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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-125 (1. Mai 1905 - 29. Mai 1905)
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-Donnerstag. 18. Mai 1905

" Erstes Vlatt.

47. Jahraang. — Nr. 116

^rscheint täglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit FamilienLlättern monatlich SO Pfg. in'» HauS gebracht, bei der Expedition und Len Zweigstationen abgeholt 40 Pfg.

Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. auSschlietzlich Zustell gebühr. . .

"^igenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige GeschäftS- u. Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
^öestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anfchlag der Jnferate auf den Plalattafeln der Heidelberger Zeitung u. den städt. Anfchlagstellen. Fernspr. 82.

^ Das kleine Konzil in Metz.

war um> den Kaiser ein k I e i n e s K o nz i I,
^ordi^u schErzend fagt, versammelt, nämlich autzer den
Und Een Kopp und Fischer auch- >die Bifchöfe von Metz
Ssratzburg. Uuch der Reichskanzler war be-
d. ^ anwefend, ferner der Minister v. Budde und
AnchEs ist begreiflich, datz man an diefes ftarke
^rchlicher und politischer Würdenträger allerlei
einx ^ .^llen knüpst. Jnsbefondere fragt rnan fich, ob
T>entsn?^re Annäheritng zwischen dem Vatikan und
den kifs ^ LEplant wird und ob di-efer Plan vielleicht mit
dnng ^rnpolitifchen Dor-gängen in Fra.nkreich in Verbin-

vn Die ,,-Germania" deutet etwas Derartiges

' Äv!

^r auch ein Artikel der „Köln. Ztg." kann in die,
Der Artikel soll von einer
mit Kirchenkreifen in engfter

i eni Kn

Persch,,"^ ausgelegt werden
Fnhinn- ftammen, „die

iühxj. tzeht." Jn> diesemi Arti'kel wird- u. a. ausge-
in ch ^ wüsse sich jetzt angesichts des Verlaufs der Dinge
^achpn"Ereich zeig-en, o-b> die katholischs Kirche ih-re Vor-
^rin'- ung in den romanischen Ländern zu erha-Iten
^raft ob ni-cht die Kirch>e d-er Neuzeit ihre letzte

»Ngx F.rrn Kern der ihr über-h>aupt noch verbleibenden
tistw Stärke in den Ländern und Völkern suchen
sr^rnh' ^ s^r im Verhältnis zu den romanischen wesens-
^ersg ^rgenüberstehen, nämlich den saxo-germanischen.
w 6eder Romanismus in Frankreich, so trete die Kirche
k>ilh neuen Abschnitt ihres Werdegang-es. Das Sinn-
'bsstbe - Einheit des katholischen Glaubensgedankens
^scht s-H verkörpert, aber sein Mark, sein Schwerge-
E>?r s-z dann in der angelsächsischen Rasse; die Qnellen
Pju derbleibenden Kraft sliehen nicht mehr aus roma-
Nichs ^ Boden. Schon zur Zeit Leos XIII. habe es
^uerkennung-en der Tatsache gefehlt, dah der
sopz ^^swus sich> die beste Stellung nicht in romanischen,
su den germanischen Ländern errungen habe. Es
lich^^^uun Lie Frage, -o-b sich Rom bei dem voraussicht-

^öeständnissen an das deutfche Element verftehen
^strnkk, ^°^täufig hoffe noch> der Papst, die droh-ende Ka-
llouo x ^ 3u beschwören nnd einen sögensreichen Aus-
E>ex ^^izuführ-en; aber es sei doch sehr gweifelhaft, ob
sthasi ^ogültige Zusammenbrnch> der romaüischen Herr-
sei, ^ ^uerhalb der katholischen Kirch-e noch aufzühalten
Eitjsch ^ äesmegen müfse man die sich aus dieser kirchettpo-
sup„ " ^age ergebenden Fragen einer ernsth'aften Prü-
^ergichen.

