllung zu Guirsten der Petersburgcr Opfcr lvergcrten, dcn
Erlös an das russische Konsulat äbzuführem Die
Direktiou hätte beffer getau, sich in die Sache ni-cht eiuzumrschen.
Säintlichc Studierendc vuffischer Nationalität erklärten fich
inrt dcn Relegrcrten solrdarisch urrd Leschloffen, teilS jetzt, terlS
nach Bcendigung des Semesters die Schule zu vcrlassen.

Offenburg, 23. Febr. Der 34. Weinmarkt Ler Stadt
O-ffcuburg findet diefes Jalhr am Dieustag, 14. März, vormilb-
tags 10—12sh Uhr in -dcm Saale!des Hasthau-ses zu deu,chrei
Köni-gcu" hier statt.

Ettenhcim, 23. Febr. (Die Umlage) für Liescs Jahr
bcträgt wie 1904 51 Psg.

Thester-- m?d KunftnKchrichten-

- " Heidelberg, 25. Febr. (S t a d t t h e a re r.) Mvvger»
-Sountag gelangt im Staüttheater neu crustudiert dic komische

Oper „Zar und Zr-iuirreriuaun" vou Lor-tzirrg- zur Aufführung
Die tzauptpartien Les beliebtcn unL melodi'ösen Werkes werden
gesungeu vou dcn Damen Sartr, Alseu und deu .Herrerr Rob.
Bcckcr, Haud, Gottfried, Lange, Lavaud, -Stauffert nud
Schnridt. Die Vorftellung findet auher Abomreinent statt.

ll Hcidelbcrg, 25. Febr. (S t a d tt h e ate r.) Nächsteu
Moutag gcht ini Stadttheater wiederholt die rerzcnde Lusffpiel-
novität „Die grotze Leidenschaft" von Raoul Aucruhcrmer, derru
Erstaufführung bekanntlich mit grohem Bcifall aufgenommen
wurde, in Szene. Dienstag gelaugt neu ciuftudiert die Oper
„Der Troubadour" vou I. Verdi zur Aufführuirg uud werden
die Hau-ptpartien gesungen von den Dameu Mfen, Wrsmanu
unb den Herreir Lange, Lavaud, Maurel und Stauffert. Die
Vorftelluug fiudct auher Abvirirement statt.

Der Durchschlaq des Simplon-Tunnels»

'G o n d o, 24. Februar. Der T-urchschlag - dss
S i m p I o n - T u n n e l s erfolgte h-eute srüh mn 7 Uhr
20 Mimiten.

Gondo (Wallis), 24. Februar. Die Verbind-unZ
zwischen der nördlichen und siidlichen Hälfte des Siinpion-
Tunnels wurde heute früh durch einen Sprengschutz
herg-estellt. Me obere Wölbung der Südgalerie zeigt
oine klaffende Oeffnung, die mit der Sohle der Nord-
galerie t'orrespon-diert. Das Wasser, dessen Druck vor.-
her durch Pumpen auf der Nor-dseite gomäßigt wordelr
w-ar, entleerte sich ra-fch nach de-r Südseite, cchne Schaden
anzurichten. Nach 1 Stunde war der normale Betriwr
hergestellt. Die Rlchtun-g, sowie der VortriÄ» weicht nlcht
wa'hrneh-mbür von den vorherigen Berechnungen cch. Fn
dem Tunnel herrfcht erne erdrückende Hihe.

Jm November 1898 wurden in Jselle und in Brieg
gleichtzeitig die ersten- Spatenftiche fiir den Durchbruch
des Siniplontu-n'nels' getan, der mit seiner Länge voir
19 779 Metern ein grandioses Werk ist. Wohk
sollte er schon im vorigen Jahre fertig sein, allein stö-
rend-e Ouellenausbrüche hinderten ein so früihzeitigeZ
Fertigstellen. Jmmerhin ffi die Bauzeit eine schr kurz?.
wenn man bedenkt, d-atz für den viel kürzeren Mont Cenis-
Tunncl 13 Jahre gebraucht wurden. Den Simplom-
tunnel darf man ails ein Wcrk deutschen Geistes und
dentscher Unterneh-miun-gslust bezeichnen, denn mit UuZ-
imhme der Schweizer Locher und Sulzer, die deni V-olks-
tnm nach übrigens auch zu den Deutschen gezählt werden
dürfen, sind die leitendcn Männer des UnternehmenS
Dentsche.

