Grscheint täglich, SonntagS <mSg«u>mmen. PretS mit AamikierMÄttern monatltch 8Ü Pfg. tn'S Hau- gochrach^ der OxpechMSW mch ED> AllEig/statioNtiA Ätzchatt M
Durch di» Post k-zogen vierteljShrltch 1,35 Mk. auSschkietzltch Z«st^se»rch>
«nzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder de«n Raum. Rellamezell« 40 Pfg. Für h«fig» Geschäft». u. Prwätmytg«, «rmätztgt. — Mt» d« «usnahm» dan «Wets»
«n bestimmten Tagen wird leine Verantwortlichkeit übernomwen. — Anschlag der Inserate aus den Plakattaseln der Hetdelbevger Zeitung u. den städt. Anschlagftellen. Fernspr. Ai.
Deutsches ReLch.
— Jn erner Zuschrift an die „Nationalzeitung" er-
klärt der frühere Handelsminister Freiherr v o n Ber-
Ieps ch, daß ihm weder früher noch jetzt von der Zen-
trumspartei oder einzelnen Mitgliedern derselben Aner-
bietunMN bezüglich eines Reichstagsmandats gemacht wor-
den seien. Berlepsch fügt hinzu: „Jn allen Fällen, wo
mir von anderer Seite solche Anerbietungen aus einzelnen
Wahlkreisen zugingen, habe ich dieselben in der Ueber-
zeugung abgelehnt, daß ich die soziale Reform, der ich
für den Rest meines Ldbens zu dienen gewillt bin, besser
außerhalb des Reichstags fördern kann, insbesondere mit
Rücksicht auf meine Eigenschaft als Worsitzender der Ge-
sellschaft fiir Soztale Reform, die mir unter anderem die
Anfgabe ftellt, Persönlichkeiten, die verschiedenen politi-
fchen Parteien und Richtungen und verschiedenen Konfes-
sionen angehören, znsanrmenzuführen und zusammenzu-
halten Zu gemeinsamer sozialpolitischer Aktion. Diese
Erwägungen würden mich auch jetzt hindern, sür den
Reichstag zu kandidieren."
Baden.
— Für die obere Beamtenschaft unseres Landes gibts
heuer in zahlreichen Fällen I r üh j a h r s u rla u b,
entgegen dem gewöhnlichen Brauch der dienstfreien Zeit
im Herbst. Dis Terminverlegung hängt im Berwal-
tungsdienst mft einem bevorstehenden größerenWech-
s e I auf den B e z i r k s ä m t e r n zusanimen, im Dienst-
bereich der großherzoglichen Domänendirektion damit, daß
die Einführnng und Regelung der nensri ZoIltaris-
gesetzgebung viel Arbeitslast für die Spätsomnüer-
'L-manats bringt.
Ettlinge n, 25. April. Gestern fand in Langen-
steinbach eine Vertrauensmännerversammlung dcr kon -
servativen P-artei des 46. Wahlkreises (Durlach^-
Ettlingen-Psorzheim) statt. Als Kandidat für diesen
Wahlkreis wurde Kunstmühlenbesitzer Gierich- in Ett-
lingen aufgestellt. Wie der „Bad. Landsmann" aus-
sicherer Quelle erfährt, wird Herr Gftrich die Kandidatur
voranssichtlich n i ch t annehmen.
Mannheim, 25. April. Die Handelskam-
mer sfimmte soigendem Antrag der Handplskammer
Frankfurt bei, den Reichskanzler zu ersuchen, „den Ab-
schluß eines langsristigen Tarifvertrages
mit den' Veretnigten Staaten zu erstreben,
unter der Voraussetzung, dah den Vereinigten Staaten
uicht wieder wvgen geringfügiger Konzessionen die ge-
samten Sätze unseres Vertragstarifs zugestanden und daß
von den Vereinigten Staaten auf dieselben Artikel nicht
höhere Zölle wie umgekchrt von Deutschland er-
hoben werden. Fsrner ist bei denjenigen' Artikeln, bei
welchen die Erhebung von Wertzöllen zu willkürlicher
Behandlung nnd Zollchikanen Anlatz gegeben hat, auf
Uniiwariidlung der Wertzölle in spezifische Zölle hinzuwir-
ken. Endlich können wir uns mit Rücksicht auf die mit den
Bereinigten Staaten gemachten Erfcchruiigen nur für die
Vereinbarung einer bsdingten Meistbegünstigung aus-
sprechen. Jn Bezug daraus wird die Handelskammer die
zahlreichen aus Mannheimer Jnteressentenkreisen infolge
einer Umfrage,ihr zugegangenen Wünsche bezüglich der
Neuregelung unsersr handelspolitischen Beziehungen zu
den Vereinigten Staaten dem Großh. Ministerium des
Jnnern unterbreiten.
Daycrn.