"Täglich-e Rundschau" und der „Hcmnoversche
^ariu- . dfhchen, durch' die Metzer Vorgänge veranlaht,
^latt^re Stimme. So schreibt das erstgenannte
shcht D'^'Uh Rom eine Rückendeckung gegen Frankreich
iiichssi^ berständlich, und daß von dem gefamten „angel-
llepA ^äerman'ischen Kath-olizrsmus" — wo b^leibt übri-
y>,^^^Eich-Ungarn, Roms Lieb-Iingstochter Nr 2 ?
n-oä^^tch^nd für sei


uuten, sich -gegenüber Frankreich als Wauwau ge-
Zu lassen und als Erbf'ch'aftslüsterne für di-e rö-

- —feine Zwecke in Frage kommt, ist

-. Une weiteres klar. England nnd Nordamerika wer-

StadttkeaLer.

U,I.


X Heidelberg, 18. Mai.
Opcr in 2 Akten von 'Lu'dwig ban Beethovcn.

s>s>"ri, 'f '^retter unscrer hicsigen Bühnc eine Opcr -gchen zu
seiu ^stelchxr ihr Komponist musitalischen Ausdruck suchte
-geT„Mgen nach Freiiheit von jedcm Zwang und scine Ab-
y,.st,ledc Tyrannei. — Sollte man richtig erkann-t habcn,
hs^^Iio" U?rtige Feier üer Freihcit gcrade auch Beethoven's
2,Us ^ -P? Wir sehen kcincn Grun'd ein, hier anderen. Glau-
Einc Feicr der Freiheit nannten wir Fi-delio,
^ädc uer unendlichen 'Gattenliebe ist diese Oper zugleich.


o, ' "rgn- datz der Urotze Ton'heros in -diesem 'seinen ein-
sich , iMstchen Versuch seincn beiden grohen Lcidenschasten,
^'chseii^" Hngemesscne zu steigern vermochten, seincr Liebe
y, , isz^, n,' Hatz keinen Zwang auferlegte, ist dieser einzige dra-
g^tche wii-^s^ch ciner herrlichen Vollendun-g entgegengegangen,
f cheute im.mer wieder von neucm bcwunbern müssen.
pNzj» UM k - - - — .

..chNl dem im Fidelio liegenden Thcma den richtigen,

'eF Uiusiktzr--v" inunkalpchen Ausüruck zu geben, gehort«
>>^Uschx,:,stlch^N Begabung eines Beethoven auch desscn ganze
E>ic b,- z Subsektivität dazu. Denn wcr kennt wo-hl heute
ZoN schwachen Versuche der Beethovcn varausgcgan-

y» chei? g-F Fidelio-iStoff müsikalisch zu 'bearbeiten, von
y.stn, drn m'-' ^rsuchen wir nur den besseren und gelunge-
.'>'erre Gavcaux' („Leonore ou 1'amou.r conjugal")
wmfs Zwar ist auch Beethoven-s Leonoren-Drama
h^-')cher Nm?«" das Lob höchster Vollendun-g und künst-
Zd-- U uick,?, ^^?Enheit zusprechen könnten — dem Werke
kj^UTel wenige und oft recht anschnliche, leicht vermeidlichc
E'gex - allein, gcrade das Jnteresse, wclches Fidelio als
ünde geführter dramatischer Versuch Beethovens

mische Liebe -auch nur in Verdacht zu komm-en. Bei
Deutschland ist das nicht ausgeschlossen; denn unsere Po-
litik gögenüber Rom ist immer mit soviel Romantik und
soviel Ilnkenntnis römischen We'sens gesättigt gewesen,
daß das Schlim'inste und Dümmiste Ereignis werden
könnte. W-er bei einem Bündniss-e zwischen Rom und
einem konsessionell gespaltenen Staat mit protLstantifcher
Spitze und katholifcher Parlamentsmacht die Zeche be-
zcchl-en müßte, lehrt di-e Geschichte römischer Kirchen.
politik jeden, der überhaupt aus der -Geschichte etwas ler-
nen will, und daß es unserem Anfehen unter .den Völkern
und der sich entwickelnden Menfchheit mcht niitzen w>ürde,
w-enn wir Frankreich in seinem v-orbildlfHen Emanzi-
pationskampf in den Rücken fallen würden, braucht auch
kaum erwiefen zu werden."

DeutsÄLs Neich»

Baden.

Karlsruhe, 17. Mai. Der Kaifer hat dem
Staatsminister Freiherrn von Düs-ch den Roten Adler-
orden 1. Klasse verlichen.

Aus der Karlsricher ZeitUKg.

