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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1905 - 31. März 1905)
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Erttes Blatt,

47. Zahrgana. —- Nr. 74,

^Dienstag, 28. März 1905.

drscheint täglich, SonntagS ausgenommen. PreiS mit Familienlblättern monatlich 50 Pfg. in'ö Hmis gebracht, bet der Expeditton und Len Zweigstationen abgeholt <0

Durch lne Poft bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschlietzlich ZustellgeLühr.

^nze igenprei s: 20 Pfg. für die Ifpaltige Petitzeile oder Leren Raum. Rellamezeile 40 Pfg. Für hiesige GeschäftS. u. Privatanzeigen «rmätzigt. — Für di« Aufnahme von «nzeig«,
nnbestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Hetdelberger Zeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 3».

Deutscher Neichstag.

B L r l i n, 27. März.
Haus ist sch'wach befucht.
s° Tagesordnung steht die 'Aortsetzung der zwei>

^ d^^atung des M'ilitäretats.

Ten V Aubeil (Soz.) kriti'sicrt dic technischen Einrichtun-
i' ^pandaucr Gewchrfabrik. Die cinseitige militärische
ez ,Eung sei für ein solches Unternehmen nicht rationell,
stjiÖ?.men Technikcr an die Spitze gestellt wcrden. 'Redner
Einsührung des Achtstundentages' in allen Werk-
und Bctrieben der Milttärvevwaltun-g ein und unter-
E Lohn'verhältnisse der Spandauer isewehrfabrik und
q^dandlung der Arbeitcr einer absprechendcn Kritik.

Bccker-Köln (Ztr.) bezweifelt, datz es im Zu-
stst' 'Uuat unter dcr Lcitung des Vorrcdncrs in Spandau bcl-
BUsiehen wird.

^rw s( ^ucas (natl.) bedauert die Haltung dcr Militär-
t?x uitung gcgcnüber dxn berechtigtcn Forderun-gen dcr Arbei-

^^^ucralmajor Sixt v. Armin crwidert, die Anregun-
stUbeils würden geprüft, er glaubc äber, datz dabei weuig
ustommen werde.

oz (!*uchsschatzsekretär Frhr. b. Stengel crklärt, die Fraze,
^Ute^i- llewerblichen Betriebc des Reiches der Kommunalsteuer

z^^gen, wer-de noch geprüft.

c ^ des Ordinariums wird debattelos nach ldem Antrag
--udgettomnrission crledigt. Es folgt das Extraordinarium.
Älzh ^llsministcr v. Einem erklärt auf eine Anfrage Les
<llz'/^irombeck, das Eichsfeld 'bei Heiligenstadt hat sich nicht
stm urauchbar erwiesen sür cincn Truppcnübungsplatz. Der
Uiia-i"?^^agene Platz soll demriächst auf scine Brauchlbarkeit
°Z)-hen werden.

Lche Reihe Titel wird genehmigt.

i ^ubewaffnung hat die Kommission 4 Millionen Mark
q, ui Cxtraordinarium ins Ordinarium übertragen.

Borschlag des Abg. Groeber (Ztr.) wird über die
A? Er grunüsätzlichen Umstallung später bcraten.

Tix„,ch- ^ickhof (freis. Vp.) betont, die Monopolisierung der
Krupp hat dahin geführt, daß dem Reiche -grotzc Öpfer
wurden. Krupp hat sich sür Panzerplatten vom
Ahcre Preise bezahlcn lassen, als er von Amerika> er-
dvxs ,..^-ie Rheinische Metall- und Maschinenfäbrik in Düssel-
ri^^^unnc mit Krupp ibezüglich der Leistungsfähigkeit tonkur-
«!z u> sie fe, von Beumcr mit Unrecht angegriffen worden,
^ ihr Unlauterkeit vorwarf. Die persönlichcn Angriffe
Ehrhart scicn durchaus nicht gerechtfertigt.
riv'q^ösministcr v. Einem: Krupp habe in keiner Weise
^onopol.

^hrb Bcumer (natl.) hat von seinen Angriffen auf

HviM " zurückzunehmen, der sich von Angestellten Krupp-
fex^uuuktioncn, dic vertragsmätzig diesenr gchörten, habe lie-
wsten und dies vor Gericht cidlich habe zugeben mussen.
hast^ auch -bezüglich dcr Preise für Schrapnells vor 2
die Budgetkoinmission getäuscht. Krupp habe auch
^irinv - Panzcrplatten nicht billiger gcliesert, wie schon
AL ^stMstcllt 'habe.