— „Fn eigener Sache" meldet sich Frhr. v. Hert >
ling in der „Kölnischen Volkszeitung" nochma'ls zum
Wort und k a p i t u I i e r t, wenn auch in langatmig ver-
klausulierten Wendnngen, vor dem durch Dr. Heim reprä-
senti-erten Flügel des bayerischen Zentrums, der ans
Hertlings vielberedetem Aufsatz den Vorwnrf des politi-
schen Hausknechts'tums auf sich bezog'en hatte. Nun braucht
nur Herr Dr. Heim feinerseits zu bescheini-gen, daß er bei
seiner Entgeg'niing, wo von „Lakaien und Strebern uiid
freiwilligen Vorreitern vor 'den Karossen der Machth-aber"
die Rede war, dnrchaus nicht an Professor v. Hertling
gedacht hat, und der Friede wäre wieder hergeftellt.
Aus der KarLsruher Zeitung.
— iSctne Königtichc Hoheit der 'Großherzog haben den
Obcramtsrichter Justus Bender in Frei'burg zum Landge-
richtsvat und Untersuch-uNlgsrichter beim Landgericht Freiburtz,
sowie dcn Notar Dr. Friedrich Müller iti Etllingen zum
'Amtsrichtet: in MamcheiM ernannt; ferncr dcn Oberamtsrichtvr
Dr. Kar'l Bertsch in 'Säckintzen und >den Amtsrichter Wilhelm
Krautz in Mannheim in gleicher 'Eigenschaft, ersteren nach
FreWuvg, letzteren nach 'Säckingen versetzt.
Karlsruhc, 25. Upril. Am Ostersonntag, fvüh
halb 9 Uhr, begab- sich die Großherzogin in die Grab-
kapelle im Fasanengarten. Die Großherzoglichen uwd die
Erbgroßhcrzoglichen Heri'schaftsn besuchten an den beiden
Osterfeiertagen den Gottesdienst in der Schloßkirche. Der
'Erbgrohherzog und die Erbgroßherzogin nahmen an bei-
den Tagen an der Mittags- und Ab'endtafel der Großhier-
zoglichen Herrschaftm teil. 'Gestern Abend besuchten der
lGroßherzog, die Grohheczogin, der Erbgroßherzog und
die Erbgroßherzogin die Oper im Grotzh-erzoglichen Hof-
theater. Heute Vormittag 10 Uhr empfing der Grotzher-
-zog den Hofprediger Fischer, umi 11 Uhr den- Präsidenten
des Ministeriums des lGrotzherzo'glichen Hauses und der
auswärtigen Angelegen'heften, Geheimrat Freihlerrn von
Marschall und um 12 Uhr den Präsidenten Dr. Nicolai
zur Bortragserstattung. Heute Nachmittag halb 4 Uhr
begaben sich der Erbgrotzherzog und die Erbgrohherzogin
in Begleitung der Hofdame Freiin von Reck, des Geheim-
rats Dr. Freiherrn von Babo, des Präsi'denten Dr. Nicolai
und des Oberleutnants Freihlerrn von Göler auf einige
Tage nach Kaltenbronn zur Auerhahnjagd. Um 4 Uhr
40 Minuten reisten der lGrotzherzog und die Großherzogin
nach Baden zum Besuch der Prinzessin Wilhelm un'd deren
Schwester, Herzogin Eugenie von Oldenburg und kehr-
ten abends 8 Uhr wieder hierher zurück.
Ausland.
R«Navd.
— Die Kaiserliche Akademie der Wis-
senschaften hat in ihrer Plenarversammlung vom
15. April ein Memorandum gebilligt, in welchem Pre ß-
freiheit für notwendig erklärt und dis Rückkehr zu
den Gesetzen der sechziger Jakhre als' das Mindestmaß sol»
cher Pretzfreiheit bezeichnet wird.
Petersburg, 24. April. Um in der von der
Bauernbewegung ergriffenen ländlichen Bevölkerung
die Ueberzeugung zu festigen, daß das Privateigentum
unantastbar ist und jeder Anschlag auf fremdes Eigen-
tum auf das strengste geahndet wird, stellt ein kaiserl.
Erlaß vom 23. April üem Mimster ües Jnnern anheim.
in den Kreisen, in denen Unruhen vorgekommen sind»
unter dem Vorsitze der Kreisadelsmarschälle aus den Vor-
sitzenden der Kreislandschaftsämter, den Landeshauptleu-
ten, Kreiskommissaren und Steuerinspektoren zeitweilige
Kommissionen zu ernennen, zu denen auch ein oder
zwei Semstwo-Abgeordnete heranzuziehen stnd. Die Auf-
gabe dieser Kommisstonen soll darin bestehen, die an den
Unruhen Beteiligten ausfindig zu machen, die Höhe des
durch die Unruhen entstandenen materiellen Verlustes fest-
zusetzen und von allen Gliedern der an den Unruhen be-
teiligten Dorfgemeinden Schadenersatz beizutreiben, wober
deren gesamter beweglicher und unbeweglicher Besitz ver-
steigert werden kann. Der Minister des Jnnern erhielt
zugleich den Auftrag, dem Ministerkomitee einen Plan
vorzulegen, nach welchem die Regeln der Beitreibung des
Sch adenersatzes, sowie der Erteilung von Staats-
darlehen an geschädigte Gutsbesttzer, denen es ancigenen
Mitteln zum Wiederaufbau ihrer zerstörten Baulichkeiten
und zur Beschaffung einer neuen Wirtschaftseinrichtuna
fehlt, gehandhabt werden sollen.