Der schweizerische B n n d e s p r ä s i d e n r
san-dte an> Len K önig von ItaIien ein Telegramm,
in dem er sagt: „UÄerzeugt davon, datz Enre Maijestät
die grotze Genugtuung- mitenipffndet, mit der dies frohe
Ereignis den schweiz,erischen Bnndesrat erfüllt, entbietet

Dialekt- und Volksliederabend.

/X Heidekberg, Lcrr 25. Februar.
tvar crn glücklichrr Stetxrirke voir -den drcr eirrairder irahe-
tchbdan Vercrncir, Lenr Sprachverein, dein Verein sür Volks-
städ -dem OdenwaldNub, gcmeinsam einen Diälekt- n-nü
wswlredera-ben'd zu -veremstalten. Das Jnte

Kä-t

^i^chs wcitans die Erwartungen der Veranstalter r
, ,, stch der rin-trre Saal des Hotel Tan-nhäufer äls vicl

'Fntereffe des Publikuins
und so er-

^ kh,

i>i^.wm, rrm- dieserrrgcir, dic gckommen warcn, zu fvsscir. Viele
" nmkchren, arrdere fich mit cinem Stehplach in drawg-
Enge bcgn-ügen.

Lorcnyen, der Vorstand des Odcnwakdklubs, bc--
dj<- VcrsamnAung urrd dankke für das fre-ud-ige Errt-
ih^Pomnrer/ LaS dic Vcranstal'turrg trotz Faftnacht, Konzcrte-n
-^tzrgcn Anläffcn gesunden. Er wies darauf hin, datz
^hterlandÄiebe stch auf cchter HeimaMe'be aufbaut und
die Bcstrebuiigcn -des Sprach-vcreins, der wcitherzig
h^^^'fficbtig genug sci, anhcr dcr Rcinheit der Schrrfffprache
b>r v " ^'ollkt zu pflegen; des Odenwaldklubs, dcr den Sinn
t»eß Naturschöiiheiten'der Heimat fördcrc und insbefondere
rür Bolkskiikde, -der in Las Lebcn, die Sitten, die
da^fff^dungsweisc und die Gebräuche des Volkcs einführc nnd
' erft das vollc Verständnis de-r Hcimat crschlietze.
^orr,r^ramr,ngenrätz solltc dann zunäckfft Prof. Kahlc seincn
z>l i^bcr daS VolkslieL hältrn. um- aber üic Knaden- nicht
ig B ^nge stehen zu laffen. kamen zucrst -dic Chüre
r > Neihe. Uutcr üer Leitung des Herrn Hairptlchrcr Reu -
lich Nealschülerrr bestechnrder Chor a-utzerordcnt

.rcin vicr Lieder vor: 1. Bcrgleute zn Haui
^di-i ^ reisen- wir zrrm Dor hinaus (zuerft

itst ffst, Mainz 1776); 3. Redlich fft dcr deutsche Mann, der
nreiheck streitan kawn (aus -dcn 1870/71er Krreg bezüglich,

rrnd zrierst aufgeschrieben- in Grotz-Bieberau, ernr Umformung
eincr früheren Fassurrg-, dcnn im 'Dksätz sang man es fchon in
fvanzosffcher Aeit in- französisch - patriotischer Form; 4. ein
Tanzlied: Als rch in dcn Wald eintrat, da frng der Wind zu
säusen an. Mit Eifer und grohem Ernst sangen die Knäb.m
dic Lieder, deren Texte dem krndlichen Leben. nvch fern liegcn.
DieS, rin- Verein mit den- frrschcn, hübscheir Sffmimen und der
Reinheit des VortragS, wirkte autzerordentlich reizvoll, sodah
die Versamrn-lung den lebhaftesten- Bersall spcndete.

