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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-125 (1. Mai 1905 - 29. Mai 1905)
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Montaa. 29. Mai 1905.

Erstes Blatt.

47. Jahrgang. — Nr. 125

Trsch<

eint tägltch, Sonntags ausgenommen-. Preis mit Familiettblättern monatlich SO Pfg. in's Haus gebracht, bei ber ExpeLiticm und den Zweigstationen abgeholt 40 Pfenntg.

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«n

Tainsi^, -^f»he, 28- 'Mai. Das Landeskriegerfest wurde
>N 3 N'üh 10 fihr eingeleitet mit dcni 25. Abgeordnetentag,
8elc>^< ^>^rne tilngelegenheiten des Verbandes zur Besprechung
8r<r^, Der Äbgeordnetentag nahm eincn schanen, pro-
^!>ßte §i^» Berlauf. Der Präfident, General Fritsch, bc-
d>ärtin<.^^ zahlreich erschienenen Ehrcngästc, Vertreter aus-
öandx» ^^»ndesverbände und den Ehrenpräsidentcn des Ver-
^bendej, fis.»°>-»> v. Rödcr, sowie die 55 Gauverbandsvor-
^etera^,' vollzählig anwesend waren. Das Ergebnis dcs
^»ban^ -»^^ soll 270 000 Mk. sein, in Zukunft kann der
8eber, I»hrlich etwa 60 000 Mk. sür Untcrstützung>:n «us-
^OOo Reinertrag des Verbandskalcnders 1905 ergab

^^ntao die Untcrstühungskasse. Der nächste Abgeord-
Pri»z ? ^^.06) wird in Endingen stattsinden. Dic Hcrren
§^nmfi ^»»>enstein und Kommcrzienrat Rciß wurden zu
Herban!,-^"^.orn crnannt. Um die Mittagszeit wurdcn das
niiteeZ , bräsidium, die Mitgliedcr dcs „Beteranensank"-Ko-
dr>m Gr Gau- und Vcreinsvorstände im Reüdenzschloß

. nber i, c^rzog empfangcn. Die Generale Fritsch, Frhr. oon
Deimling überkbrachten dem hohen Protektor die
ice fin, »!?>° dcs Verbandes nnd das „Beteranendank"-Komi-
^oßhcr^"^ ^ie Urkundc über die Sammlung, welche der
Oin sogleich dem Militärvereinspräsidenten übergnb.

^Hitärv^. - empfing der Großherzog die Vertreter der
^haß^ j.f°i»^rbände von Bahcrn, Württcmbcrg, Hesscn,
wnd D,A^>ugen, Pfalz und vom Khsthäuserbund. Alsdann
i- geno^^oß große Fefttasel statt, an der anßer dem Hose
Ü^»de z^»^°» answärtigen Vertreter sowie sämtliche Vor-
M Gauverbände teilnahmen. Während dcr Dafel

ÄendeLder- "

Larrdeskriegerfest.

Vor-

er-

. ... Grotzherzog nnd richtete an die Anwcsenden fol-
^MPrache:

»11«^,^»° verehrtcn Anwesendenl 'Jch bin hocherfreut, Sie
ei^ ' ivillkommen zu heitzcn und zu begrützcn. Es ist mir
^ilen besondere Befriedigung, in Jhrer Gemeinschast
können. Jnsbesonderc äber begrühe ich heute das
^>ndesÄ>- ""s' bie Herren Gauvorsihenden des Badischen
Exfgss "Militärvereins-Verbandes. Jch verbinde damit die
dg-tz <äi»8 oiner werten Pflicht, der Pflicht des Dankes dafür,
^»str i'i- 25jährige Jubiläum meines Protektoratcs in
Gl L^E>hen und schönen Weise begehen wollcn.

'ti^ »»ben Sie, mcinc Herrcn, datz mcine Dankbarkeit sehr
»»ck ."hlunden ist, und daß fie fich, so gut ich es vcrmag,
Di^Ä^ durch die Tat erweifcn soll.
yeloss/ Jahre haiben mir nur die fchönsten Erinncrungen
berküiOO >ch de» Entwicklungsgang des Landesvereins

^rka-

—nm ^nnte, in allen seinen Teilen und immer mchr
der^ s:,^' kxUche ausgczeichneten Kräfte in demselben vorhan-
l«ist/„ , »»d durch ihre Vcreinigung fo außerordentlich diel
Ä k°nnten.