Avs SLüdt und Limo.
Heidelberg, 26. April.
St. H. B. K. Städtischcs Orgelkonzcrt. Nachücm scit iän-
gere'r Zett 'die vortreffliche Orgcl unserer Stadthalle nicht b^-
nutzt worden ist, bietet sie durch die vorübergehende An'wesenhei-t
unseres Herrn Fritz Stein Lie Gelegenheit, am Abend des
2. Mai wie'der ein Orgelkonzert zn veranstalten. 'Freifräu-
lein von Dnsch ans Karlsruhe (Sopran), eine geboreNe
HeMWergerin, hat in liebenswürdiger Weise ihre Mitwirkuns
zugesayt. Das Progrmnm wird im Jnse.raitrnteil veröffent-
ticht, Es nnterlicgt ke'inem Zweifel. datz diescr mustkalischen
Darbittnng, für deren Wert die Namen 'der beiden Mitwirkcn-
den bürgen, von allen« Seüen das regste Jnteresse entgegenlge-
bracht wivd.
1 Todcsfall. Jm hohen Alter von 79 Jahren ist gestern
VovmMag Herr Julius Wettstein, cine in den hiesigen
Bürgerkreisen allgemein bekannte und beliebte Persönlichkeit,
gestorbe-n. Die dcutsche Sängcrschaft, im besonderen der Hei-
delberger Liederkranz, verlieren in dem Dahingefchiedenen einen
eifri'gen und trenen Freund der Sangeskunst. Dem Lieder-
kranz gehörte der Vcrblichene seit 1848 als aktives Mitglied an.
Jm Jahre 1898 konnte er sein SOjähriges Sängerjubiläu'in
feiern, wobei ihm mancherlei Auszeichnungen zuteil wurdern
So lietz ihm der bad. Sängerbund durch seinen Vorsitzenden,.
sowie dcr Liederkranz ein Geschent und Las goldcne Bereinsab--
zei-chen überreichcn. Die Liederhalle-Karlsruhe sandte ihm den
goldenen Ehrenring. Von 1870—1882 war Wettstein Vorstand
des Liederkranges. Bereits im Jahre 1873 war er zum Ehren-
mitglied des Liederkranzes ernannt worden und im Iahra
1883 wurde er zum Ehven'vorstaudsmitglicdc ernannt. Als ge-
lernler Buchbinder übernahni Wettstcin das Ge'schäst seineK
Vatevs in der Hauptstratze und führte dasselbe lange Jahrc hin-
durch mit gros^m Erfolge. Man wird dem biedercn Mann,
den eine gewisse Originalität auszeichnete, in seinen weiten
Freundcs- und Bekanntentreisen ein herzlichcs Andenken be-
wahren.
Münchens „12 Apostel".
Jm Herknlessaale ider kgl. Residenz zu München vollzog am
Gründonnerstag 'Prinzregent Lnitpold, wic üblich, die Futz-
waschung an 12 Greisen. Diese, dic sog. 12 Apostel, satzen auf
einem Podium; ihnen gegenüber nahmen die Pringen und
Würdenträger, darnnter der päpstliche Nunttus, Platz. Vor
der Futzwaschung war Hochamt in der Allerheiligenhofkirche,
lsvohin sich der Regent im „grotzeu Zuge", d. h. mit dem ge-
samtcn Hos, begab. Ueber die dicsnialigen „12 Aposte-I", die
toährend des Aufenthalts m Münchcn die Gäste des 'Regenten
üiarcn, erzählen die „Münchener Neuesten Nachrichten":
Das Hauptinteressc richtete sich natürlich auf Peter Huter,
^rivatmann aus Ensheim. Amts'bezirk St. Jngbert, der in der
Histc mit 100 Jahren cingczcichnet ist, nach eigener wic
wincr Enkel Bchanptung «bcr 103 Jahre alt ist. Dic aus dcr
'Napoleonischen Zeit stammendcn Taufrcgister stnd leider nicht
'viehr vorhanden. Hulcr, frühcr Landwitt, erfreut sich noch
cincr beneidenswertcn Gcsundheit; er hört zwar seit drei. Jah-
^n schlecht und ist schwach aus den Fützcn, liest äber noch ohne
^ville und geht allcin in die Kirche. Seine Urenkel können
uch nicht erinmern, datz er je krank war. Er hat vor zwci
Mhrcn noch gemäht und gcdroschcn und Bäume geputzt. Der
^sppetit ist hervorragcnd, auffallcud seiue Vorliebc für fette
^peisen. Dabei triukt Hiiter jeden Sonntag noch seine 2—3
Palbe Bier und ist sehr itarkcr Rauchcr. Der Regent pflegt
Icdes Jahr (Huter ist zum vicrkennial bei der Futzwaschung)
Ki frageu, ob der Alte noch raucht, und läßt ihm Zigarren
Uberrcichen. Hochwillkomnicn! ist ihm 'des Abends vor dem
^chlafengchen cin Gläschen Branntwein. Huter zieht sich heutc
j'och selher an und weiß sich teilweise zurückzucrinncrn bis an
din 11. Lebensjahr, crzählt auch vou der Frangosenherrschaft
von den Russen. München gefällt ihm sehr gut und er
rechnet sicher Larauf, nächstes Jahr wieder zu komNien. Se'ine
3 Ki'nder habcn 7 Enkel und 15 Urenkel als Nachkommen. Be-
gcichnend für seine Geistesfrische ist, datz er in der Kirche am
Sonntag stets die Anwesenden und ztvar die Männer und
Weüber zählt und gewissenhast darüber gu Hause Bericht cr-
stattet.