IilOw- Crzbergcr (Z-tr.) wünscht nicht die Monopolstel-
^ Öucr Fabrik.

häti wgsminister v. Eincm: Die Probegeschütze Ehrharts
till^^st st'st nicht bewährt.- Allerdings seien die Preise für Ar-
.^ür ^uaterial durch Ehrharts 'Eintreten heruntcrgegangcn.
Mz,;, ächützrohre habe Krupp eine Art Monopol, weil keine
jeiu Material crreicht habe.

Abg/

.!upp

Singer (Soz.): Es sei also doch Tatsache, datz

^lne Art Monopol in Anspruch nehmen konnte, worin
s?j B^ch den Einspruch des Reichstages Wandel eingetreten
vlz ^'lne Partei habe an der -Frage nur insoweit Jnteresse,
L - Reichssinanzen- in Bctracht kommcn.
llig^',, U'gsminister v. Einem: Krupp habe wiederholt aus
e'u'tutricbc die Prcisc heräbgesetzt, wenn sic sich nach sci-
ulkulation billigcr stcllten.

StadLtheater.

, /X Heidelberg, den 28, März.

Erziehung zurEH c". Komödic in drci Akten
Erich Hartlcbcn.

sind cine anständige Familie und gehören zu dem
^Usstu - ^reis, dcn man die gute Gesellschaft nennt; wir
X.Userc ^ststulten, was wir vor üen andercn voraus haben und
^rbensführung Hxinach einrichtem" So ungefähr spricht
tze Sachsen zu dem> Ne-ffcn in Berlin, dem Studen-


plsstv ^lwnn Günther, der stch mit einer Buchhaltcrin einge-
ösei> - ln Gefahr stand, das Verhältnis ernst aufzu-
^litzch. Hue Gefahr, die übrigcns durch das Eingreifen der
'NVN ziemlich überwunden war.

?Uliii uicht gemekkc anon-yme Bricfe des Kommis Busch-
i W Berhältnis verraten hätten, so würde es vielleicht
uuate oder eiuige Jähre -gedauert haben, denn das
-r ÖB'w ras-sige Mädchen war bis dahin brav gewesen. Und
vb schliehlich nicht wirtlich eine Heirat den Bund
t?Ul>t , stuttc. So aber nahm der Traum ein jähes Ende, und
Mei>» Aul für Meta Hübcke das Erwachcn zu einer „prakti-
stb iu, q, - und Moralaufsassung. Sie gcnotz fortan ihr Le-
Ac Zt, ^rein mit dem reichen Herrn von 'Bohling, während
Dto dank einer Erhöhung seines Taschengeldes auf
.die Rolle >des rcichen Freundes bci dem Zimmer-
^losi ^'lner Mutter spielte, das den Dienst plützlich hatte
^.wnssen, weil die Mutter das Haus „reinhalten"
„i.^öen eine solche Liaison hattc der anständige Onkel

Brmp^^udcn, wie er auch damit cinverstanden 'war, datz
^Odeuw^uug eines unbemittelten und wcnig aussichtSvsllcn
L's >di,- noch dazu „verrückte Jdcen" zum Besten gab,

sciner Nichte kurzweg abgeschnittcn wurde. Zum

sie ^ell^, ^st' beschränkte aber wohlhabcnde Kaufmannstoch-

^ ni^...stu.und wäbrend c'

UlMlnt

während sie symbolisch von den Räumen Be-
ü> denen sie dereinft als Haussran walten wird,

Abg. Dr. Eickhosf (freis. Vp.) bedaucrt, datz Dr. Bcu-
mer seine persönlichen Angriffc gegen Ehrhart nicht zurückge-
nommcn habe.

Abg. Dr. Beumer (natl.): Man solle doch von ihm nicht
verlangeu, etwas zu tun, was er als Ehrenmann nicht aus-
führcn könne.

Der Rest dcs Etats der H e c r c s v e r w a l t u n g wird
gcnehmigt. Der Etat für die Expedition nach Ostasicn
wird ohne Debatte bewilligt.

Es folgen Abstimmungcn übcr die zurückgestellten Rcsolutio-
ncn zuni Reichsamt des Jnnern u. a. m.