Jm Anschlutz air die Chöre sprach dann Prof. K ahle über
das dcutsche VolkMed, das 'zu pflegen Heidel-berg erir besonderes
Recht und emre besmrdere Pfticht hat, ist doch hier des Knäben
Wun-devhorn von Achiru von Arn-im nnd Wrentarrv zusammcn-
gcstellt worde-n. Wen-n- auch des Kiraben Wunderhorn nrcht so
ins Volk gedrungcn- rst, wie marr hättc erwarten sollen-, so hat es
doch deir Anstotz zn weiteren Sammluirgen gegeben und gegen-
wärffg ist der dcuffche Bcstffstand an VoWIiedern nahezu voll-
ständig festgestcllt. Dic 'Mcinung, däh das gpnze VoK, odcr
wic marr sagt, -der Volksgeist, diese Lieder in der Weise ge-
schäffcn häben, dah Jndividuen nicht dähirrtcr stehen, ist rrrtüm-
lich. Jcdes geht auf einen- Verfasser zrirück, weirn dreser anch
rricht Lekannt rst und wenn crn anderer Unbekan-nter oüer ein
Dritter es au-ch erweitcrt üder verändert haben- rrrag. Auch bci
Kunstgedichtcn,. dic zu Vvlksliedern- gcworden- stn-d, kerrnt das
Bälk den Berfwiser nicht; es stellt sich überhaupt d-em Volks-ffed
scihr selbstherrlich- gcgenüber, modeÜ daran nach seinen- Bedüri-
ri'iffcn, stutzr cs aus rrcue Erlebniffe zu usw. Jm- allgerneincn
karrn man 'hi-itorischc, Liebes- u-rd GesclligLLivslivder unterschii-
deir. Dkeistens arbeiten sre mrt stehenden Formeln. Dre Volks-
liedcr, -i'e heute noch gesungen werden, reicherr in ihrer jetzigen
Fäffung der Maffe nach nicht über das 16. Jahrhnndert hi-naus.
Die Beispiele, -die Redenr an-führtc, wa-reu üer - Odenwälde.r
Sprnnstube des Lähre-rs Krapp tn- Da-rrnstadt cntirommen, der

Die heutige NKMML« «Mfaßt vier Vlötter. z«saMmev 18

sie in der Zeit seit 1887 gcisam-mclt hat un-d viellcicht ernmal
persönlich 'hier berichten wird, we er sie znsa.iir-mcn brachte.
Fraucn und Mädcben crwiesen sich ihm- als 'die Hüter rrnd Auf-
bc-wahrer des Vollsliedes während dre ju-ngen Männer a-n-gx-
fangen- häben, Gassenhauer zu sin-gen, die zum- Glück bald
immer wicder verschwinden. Einen grotzen Fcin-d habcn die
Bolksliedcr an- der fälschcir Vornehmhcit; au-ch die Gesang--
vereine auf Lenr Landc effverscn sich ihncn leidcr äls schädlich.
DaL ältestc Licd in üer Spin-nstube: „Es woll-t' ei-n Mädchen
in der Früh auSgeh'n", ift ini Jahre 1531 anfgczcichiret woridev.
Fn iillereffarrter Weise. wies der Redner da-rauf hin-, wre man-
cheS'Volkslied einc Wen'dung, enthält, dic wir heute nichlt rmchr
recht vcrstehcn; da hat es alte Bräuche konferviert, vielfach a-lve
Rechtsbräuche, z. B. die a-lte Verlobungssormel: „Du bist mein,
ich 'bin Teiir"; ferner Erinneruirgen an den- s-ogcn. Weinkauf
usw. Rcdirer schlietzt stiire kulturhistorische Betrachtung mÄ
einem Mick auss Jenseits, auf den Rosengarten, in deir daS
Btüllerskind inr VolkÄied nach seinem' Tode gebracht Iverden
will. Wer r:i Lcn Rosengarten- deS deutschen- Volkslieds eintritt,
wird dofft inanchc Rose brechen konneir.

Nun folgtcn vier Volkslieder, Lie Her-r Hauptlehrer Zäh-
ringer, aus deni Klavier von Herrn Deinhar-dt de-
glertet, mit warmem Empsindcn und sffmmlich ausgczeichiret
zur ällgenreinen Frr-ude vortrug: l. „Jch 'häb' die ganze Nachi
geträumt" (aus dcr tzveiten Hälfte dcs 18. Jahrhun-derks);
2. „Linüenlaub" (znerst gcdruckt 1549); 3. „DaS Gätzli, daS ich
M-ggingen bin" rrnd 4. „Die Roman-ze von den drei Scknei-dern".
Lebhafter Da-rrk der Versamnrlung lohille ihn fü-r -die hübsche
(stävc.

Rach einer turzen Panse kam- dann -der Dtalektteil deS Prv-
gvain-ms arr 'dre Rerbe. Einr Darleguny deS Herrn Prof. Süt -
terlin-, der verschie'dcrre Leutsche Di-aleite mersterlich be -
'herrscht, bot -vie'lsachc Anregung, Mit der Fackel -ües Spr»ch-

Seite«.
 
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