Von dcn beiden 95-Jähr'igen lebt Drax (bald 96) sehr
mätzig, raucht nicht, schnupft nicht und tttnkt auch sehr wenig;
er gibt an, niä krank gewesen. zu sein, itzt Arn und viel und ist
zic'mlich geistesfrisch. Ortner ist starker Raucher, mätziger
Tvinker und seit 40 Jahren nicht mehr krank gewesen.
Dev Mobilste von allen ist der 92-jährige Blasbalgtretcr
Jakob Franz Humm; er ergählt, datz sein Vater 37 Jahre
hindnrch alljährlich an König Max wi« an Ludwig I. in cincm
Karren Weintrauben von der Pfalz nach München gefahren
habe. Aus einer dieser Fahrten habe er ihn, der damals 15
Iechre alt gewcsen, mit nach Münchcn genommen; und er
erin'nere stch noch ganz gut 'daran; die Fahrt hat jedcsmal
acht Tage in Anspruch genommen. Weingutsbesitzer Heilweck
in Ma'ikammer, bei dem Hummer seinerzeit Hausberwalter
war, hat es sich nicht nehmcn lassen, seinen Apostel aus der
Psalz herüberzugeleiten. Humm führt seinen Haushalt selbst
und kocht sich sclbst, sein jetziges Amt als MaAialgtreter übt
er noch aus.
Billncr, der im Nobember 95 Jahre alt wird, ist von
üer lPracht Münchöns ganz begei'stett. Er arbeitet noch von
srüh bis spät im Anwesen m.it, itzt alles niit bestcM Appetit und
lätzt sich auch hin und wiedcr cin Glas Bie-r schmeckcn. Seit
einem halbeu Jahrhundcrt ist er nicht mehr krank gxwcsen und
.geistüg sehr regsam. Zicmlich gebrechlich präsentierk sich Gebel
(94); er mutz gefahrcn werdcn, itzt je mehr je lieber und
schnupft leidcnschaftlich; hat zahlrciche Rachkommenschaft. Jn
dem 93-jährigcn Doll sehen wir einen ?lbstinenzler, der' seit
40 Jahren weder Wein noch Bier trinkt und auch nicht raucht;
er crgählt, datz er ini Jahre 1870 der älteste Fuhrlvcrksbesttzer
war, Äer noch Fuhrdicnste keistete. Wie fast alle, hött auch
Kuott (93) sehr wenig, kann aber noch alles lesen, raucht
nicht, schuNpst aber stark, trinkt weuig Bier, licbt aber 'sehr ein
Glasl Schnaps. Knvtt hat sehr viel durchgcmacht; so rannte
ihn vor 6 Jahrcn cin Stier so unglücklich nicdcr, datz ihm sein
Messer das ganze Bcin ausschlihte; Folgen hatte aber dieser
Unfall nicht. Grcmmer ist ini allgemeinen ziemlich gut
beisammen und seit langen Jahren nicht krank gewesen. Bier
schmeckt ihm sehr, aber er verträgt cs nicht gut.
Schon vor 62 Jahren war Schlemcr (92) in München
als Tuchmachergeselle. „Damals," meiiit er, „hat d' Stadt
München no net sö viel Platz braucht und is noch net so b'setzt
g'wes'n wie heut." Schlemmer zeigt cine nevvöse Unruhe, ua-
mentlich beim Photogi-aphiercn, gibt aber ganz energisch und
sehr vernehmlich auf allcs Antwort, dabei ist er sehr neugierig
und intercssiert sich stark für alles, was um ihn vorgeht; er
schnupft und ttinkt noch Mvn Bier. — „Der Appetit wär' schon
gut, wenn 's Essen immer langet," meint Haddev (92-jährig.
Gemeindearmcr). Er ist Junggeselle und schnupst und möchte
Bier. Körperlich und geistig gut ge'stellt, klagt er lcdiglich übtzc
das Auslaffeu der Fütze. Storr (im gleichen Alter) sollte
vor 2 Iahreu mit, bckam aber — obwohl bis dahin noch fleitziger
A-rbeiter — den Altersbrand in einer Weise, Latz man nahe
daran war, ihm den einen Arm cvbzunehmen. Sieine zähe
Natur hat das nochmals überwundcn.
Man sieht, datz die Lebensgcwohnheltten. der Apostel sehr
verschicden sind, datz starkc Raucher und Biertrinkcr ebenso
körperkich iind geistig regsam sich zeigen, wie -Enthaltsame.