k»ssen .»» »ber bci dem Rückblick auf dicse Zeit nicht nnter-
.^ero<^'»°». »»rh viel weiter zurückreichcnden Blick auf die
da^j^llenheit zu werfen. Dicfer Rückblick geht in die Zcit,
te» >. »>er zu Lande schwere Ereignisse durchzumachen hat-
»nd ^ dann aber zur Wiederherstellung der ganzcn Kraft
d>e i^Ä»»»8 gcführt haben. Diefe Wicderherstcllung ist cs,
chen »»huuloßt, Jhnen gcgcnüber dasjenige auszuspce-
d?r ÄI»'' »>>r besonders dabei am Herzen licgt: für die Kraft

iM wo^' ' ' ... " "

d^worder

>»hrte^^^"' Pr>»3 v»» Preußen hier den Befehl

8a»,„'g^r hat schon damals darauf hingcwiesen, daß die
^°>»va, - ^ Heeres darin besteht, die Ausbildung der
banixs.-r^ >w zu führen, daß dic Sellbftändigkeit des Kom-
dann a ^»° Geltung kommen kann. Dies ist

8a»i. »M erreicht worden, und darauf iberuht noch heute die
stnd Kraft unseres Heeres. Die Erfolge von 1870—71

^vhren Einrichtung begründct. Das, was aus den

"er^^ >okO—71 entstanden ist und auch die Kriegevvereine,

wie wir sie jetzt erkennen, ist der Grundstein ge-

e r >» der Zeit, da unser großer Kaiser Wilhelm

- wroß«., " " ' " ' ' ' -

- _,____ ___

^»lge ^878 Legründet wurde, das ist alles nur cine

»>ne

. >eser ausgezeichneten militärischen Erziehung. Tenn
»»s ds-^^»»6 »>uß es sein, die uns zusammenführt nnd
fiuer sn gibt, dasür einzutreten, was uns he-ilig und
^»kanni ' ^^»^. das ist zum Glück auch bei uns eben Samals
den »»d später im größeren Maßstabe durchgcführt wor-


weine Herren, werden Sie gewiß mit mir crken-

-E» doi, .^ierrei

«nk'a^-,» de» RLckbkick bcrechtigt ist. Abcr wir wollen an die
be» denkcn. und da gilt es, alles, was Sie, meine Her-
h»Itei, ^»»desverbandes, geschaffen haben, ausrecht zu er-
c»»F «i^" dcscstigen und zn vermehren. Diatz die Vermeh-
h^»te r> ^» iolchen Maßstab genommen hat, wie Sie mir
ich haben in Jhrer werten Adresse, das, muß

k^nt rmch in hohem Matze überrascht, aber auch er-

»>2n'g?», »>>» zu einer fo hohen Zahl gedichen sind, wie
, Alsy' im Jahre 1873 nicht gedacht hätte.

^» tvix' i»^»>e Herren, halten wir fest zufammen und arbci-
^r8aiiii-.IL>»er und immer wieder an der Vcrstärkung der
, Dic die stch bewährt hat.

ber Ko^>?»'!°°dände betrachte ich guafi als die Fortsetzung
^f»ktc L. »wvcrbändc, weil da die Mkäglichkeit ist, eine
^ >»N>i.», »E»>rkung ausübcn zu können. Und diese üirektc
'drobt do^-^^» '» letzten Jahren so reichlich er-

-n Wenn^-^L es nicht gcnug loben kann.
cl»»desv<, »un mein Glas crhelbe, nm auf das Wohl des
MNen^ ass 8» lrinken, so beginne ich damit, dah ich

s °derhni ^ Anwesenden, zunächst meinen Gruß von neuem
londerz /.»»d bitte, mit mir anzustoßen. Aber ganz bc-

'7»»d«z d^c '" - — -- ----- - -

ich mein Glas auf das Wohl des Landesver-

i!!»»»en »k'.bwar bittc ich Sie, mit mir in ein Hurra einzu-
'^000 die durch die Gauvcrbände hier ivertretenen
Sic »8>>rder, die nun dcn Landesvcrband bilden.

die nun den Landcsvcrband bilden.
Lent^^E» strrne mit mir das Hurra ausbringen auf
'»s-wetz,.' °i° »>it solcher Hingeibung sich dem schöncn Vcr-

die n!f..,»>rrden

widmen. Also diescn ein treues
Hurral Hurral Hurral

Generalleutnant Fritsch danktc namcns des Verbandes.
Nach der Tafcl vcrwciltcn die Großh. Herrschaftcn noch bis
gcgcn 6 Uhr im Kreise i-hrcr Gäste und licßen sich sämtliche
Hcrrcn vorstcllcn. Nbcnds sand im großen Fcsthallcsaal cin