Schlietzlich wird um 8.45 Uhr die Weitcrberatung auf mor-
gen 11 Uhr vcrtagt. __

Derttfches NeiK.

Baden.

— 'Der „ReichsanZLiger" veröffentlicht eine Bekannt-
machung, wonach der Großherzog voir Baden den Präsi-
denten des bndifchen' Staatsministerlnms Freiherrn von
D u s ch- zum Bundesratsbevollmächtigten errranute.

KarIsruhe, 27. März. Der große L audes -
ausschuß der natronalliberalen Partei
tritl in der ersten Hälste des Monats Mai in
Offenburg zusammeir. Ein genauer Termirr ist noch
riicht. festgesetzt; es können aber nrir dre Sonntage am
7. oder 14. Mai in Jrnge kommen; ein fruherer Ter-
ruin erschien untunlich wegen der österlichen Zeit, in der
viele den Familienpflrchten sich nicht entziehen könireri.

— Für den Kreis B r u ch s a l- Stadt ist als Kairdi-
dat der sozialdemokratischen Partei Redakteur WiIli
'vom Karlsruher „Bolksfrcun-d" aufgcstellt worden. Das
Stärkeverhältnis der Parteieu war im Kreis bei den tetz-
ten Reichstags'wahlen dieses: 1011 Zeutrum, 850 na-
tionalliberal, 493 sozialdemokratisch, 225 demokratrsch,
das Mairdat besand stch« während der letzten Session in
den Händen der Demokraten, die es der klerikalen Hilfe
verdankten.

Sch >wetzinge n, 26. März. Eine sehr zählreich
Lesuchte liberale Versnmmlung erklärte stch mit der
Kandidatur des freistmrigen Abgeordneten Ihrig ein-
verstanden.

Bayern.

— Die neullche Mnnchener Nachricht über die Feue r-
bestattung des Generals Xylander entstammte
'der „F r a n k s u r t >e >r Zeitung" und war aus Ver-
sehen unter unsere Telegrcmrme geraten.

Avs der Karlsruher Zeitung.

— Rcgicrungsbaumcister Karl K i t i ra t s ch k y in Heidcl-
berg ist der Oberdircktion des Wässer- und Stratzenbaues als
Hilfsarbeiter zugetcilt worden.

— Gewerbelchrer Ferdinand Huber an der Gewerbeschule
in Pforzheim wurde an jene !n Karlsruhe und Golverbelehrec
Stcfan Kölblc an dcr Gcwerbeschule in Bühl an jene in
Freiburg versetzt.

Auslaud.

Jtalren.

R o m, 27. März. 'Der P a p st hielt heute Vormit-
tag ini Konsistoriumsaale des Vatilaus ein geheiuies

fällt der Vorhang. Bis es dahin kommt, wird die Erziehung
des Hermann Günther zur Ehe, die so prächtig im Gang ist,
wohl vollkommen vollendet sein.

Es weht uns Grotzstadtlust aus dem Stück an und ctwaS
wie dcr Ver>wcsungSgcruch der landläufigcn Moral anständigcr
Familicn. Das natürliche Empfinden stellt 'sich nicht nur aut
Lie Seite der Suse Günther und des Moritz Lange, die in ihren
schönstcn Jugendjahrcn nicht zusammen kommen können, wc'l
dic höhere Bcamtentarriere ihm den Gcdanten ans Heiratcn
in dem nächsten Jahrzehnt nicht erlaubt, es stellt stch auch auf
die Seite Metas und Hernmnns, die in ihrem kurzem, jäh ver-
nichteten Liebesleben mchr Moral verwirklichen, als es die
Ehe -Bellas und Hermanns tun wird.

Das ganzc ist eine Anklageschri'st gegcn die heutige und
eine Strcitschrift für die zukünfti-ge Moral, nach Art dieser
Schriften start tendenziös, in schreienden Farben koloriert und
deshalb einürucksvoll, aber in ihren Grundzügen nicht zu wider-
legen.