Alle aber haben bis vor wenigen Jahren noch fest gearbeitei
und rühren sich jeht noch so, wie cs iu ihreu Krästen steht. So-
mit wäre die Arbeit — und zwar fast bei allen schtvere kör -
Die heutige Nummer umsaßt drei Vlätter zusammen 14 Seiten
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«n bestimmten Tagen wird leine Verantwortlichkeit übernomwen. — Anschlag der Inserate aus den Plakattaseln der Hetdelbevger Zeitung u. den städt. Anschlagftellen. Fernspr. Ai.
Deutsches ReLch.
— Jn erner Zuschrift an die „Nationalzeitung" er-
klärt der frühere Handelsminister Freiherr v o n Ber-
Ieps ch, daß ihm weder früher noch jetzt von der Zen-
trumspartei oder einzelnen Mitgliedern derselben Aner-
bietunMN bezüglich eines Reichstagsmandats gemacht wor-
den seien. Berlepsch fügt hinzu: „Jn allen Fällen, wo
mir von anderer Seite solche Anerbietungen aus einzelnen
Wahlkreisen zugingen, habe ich dieselben in der Ueber-
zeugung abgelehnt, daß ich die soziale Reform, der ich
für den Rest meines Ldbens zu dienen gewillt bin, besser
außerhalb des Reichstags fördern kann, insbesondere mit
Rücksicht auf meine Eigenschaft als Worsitzender der Ge-
sellschaft fiir Soztale Reform, die mir unter anderem die
Anfgabe ftellt, Persönlichkeiten, die verschiedenen politi-
fchen Parteien und Richtungen und verschiedenen Konfes-
sionen angehören, znsanrmenzuführen und zusammenzu-
halten Zu gemeinsamer sozialpolitischer Aktion. Diese
Erwägungen würden mich auch jetzt hindern, sür den
Reichstag zu kandidieren."
Baden.
— Für die obere Beamtenschaft unseres Landes gibts
heuer in zahlreichen Fällen I r üh j a h r s u rla u b,
entgegen dem gewöhnlichen Brauch der dienstfreien Zeit
im Herbst. Dis Terminverlegung hängt im Berwal-
tungsdienst mft einem bevorstehenden größerenWech-
s e I auf den B e z i r k s ä m t e r n zusanimen, im Dienst-
bereich der großherzoglichen Domänendirektion damit, daß
die Einführnng und Regelung der nensri ZoIltaris-
gesetzgebung viel Arbeitslast für die Spätsomnüer-
'L-manats bringt.
Ettlinge n, 25. April. Gestern fand in Langen-
steinbach eine Vertrauensmännerversammlung dcr kon -
servativen P-artei des 46. Wahlkreises (Durlach^-
Ettlingen-Psorzheim) statt. Als Kandidat für diesen
Wahlkreis wurde Kunstmühlenbesitzer Gierich- in Ett-
lingen aufgestellt. Wie der „Bad. Landsmann" aus-
sicherer Quelle erfährt, wird Herr Gftrich die Kandidatur
voranssichtlich n i ch t annehmen.
Mannheim, 25. April. Die Handelskam-
mer sfimmte soigendem Antrag der Handplskammer
Frankfurt bei, den Reichskanzler zu ersuchen, „den Ab-
schluß eines langsristigen Tarifvertrages
mit den' Veretnigten Staaten zu erstreben,
unter der Voraussetzung, dah den Vereinigten Staaten
uicht wieder wvgen geringfügiger Konzessionen die ge-
samten Sätze unseres Vertragstarifs zugestanden und daß
von den Vereinigten Staaten auf dieselben Artikel nicht
höhere Zölle wie umgekchrt von Deutschland er-
hoben werden. Fsrner ist bei denjenigen' Artikeln, bei
welchen die Erhebung von Wertzöllen zu willkürlicher
Behandlung nnd Zollchikanen Anlatz gegeben hat, auf
Uniiwariidlung der Wertzölle in spezifische Zölle hinzuwir-
ken. Endlich können wir uns mit Rücksicht auf die mit den
Bereinigten Staaten gemachten Erfcchruiigen nur für die
Vereinbarung einer bsdingten Meistbegünstigung aus-
sprechen. Jn Bezug daraus wird die Handelskammer die
zahlreichen aus Mannheimer Jnteressentenkreisen infolge
einer Umfrage,ihr zugegangenen Wünsche bezüglich der
Neuregelung unsersr handelspolitischen Beziehungen zu
den Vereinigten Staaten dem Großh. Ministerium des
Jnnern unterbreiten.
Daycrn.
— „Fn eigener Sache" meldet sich Frhr. v. Hert >
ling in der „Kölnischen Volkszeitung" nochma'ls zum
Wort und k a p i t u I i e r t, wenn auch in langatmig ver-
klausulierten Wendnngen, vor dem durch Dr. Heim reprä-
senti-erten Flügel des bayerischen Zentrums, der ans
Hertlings vielberedetem Aufsatz den Vorwnrf des politi-
schen Hausknechts'tums auf sich bezog'en hatte. Nun braucht
nur Herr Dr. Heim feinerseits zu bescheini-gen, daß er bei
seiner Entgeg'niing, wo von „Lakaien und Strebern uiid
freiwilligen Vorreitern vor 'den Karossen der Machth-aber"
die Rede war, dnrchaus nicht an Professor v. Hertling
gedacht hat, und der Friede wäre wieder hergeftellt.