Festbankett

statt, dem ncben ciner stattlichen Anzahl von Vcrtretcrn der
Zivil- und Militärbehördcn auch dcr Erbgroßhcrzog anwohme.
Exz. Frhr, v. Rödcr cntbot dcn Erschicnenen cincn hcrzlichcn
Willkommgruß. Pros. Fischer-Karlsruhc hielt die Festredc.
Dcr Erbgrohherzog brachte eincn kurzen Toast anf den Kaiser
aus, dic Vcrtreter des württcmbergischen und hessischcn Ver-
lbands, sowic dcs Kyffhäuserbundcs überbrachten Glückwünsche.
Oberstleutnant a. D. Heusch feiertc die früheren und den
jetzigen Präsidenten, Ganvocksitzender Kopp-Freiburg das Vater-
land, das fchöne Badncrland, Rcchnungsrat Schwaninger-
Karlsruhc die Armec.

Am Sonntag Vormittag nach Schluß dcr Festgottcs-
dienfte Icgtcn Mbordnungen an den Denkmälern des Prinzen
Wi'lhclm, des Fürsten Bismarck und an den Kriegcrdenkmalen
Kränze nieder. Nach dem Mittagessen nahmen die Gauver-
bände Aufftcllung zum

Parademarsch

auf dcm Schloßplatz, wo sich punkt 3 Uhr der gesanrte Hof ein-
fand und untcr einem Baldachin Platz nahm. Links und rechts
davon ftand in malerischcr Gruppierung das gesamtc aktive und
Refcrve-Offizicrkorps der Re'sidenz mit der Generalität an der
Spitze. Gcneralleutnant z. D. Fritsch brachte in ku-rgen marki-
gen Worten ein Hoch aus den Protektor aus, der zunächst eincr
Anzahl Vereine Fahnenmedaillen verlieh und dann den Parade-
marsch abnahm. An der Spitze ües graßartigen Zuges mar-
schicrten die Generale, dann folgten in cÄva fünfzig Droschken
die Jnvaliden und Kricgsveterancn, unter denen besonders die
immer noch rüstige Gestalt dcs 92 Jahrc alten ehemaligen
Leibgrcnadiers Altbürgermcistcr Oser aus Steinbach ins Auge
ficl. Jhnen schlossen sich, nach Gauverbänden geordnet, etwa
17 000 alte Soldaten an. Jn strammer Haltung, den Stock
oder Schirm angefaßt, zogen die wackeren Männer in Sektions-
kolonnen vorüber, den hohen Protektor mit stürmischem Hurra
begrüßend. Der Großherzog dankte uncrmüdlich für die impo-
sante Huldigung, dic eine volle Stunde dauerte. Um 5 Uhr
versammelten sich die Wereinsvorstände mit den Spitzcn der
Zivil-, Militär- und städtischen Behörden im großen Festhalle-
saal zum

Festakt.

deni wiederum der gesamte Hos anwohnte. Exz. Fritsch warf
einen kurzen Rückblick auf die Geschichte des Militärvcrcins>-
verbandes und gedachte in warmen Worten der großen Ver-
dienste des Großherzogs um seine gedcihlichc Entwicklung. Jn
das dreifache Hurra auf den hohen Protektor stimmte das
dicht gcsüllte Haus mit freudiger Wegeisterung ein. Dcr Prä-
sident des KhfMuscrverbandes E^. Winncberg, überbrachte
die Glückwünsche der deutschen Militärverbände. Dann er-
griff der Großherzog das Wort und hielt mit weithin schallen-
der, krästiger Stimnie folgende packende Ansprache:

Meine verehrten Anwesendenl
Wcnn ich das Wort ergreifc, um Jhnen meine Gefühle
auszusprechen, so fühle ich doch dic Verpslichtung, zu allcrerst
meinen Dank zn sagen denjenigen, die dem Lande nicht an-
gehörcn, die gckommen sind, um uns diese Frcnde zn bcreiten.
Ja ich sage diese Ehr« zu evweisen. Die Vertreter allc, die
zu diesem Feste gekommen sind, ersnche ich, ihren Gemein-
schaften den herzlichsten und wärmsten Dank zu sagcn, dah
sie an unserem Feste teilnehmcn. Sodann aber dankc ich
dem Präsidenten für alles, was cr frcundlich ausgesprochen
hat über das Protektorat. Meine Freundel Das Protektorat
ist zwar eine schöne Anfgabe an und sür sich, aber sie wird
dadurch geheiligt, kann ich sagen, gekrönt und vergröhert,
wenn sie vcrbunden ist mit dem Vertraucn, das Sie mir allc
in dieser Zeit entgegcngebracht haben. Jch glaube heute ins-
besondere auch alte Kameradcn hier zu sehen, die noch die
großen Ereignisse mitgemacht haben, von denen ich nur 1870
bis 1871 nennen will als dasjenige, was uns heute noch so
in Anspruch nimmt, daß wenn wir von dem Kriege sprechen,
wir uns sagcn müssen: Gott sei Dank, datz wir es erreicht
habenl Denn was haben wir erreicht? Das Deutsche Reichl
Und das konnte nur erreicht werden durch die Kraft der
Nation. Und zu dicser Kraft ha'ben Sie alle wesentlich bei-
getragen. Das ist und bleiibt eine Erinnerung, die un-ver-
gänglich ist und die — ich sage es Jhnen in treucr Teil-
nahme — Sie anf die Jugend -verpflanzen mögenl Die
junge Generation weih noch nicht, was es heißt, für große
Jnteressen zu kämpsen; denn sie hat nur Fricde, Freude und
Befriedigung crlebt. A-ber ich ermahne Sie alle, Sie ältere
Teilnehmer an großen Greignisscn, lehren Sie mehr und
mchr die jungen Leute, was es heiht, kämpfen um eine große
-Sache. Es handelt sich nicht nm die -Worte, nein, um den
Geist, um die Ueberzeugung und die Kraft des Wollens, denn
wenn man will, so kann man auchl

Und man solll Und das letztere, das bitte ich Sie, der
J-ugend recht vo-rzustellen. Denn das Sollen ist mit Künnen
und Wollcn ver-bunden, das Eine oder das Andere ist nicht
möglich. Sic alle haben crfahren, was es heißts stch zn sügen.
Eie wissen, was Disziplin heißt. Unb das müsscn wir hoch-
halten l Dafür müssen wär alle wirken, daß die Jugend lernt
und erkennt, was es heißt, stch zu unterwerfen. Die Unter-
wcrfung ist aber nicht so zu nehmen, wie man sie bielfach
auffaßt: zu Wodcn. -Nein l Hoch auf. muß man gehcn! -Und
wcnn man -gute Ue'be-rzengungen hat, so- ist die Disziplin
nichts anderes als Sellbstbcwußtsein, verbunden mit der
Selbstlosi-gkeit, diie allein imstande ist, Großes zu leisten.
Also Freunde! Ermahnt nach allen Richtungen die Jugend,
daß sie «uf dem guten -Wege bleibt und sich mehr und mehr
bemüht und erhebt zur ganzcn Kraft, die notwcndig ist,
Großes zu leisten. Jch spreche so zu Jhnen, weil ich weiß,
daß Jhre Herzen crfüllt sind von ähntichen Gcdanken. Die
große Mehrheit dcr Anwesendcn ist im Alter schon we.it vor-
geschritten und hat dadurch Erfahrung erlangt. Die Er-

sahrung aber ist im Leben unenülich viel iwert und mit der
werden Sie alle noch viel leisten können. Mein ganzes Herz
schlägt Jhnen entgegen mit deni Vcrtrauen, das man nur
erlangen kann, wenn man so lange mit eänander gehandelt
und geatbeitet hat.

Und wenn Säe nun die 25 Jahre feiern, in denen es
niir vergönnt war und heute noch vergönnt ist, das Protek-
torat zu üben, so wünsche ich dem Verband noch lange, viel
längere Jahrc zu seincm Gcdeihen, zu seinem Erblühen, zur
Befestigung seiner schöncn Einriichtungen. Aber allem, meine
Freunde, müssen Sie voranstellen d-ie Vaterlandsliebe. Diese
aber muß verbundcn sein heutzutage mit nationaler Empfin-
dung und das möchte ich Jhncn ans Hcrz le-gen: National
müssen wir alle sein! Wirken Sie, wäe Sie es nur können,
daß dieser Gedanke immer stärker, immcr krästiger wird.

Jch schließe mit diesen Worten und fordere Sie auf, den-
selben den Ausdruck zu geben, den wir so gcrne in den Mund
nehmen, wenn wir desscn gedenken, der an der Spitze deS
Rc-ichcs steht. Wedenken Sie alle, daß, bevor der Krieger-
bund bestand, -wir noch keinen Kaiser hatten. Aber jetzt er-
freuen wär uns dessen und wir wissen, daß das die Reprä-
sentation der Krast, der Stärke und der Gröhe ist; denn wir
sind nicht nnr Großmacht, wir sind Weltmacht geworden.
Da glaube ich den richtigen Ausdruck zu finden, -wenn ich
Säe auffordere, mit mir zu rufen: Seine Majcstät Kaiser
Wilhelm II. Hurral

Dcr Eindruck, den däe Rede des Großherzogs hinterließ, ist
unbeschreiblich. Eine lautlose Stille herrschte in dem großen
Saal. Mit gespanntester Anfmerksamkeit solgtcn alle Än-
wesenden den goldenen Worten des greisen Landesfürstcn und
manch wackerem Beteranen rollten vor Rührung die hellen
Tränen über die Wangen.