Die Komödie ist im wcsentlichen ein Sprechdrama, die ci-
gentlichc dramatische Handlung fehlt fast gänzlich und trotzdem
intercssiert ste in hohem Grade. Wic kommt das? Man darf
den Grund wohl darin suchen, datz fie ein Problemi vor unseren
Augcn aufrollt, mit dessen Bearbeitung die Gegenwart autze»
ordentlich stark beschäftigt ist. Es hat eine Umwertung aller
-Werte eingesctzt und nicht zum mindesten auf dem Gebiete der
Geschlechtsmoral. Die Fragen, die Hartleben stellt, schweben
in der Lust; unsichtbar umgeben sie uns, wir sühlen aus Tritt
und Schritt, wie wir auf sie stotzcn, wir cmpfinden, datz da ein
Neues sich Bahn brechcn will und Bahn brechen niutz. Hier
wird uns vor die Augen gestellt, um was es sich handelt. D«Z-
hakb entfchuldi'gcn wir den dozierenden Ton der Komödie, der
übrigens durch sichcre und gewandte 'Sprache iwettgeschlagen
wird; deshalb entschuldigen wir den Mangel an Handlung und
dcn im alten Sinne unbefriedigenden Schlutz, der kein Aus-
gang ist.

K o n ; i st oriu m ab, an Äem d:e Kardinäle tiilnao-
men. Der Papst ernannte mehrere iialtenische un: an^-
ländlsche Bischöfe, u. ä. Dr. Aberi znm Erzbischos oon
Bvmberg. 'Der Papst hielt bei dieser Getegenlieit eine
Ansprache, in der cr, wie man versichirt, mehrers Fii.gen
der inneren Kirchenordnung berühtre und kirchen-
feindlich-en Geist der französischen Depuriertenkammer be-
klag-te, der Fra-wkreich einsm großen Zusammenbiuche
entgegcnführen werde. Des weiteren wies der Papst anf
die antikatholische Bewegung hin, die sich am augcnsällig-
sten in den Vorgängen in Frankreich m>d rn Ecuador
äi-ßsre, die von Sekten in ganz EnroPa ins Werk gesetzt
würden. Endkich änßerte sich der Vapst noch über die
christlrch-demokratische Bewegung.

Aus Stadt und Lauo.

-Heidelberg, 28, Märii.

(I) Bortrag des Prcdigcrs Kossuth. Mittwoch Abend 8 Uhr
wird Hcrr Prcdi-gcr Kossuth aus Böhmcn einen Vorirag über die
cvangclische Wewegung in Böhmen unter den Czechen halten.
Auch unter dcn Czechcn, unter denen seit den Zeiten von Hus
eine starke antirömische Bewe-gung vorhanden ist, hat die Los-
Von-Rom-Bewcgnng Platz gegrisfen. Der Rcdncr will für dicsc
und dic auch unter Czcchen bcstehende evangelische Kirche das
Jnteressc wecken.

' Dns entschlüpfte Kind. Durch eincn Teil der Pressc giug
gestcrn cine Notiz über ein im Hemd vor deni Bahnhof auf-
-gcfundcnes Kind, das aus der Kindcrklinik cntlaufen war.
Die genaucn Vorgän-ge spicltcn sich folgcndcrmatzcn ab: Wäh-
rend borübergchcnder Entfernung der Nachtwachc, welche sich in
einem bcnachbarten Saa-le mit eincm schwcrkrankcn Kinde
beschäftigen mußte, verlictz die Kleinc thr Bctt, legte cs zu-
recht, als ob noch jcmand darin schlicse, öffnete die Balkontürc
samt Laden, überkletterte das Geländcr in den Gartcn, durch-
querte diescn, sticg übcr üic äutzcrc Umsriedigung dcr An-
'stält und kam ins Frcic. Jhr Fchlen wurde -bald bcmcrkt.
Während sie nun zunächst natürlich nur inncrhalb des Hauscs
gesucht wurde, gelangte sie zum Bahnhof, wurde dort bon Pas-
santen angchalten und in freundlichster Weise i-n> Warmen
untergebracht. Später wurde sic wicder dort abgcholt und in
die Anstalt zurück-gebracht. Der Grund zu dicsem i-mpulsiven
Handeln, der das leidenschaftltche und nerböse, abcv sonst brabe
und folgsamc Kinü in dürftigster Kleidung in die Nacht hin-
austrieb, war cin Besuch der Eltern, der das Kind aufs äu-
tzerste erregte. Schaden hat es von sci-nem nächtlichen Ausslug
nicht genommen.