Aus der KarLsruher Zeitung.
— iSctne Königtichc Hoheit der 'Großherzog haben den
Obcramtsrichter Justus Bender in Frei'burg zum Landge-
richtsvat und Untersuch-uNlgsrichter beim Landgericht Freiburtz,
sowie dcn Notar Dr. Friedrich Müller iti Etllingen zum
'Amtsrichtet: in MamcheiM ernannt; ferncr dcn Oberamtsrichtvr
Dr. Kar'l Bertsch in 'Säckintzen und >den Amtsrichter Wilhelm
Krautz in Mannheim in gleicher 'Eigenschaft, ersteren nach
FreWuvg, letzteren nach 'Säckingen versetzt.
Karlsruhc, 25. Upril. Am Ostersonntag, fvüh
halb 9 Uhr, begab- sich die Großherzogin in die Grab-
kapelle im Fasanengarten. Die Großherzoglichen uwd die
Erbgroßhcrzoglichen Heri'schaftsn besuchten an den beiden
Osterfeiertagen den Gottesdienst in der Schloßkirche. Der
'Erbgrohherzog und die Erbgroßherzogin nahmen an bei-
den Tagen an der Mittags- und Ab'endtafel der Großhier-
zoglichen Herrschaftm teil. 'Gestern Abend besuchten der
lGroßherzog, die Grohheczogin, der Erbgroßherzog und
die Erbgroßherzogin die Oper im Grotzh-erzoglichen Hof-
theater. Heute Vormittag 10 Uhr empfing der Grotzher-
-zog den Hofprediger Fischer, umi 11 Uhr den- Präsidenten
des Ministeriums des lGrotzherzo'glichen Hauses und der
auswärtigen Angelegen'heften, Geheimrat Freihlerrn von
Marschall und um 12 Uhr den Präsidenten Dr. Nicolai
zur Bortragserstattung. Heute Nachmittag halb 4 Uhr
begaben sich der Erbgrotzherzog und die Erbgrohherzogin
in Begleitung der Hofdame Freiin von Reck, des Geheim-
rats Dr. Freiherrn von Babo, des Präsi'denten Dr. Nicolai
und des Oberleutnants Freihlerrn von Göler auf einige
Tage nach Kaltenbronn zur Auerhahnjagd. Um 4 Uhr
40 Minuten reisten der lGrotzherzog und die Großherzogin
nach Baden zum Besuch der Prinzessin Wilhelm un'd deren
Schwester, Herzogin Eugenie von Oldenburg und kehr-
ten abends 8 Uhr wieder hierher zurück.
Ausland.
R«Navd.
— Die Kaiserliche Akademie der Wis-
senschaften hat in ihrer Plenarversammlung vom
15. April ein Memorandum gebilligt, in welchem Pre ß-
freiheit für notwendig erklärt und dis Rückkehr zu
den Gesetzen der sechziger Jakhre als' das Mindestmaß sol»
cher Pretzfreiheit bezeichnet wird.
Petersburg, 24. April. Um in der von der
Bauernbewegung ergriffenen ländlichen Bevölkerung
die Ueberzeugung zu festigen, daß das Privateigentum
unantastbar ist und jeder Anschlag auf fremdes Eigen-
tum auf das strengste geahndet wird, stellt ein kaiserl.
Erlaß vom 23. April üem Mimster ües Jnnern anheim.
in den Kreisen, in denen Unruhen vorgekommen sind»
unter dem Vorsitze der Kreisadelsmarschälle aus den Vor-
sitzenden der Kreislandschaftsämter, den Landeshauptleu-
ten, Kreiskommissaren und Steuerinspektoren zeitweilige
Kommissionen zu ernennen, zu denen auch ein oder
zwei Semstwo-Abgeordnete heranzuziehen stnd. Die Auf-
gabe dieser Kommisstonen soll darin bestehen, die an den
Unruhen Beteiligten ausfindig zu machen, die Höhe des
durch die Unruhen entstandenen materiellen Verlustes fest-
zusetzen und von allen Gliedern der an den Unruhen be-
teiligten Dorfgemeinden Schadenersatz beizutreiben, wober
deren gesamter beweglicher und unbeweglicher Besitz ver-
steigert werden kann. Der Minister des Jnnern erhielt
zugleich den Auftrag, dem Ministerkomitee einen Plan
vorzulegen, nach welchem die Regeln der Beitreibung des
Sch adenersatzes, sowie der Erteilung von Staats-
darlehen an geschädigte Gutsbesttzer, denen es ancigenen
Mitteln zum Wiederaufbau ihrer zerstörten Baulichkeiten
und zur Beschaffung einer neuen Wirtschaftseinrichtuna
fehlt, gehandhabt werden sollen.
Avs SLüdt und Limo.
Heidelberg, 26. April.