Zum Schluß rezitäerte Hoffchauspieler Heinzcl eine sinn-
reichc, von ihm sellbst versaßte Dichtung, die lcbhafte Anerken-
nung fand. Der Großherzog zog zahlreiche Militärs und Be-
teranen ins Gesp-räch; während Tausende im prächtigen Stadt-
garten Erinnerungen austauschten. Das herrliche Fest, zu
dessen gelnngenem Verlauf das prachtvolle Wetter niöA wenig
beitrug, wird den Teilnchmern stets in angenehmster Erin-
nerung bleiben.

Vom Kölner Gewerkschaftskongretz.

(Siohe zw-Ätes Blatt.)

K ö l n, 27. Mai. Jn der heutigen 'Sitzung des Kon-
gresses der freien Gewerkschaften Deutschlands wurden
alle Unträg-e bez'üglich der Maifeier zurückgezo-
g e n und beschtossen, es bei der Erörterung beävenden zu
lassen. Der Vorsitzende -Bömelburg beuierkte -hierauf: Jch
kann jedettfalls seststellen, dah ber Gewerkschaftskongreß
mit der jetzig-en Art der Wdaif-eier uicht einverstaltden ist
un'd sins Aenderung für notwefidig erachtet. Da aber bie
M-aifeier -auf eineM Beschlusi d-es intern-ationalen Kon-
gresses beruht, so wollen wir die Aeuderung diefem über-
lassen. Wir g-eben nus ber Hofsnuug hin, daß der nächste
internationale Kongretz in Stuttgart 'die Frage etwas
eingehender behvndeln wtrd, zumäl er sich diesmql mit der
politischen Taktik nicht wwd zu be'schäftigen brauchen. Jst
'das 'die Ansicht des Kongress-es? (Allseitige Rufe: „Ja-
wohl!") Die Gewerkschaften uehmen- «Iso no-ch öinmal
Rücksicht vus d'ie Beschlüsse der internationalen Kongresse
ber pülitischen Sozialdemvkratie, aber sie lassen keinen
Jweifel daran, -daß sie dies nicht gerne tun. Schon bei der
Begründung seiner Resolution hatte Schmidt darauf
verwiesen, Laß die Engländer unb Franzofen, denen folchs
Beschlüsse auf den internakionialen Ko-ngressen in erster
Liniö zu verdanken feien, es sich auch nicht imgering -
ften einfallen ließen, ihre internationalen Ver-
pflichtungen iihverseits zu erfüllen. „W i r
sind ja 'diejenigen, >die -es immer sehr ernst
nehmen mit internationalen Verpflichtungen und Kon-
greßbeschilüssen; unsere Freun>de im Ausland tun das
m-cht. Dann sollen sie äber auch- nicht Andern Verpflichtun-
gen aufeol-egen, die sie felbft nicht -erfüllen. Wir haben ihnen
in Amster'dam fchon die Wahrheit gesagt, leider nur auf
unsern Berufskongrefs-en; wir wollten es auch auf dem
Hauptkongreß, aber wir kamen üb-er bem 'Streit um die
Taktik nicht dagu." Eine ganze Anzahl Redner nahm
nachher die Parole auf: Wir dürfen uns vo-n interimtio-
nailen Kongressen nichts aufzwingen lassen. Es wurde
verlangt, baß endlich einmal Stellung genommen werde
zu der Z u s a m m e n 's e tz u n g und dem Abstim -
mungsmo >dus -Lies-er internationalen' Kongresse. Auf
dem nächften internationalen Tage in Stuttgart dürfe
man es si-chi nicht mehr gefallen lassen, daß die Raubstaa-
ten im Bal'kan ebensoviyl Stimmen haben, wie die Ver-
tr-etungen der Nationen mit groß-en Arbeiterorganisatio-
nen in wivtsch-aftlicher und Po-Iitischer Beziehung. Wenn
man einfa-ch auszuführen 'habe, was internätional-e uud
Parteitage dekretieren, 'dann brauche man keine Gewerk-
fchaftskongresse. „Me Engländer, Botokuden und Chine-
sen lassen -wir darüber beschließen, was unsern deutschen
Arbeitern frommt."
 
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