-I- Handwerkcrversammlung. Am lctztcn Sonntag Nach-
mittag veranstaltctc der Handwerkervercin Rohrbach cinc
von dcn dort ansässigcn Handwcrkern zwar schlccht, aus den
bcnachbarten Ortcn und aus Heidclberg abcr um-so bcsser be-
suchte Versamin-lung, in wclchcr Gewcrbelchrcr Luger aus
Heidelkierg im Auftragc der Handwcrkskammcr Mannhcim
einen Vortrag htelt über „Die -gewerbl. Organisation, ihre Auf-
gaben nnd ihre Ziele". Der Referent crklärte zunächst dic Or-
gan-isation dcr freien Vercintgun-gen und der aus der Grund-
lage des Han>dwerkerge-setzes errichteten Jnnungen und Zwangs-
innun-gen sowie die als Zwan-gtz-organisationen bestehenden
Handwerkskammern un-d ging dann, nachdem er auch die vom
Staatc zur Förderun-g bes Gewerbewesens bestchenden Einrich-
tungcn, insbesondere die Grotzh. Lan-desgewerbehalle mit ihrcn
Abteilungen und ihrcn- Aufgaben und die gelvrrbliche Schule
gestreift hatte, über zu den Ausgaben und Zielen der -gewerb-
lichcn Vereinigun-gen. Da wcitaus dic grötztc Mchrzahl dcr
Handwerkcr thre Schulbildung ausschlietzlich in der Volks-
schule erlangen, so müssen die Vereinigungen mit allen ihrcm
Einflusse dahin wirken, datz die Volksschule besonders auf dem
Lande durch Vermehrung der Stunden- und Verntindcrung dcr

Mit Bcfricdigung spendcn wir dcr 'Ausführung hohes Lob.
Sic verlangt durchaus modcrnc Schauspicler und wir habcn
solchc. Wcnn wir von dem Anftritt im dritten Akt zwischen
Muttcr, Sch'wa-gcr und Sohn absehen, der die Grenze des Bur-
lcsken streiftc, müsscn wir sagen, datz sehr sicher im modernen
Geiste gespielt und charakterisicrt wurde. Jn der ersten Reihe
standen, wie sichs gebührt, die Vcrtreter dcr Jugcnd. Wenn
Frl. Wagncr a-ls Suse übcr die „Sch-lechtigkeit" ihres Bru-
ders Tränen vergoß, odcr Frl. Dccarli als Mcta Hübckc
untcr dem Drucke frischen Lcides ihre ncuc Moralanschauung
herausstammclte, so gäb d«S blitzartigc Einblickc iu eine ganze
innerc Persönlichkeit. Und wie lietz Frl. Nagoschin als Bella
König uns die innere Armut dcr zukünftigen moralischen Haus-
frau so deutlich sehen! Auch von dcm Zimmermadchen des Frl.
v. Bukovics, das in diesem Stücke cndlich ans der alten
Schablone befreit ist, mutz man sagen, dätz es schauspielerisch
sehr glücklich, wenn auch zu seinem moralischen Nachteil, zu
einer Jndividualität erwcckt wurde. Jn gleicher Weise stclltcn
die Herren Saltenburg als Hermann Günther und
Kehr als Moritz Lanye junge Männer von heute auf die
-Bühne, ohnc Uebertreibung, ohne Künstelei, wie sic 'der Geist
der Dichtung erheischt. Jn der kleinen Partie des Herrn von
Bohling, die a'ber eine nottvendige Seite des Prismas ist, mit
dem dcr Dichter das Bild dcr „Gesellschaft" zerlcgt, lcistctc Herr
Goll Tüchtiges. AlS Kommis Buschmann standen Herrn
Haatz autzer der Maskc nur Ivenig Wortc zur Verfügung.
um einen 'berechnenden Schurkcn zu zeichncn. Man mutz sa-
gen, cr brauchte noch weniger dazu: mit dem ersten Ton ver-
riet er 'die -Seelc des künstigen Zrchältcrs. Das «lterc Rollcn-
fach wur'de durch Hrn. Bau m als Rittergutsbesitzer Günther
und Frl. Bonne als Schwägerin bestens vertreten.

Vor allem aber ist das glückliche Zusammenspiel zu loben,
an welchem die Rcgie des Hcrrn Direktor Heinrich wohl txis
Hauptverdienst hat. Da war allcs ausgeglichen und richtig
tempcriert. Niemand kam zu kurz und keiner drängte sich vor.
 
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