St. H. B. K. Städtischcs Orgelkonzcrt. Nachücm scit iän-
gere'r Zett 'die vortreffliche Orgcl unserer Stadthalle nicht b^-
nutzt worden ist, bietet sie durch die vorübergehende An'wesenhei-t
unseres Herrn Fritz Stein Lie Gelegenheit, am Abend des
2. Mai wie'der ein Orgelkonzert zn veranstalten. 'Freifräu-
lein von Dnsch ans Karlsruhe (Sopran), eine geboreNe
HeMWergerin, hat in liebenswürdiger Weise ihre Mitwirkuns
zugesayt. Das Progrmnm wird im Jnse.raitrnteil veröffent-
ticht, Es nnterlicgt ke'inem Zweifel. datz diescr mustkalischen
Darbittnng, für deren Wert die Namen 'der beiden Mitwirkcn-
den bürgen, von allen« Seüen das regste Jnteresse entgegenlge-
bracht wivd.
1 Todcsfall. Jm hohen Alter von 79 Jahren ist gestern
VovmMag Herr Julius Wettstein, cine in den hiesigen
Bürgerkreisen allgemein bekannte und beliebte Persönlichkeit,
gestorbe-n. Die dcutsche Sängcrschaft, im besonderen der Hei-
delberger Liederkranz, verlieren in dem Dahingefchiedenen einen
eifri'gen und trenen Freund der Sangeskunst. Dem Lieder-
kranz gehörte der Vcrblichene seit 1848 als aktives Mitglied an.
Jm Jahre 1898 konnte er sein SOjähriges Sängerjubiläu'in
feiern, wobei ihm mancherlei Auszeichnungen zuteil wurdern
So lietz ihm der bad. Sängerbund durch seinen Vorsitzenden,.
sowie dcr Liederkranz ein Geschent und Las goldcne Bereinsab--
zei-chen überreichcn. Die Liederhalle-Karlsruhe sandte ihm den
goldenen Ehrenring. Von 1870—1882 war Wettstein Vorstand
des Liederkranges. Bereits im Jahre 1873 war er zum Ehren-
mitglied des Liederkranzes ernannt worden und im Iahra
1883 wurde er zum Ehven'vorstaudsmitglicdc ernannt. Als ge-
lernler Buchbinder übernahni Wettstcin das Ge'schäst seineK
Vatevs in der Hauptstratze und führte dasselbe lange Jahrc hin-
durch mit gros^m Erfolge. Man wird dem biedercn Mann,
den eine gewisse Originalität auszeichnete, in seinen weiten
Freundcs- und Bekanntentreisen ein herzlichcs Andenken be-
wahren.
Münchens „12 Apostel".
Jm Herknlessaale ider kgl. Residenz zu München vollzog am
Gründonnerstag 'Prinzregent Lnitpold, wic üblich, die Futz-
waschung an 12 Greisen. Diese, dic sog. 12 Apostel, satzen auf
einem Podium; ihnen gegenüber nahmen die Pringen und
Würdenträger, darnnter der päpstliche Nunttus, Platz. Vor
der Futzwaschung war Hochamt in der Allerheiligenhofkirche,
lsvohin sich der Regent im „grotzeu Zuge", d. h. mit dem ge-
samtcn Hos, begab. Ueber die dicsnialigen „12 Aposte-I", die
toährend des Aufenthalts m Münchcn die Gäste des 'Regenten
üiarcn, erzählen die „Münchener Neuesten Nachrichten":
Das Hauptinteressc richtete sich natürlich auf Peter Huter,
^rivatmann aus Ensheim. Amts'bezirk St. Jngbert, der in der
Histc mit 100 Jahren cingczcichnet ist, nach eigener wic
wincr Enkel Bchanptung «bcr 103 Jahre alt ist. Dic aus dcr
'Napoleonischen Zeit stammendcn Taufrcgister stnd leider nicht
'viehr vorhanden. Hulcr, frühcr Landwitt, erfreut sich noch
cincr beneidenswertcn Gcsundheit; er hört zwar seit drei. Jah-
^n schlecht und ist schwach aus den Fützcn, liest äber noch ohne
^ville und geht allcin in die Kirche. Seine Urenkel können
uch nicht erinmern, datz er je krank war. Er hat vor zwci
Mhrcn noch gemäht und gcdroschcn und Bäume geputzt. Der
^sppetit ist hervorragcnd, auffallcud seiue Vorliebc für fette
^peisen. Dabei triukt Hiiter jeden Sonntag noch seine 2—3
Palbe Bier und ist sehr itarkcr Rauchcr. Der Regent pflegt
Icdes Jahr (Huter ist zum vicrkennial bei der Futzwaschung)
Ki frageu, ob der Alte noch raucht, und läßt ihm Zigarren
Uberrcichen. Hochwillkomnicn! ist ihm 'des Abends vor dem
^chlafengchen cin Gläschen Branntwein. Huter zieht sich heutc
j'och selher an und weiß sich teilweise zurückzucrinncrn bis an
din 11. Lebensjahr, crzählt auch vou der Frangosenherrschaft
von den Russen. München gefällt ihm sehr gut und er
rechnet sicher Larauf, nächstes Jahr wieder zu komNien. Se'ine
3 Ki'nder habcn 7 Enkel und 15 Urenkel als Nachkommen. Be-
gcichnend für seine Geistesfrische ist, datz er in der Kirche am
Sonntag stets die Anwesenden und ztvar die Männer und
Weüber zählt und gewissenhast darüber gu Hause Bericht cr-
stattet.
Von dcn beiden 95-Jähr'igen lebt Drax (bald 96) sehr
mätzig, raucht nicht, schnupft nicht und tttnkt auch sehr wenig;
er gibt an, niä krank gewesen. zu sein, itzt Arn und viel und ist
zic'mlich geistesfrisch. Ortner ist starker Raucher, mätziger
Tvinker und seit 40 Jahren nicht mehr krank gewesen.
Dev Mobilste von allen ist der 92-jährige Blasbalgtretcr
Jakob Franz Humm; er ergählt, datz sein Vater 37 Jahre
hindnrch alljährlich an König Max wi« an Ludwig I. in cincm
Karren Weintrauben von der Pfalz nach München gefahren
habe. Aus einer dieser Fahrten habe er ihn, der damals 15
Iechre alt gewcsen, mit nach Münchcn genommen; und er
erin'nere stch noch ganz gut 'daran; die Fahrt hat jedcsmal
acht Tage in Anspruch genommen. Weingutsbesitzer Heilweck
in Ma'ikammer, bei dem Hummer seinerzeit Hausberwalter
war, hat es sich nicht nehmcn lassen, seinen Apostel aus der
Psalz herüberzugeleiten. Humm führt seinen Haushalt selbst
und kocht sich sclbst, sein jetziges Amt als MaAialgtreter übt
er noch aus.
Billncr, der im Nobember 95 Jahre alt wird, ist von
üer lPracht Münchöns ganz begei'stett. Er arbeitet noch von
srüh bis spät im Anwesen m.it, itzt alles niit bestcM Appetit und
lätzt sich auch hin und wiedcr cin Glas Bie-r schmeckcn. Seit
einem halbeu Jahrhundcrt ist er nicht mehr krank gxwcsen und
.geistüg sehr regsam. Zicmlich gebrechlich präsentierk sich Gebel
(94); er mutz gefahrcn werdcn, itzt je mehr je lieber und
schnupft leidcnschaftlich; hat zahlrciche Rachkommenschaft. Jn
dem 93-jährigcn Doll sehen wir einen ?lbstinenzler, der' seit
40 Jahren weder Wein noch Bier trinkt und auch nicht raucht;
er crgählt, datz er ini Jahre 1870 der älteste Fuhrlvcrksbesttzer
war, Äer noch Fuhrdicnste keistete. Wie fast alle, hött auch
Kuott (93) sehr wenig, kann aber noch alles lesen, raucht
nicht, schuNpst aber stark, trinkt weuig Bier, licbt aber 'sehr ein
Glasl Schnaps. Knvtt hat sehr viel durchgcmacht; so rannte
ihn vor 6 Jahrcn cin Stier so unglücklich nicdcr, datz ihm sein
Messer das ganze Bcin ausschlihte; Folgen hatte aber dieser
Unfall nicht. Grcmmer ist ini allgemeinen ziemlich gut
beisammen und seit langen Jahren nicht krank gewesen. Bier
schmeckt ihm sehr, aber er verträgt cs nicht gut.
Schon vor 62 Jahren war Schlemcr (92) in München
als Tuchmachergeselle. „Damals," meiiit er, „hat d' Stadt
München no net sö viel Platz braucht und is noch net so b'setzt
g'wes'n wie heut." Schlemmer zeigt cine nevvöse Unruhe, ua-
mentlich beim Photogi-aphiercn, gibt aber ganz energisch und
sehr vernehmlich auf allcs Antwort, dabei ist er sehr neugierig
und intercssiert sich stark für alles, was um ihn vorgeht; er
schnupft und ttinkt noch Mvn Bier. — „Der Appetit wär' schon
gut, wenn 's Essen immer langet," meint Haddev (92-jährig.
Gemeindearmcr). Er ist Junggeselle und schnupst und möchte
Bier. Körperlich und geistig gut ge'stellt, klagt er lcdiglich übtzc
das Auslaffeu der Fütze. Storr (im gleichen Alter) sollte
vor 2 Iahreu mit, bckam aber — obwohl bis dahin noch fleitziger
A-rbeiter — den Altersbrand in einer Weise, Latz man nahe
daran war, ihm den einen Arm cvbzunehmen. Sieine zähe
Natur hat das nochmals überwundcn.
Man sieht, datz die Lebensgcwohnheltten. der Apostel sehr
verschicden sind, datz starkc Raucher und Biertrinkcr ebenso
körperkich iind geistig regsam sich zeigen, wie -Enthaltsame.
Alle aber haben bis vor wenigen Jahren noch fest gearbeitei
und rühren sich jeht noch so, wie cs iu ihreu Krästen steht. So-
mit wäre die Arbeit — und zwar fast bei allen schtvere kör -
Die heutige Nummer umsaßt drei Vlätter zusammen 14 Seiten