— Durch Entschlietzung Grotzh. Steucrdirektion wurden im
Einverständnis nnt Grotzh. Z'olldireNion Steuepkontrolleür
Anton Rauch 'bei 'dem Finanzamt Tau'berbischofsheim zu je-
nem in Bretten und Hauptamtsassistent Emil Stolzer bei
dem Hauptsteueramt Karlsruhe zu dem Finanzamt Taüber-
bischofs-heim zur Versehung einer S-teuerkontrolleurstelle da-
selbft, bcide in gleicher Ei-genschaft versetzt.

K arIsru h -e, 17. Mai. Dcr Grotzherzv-g empfing
heute Vormittag halb 10 Uhr den Generaladjutanten Ge-
neral der Artillerie von Mtiller und beanftra-gte ihn, sich
heute Mittag nach Baden-Baden z-u begeben und den
Großsürsten M'ichael von Rußland, welcher heuts Nach-
m-ittag dort eintraf, im Namen der höchsten Herrschaften
Zu begrüßen. Um 12 Uhr -erteilte Seine Königliche Ho-
hcit der Großh'erzog einer Wordnung des Badischen Leh-
rervereins, bestehend- aus dem -Obmann Hauptlehrer
Bauer in Weitenung, dem Schriftführer Hauptlehrer
Eiermann in Achern und dem R-echner Hauptlehrer Zä'h-
ringer in Waldulm Audienz! und 'nährn von denselben das
Werk: Geschicht-e der Entwicklung des badischen Volks-
schnlwefens entgegen. Heut-e Nachmittag halb 1 Uhr fand
-auf Anregung der Grotzherzoglichen Herrfchaften eine
W i e d e r h o I u n g der mü 9. Mai irü Gymnasium statt-
gehabten SchiIlerfeier im Großh. Schlosse ftatt, zu
der eine größere Anzahl Einladungen ergangen waren.
Am Abend hörte Seine König'Iiche Hoheit der 'G'rotzherzog
die Worträge des Geh-eimerats Dr. Freiherrn von Babo
nnd des Legationsrats Dr. Seyb.

Die Spiele der Oberrealschule.

td H e i d eIb- e r g, 1'8. Mai.
Der Spielbetrieb an unferer Oberrealschule ift durch
zwei Eingaben an den Oberfchnlrat und an diese fich an-
schlietzende Erklärungen in der Presse Gegenstand einer
Diskussion gew-orden, so d-aß es den Lesern diefes Blattes

. in sich birgt, fowie die trotz aller Schwächen grotzartigc Bear-
! beitung des Treitschke'schen Librcttos lassen -doch stets wieder
die grotzcn Vorzügc dieser Oper in hellstem Lichte erscheinen,
j und leicht sieht man über die Mängel >des Werkes hinweg.

!

Dic gestrige „Fidelio"-Aufführung an unserem Stadttheater,
welcher wir erst vom eigentlichen Anbeginn- dcr Oper bciwohn-
ten, tag in den Hän-den des Opern-Ensembles des Karls-
rnher Hoftheaters. Das Orchester hatte Hei-delberg ge-
stellt; es wurde — das sei vorweg gesagt — der ihm so crwach-
senen ungeheuren Aufgabe leidlich gerccht. Wir sind so ehr-
lich, Lob und Tadel richtig zu vcrteilen, und wollen- so unser
bewährtes Staülorchester auch nicht ganz von Schnld und Fchle
frcisprechen. Unü cs hapcrtc man-chmal im Tempo- sowohl als
auch in Reinheit befonders bei den Bläsern-. Wenn man sich
aber auf der andern- Seite die gewaltigen technischen Schwierig-
tciten der Jnstrumentation un-d die oft ungeheuren Anforde-
rungen vergegenwärtigt (das Orchester hatte unter der Leitung
des Herrn Lorentz nur eine Pröbe. D. Red.), welche -hier Beet-
hoven an Orchester söwohl als au-ch an ü-ie Sänger stellt — und
wie mancher der besten Mihnenkünstlcr und Kapcllmcister geht
nur mit Zagen an eine Aufführung von Fidelio — so mutz
man >üer gestrigen Fidelio-Aufführung grötztes Lob zollen, an
dem mit e-inem guten Teile auch unser städtisches- Orchcster par-
tizipiert. Von ciner Wiedergabc der Leonoren-Onverture,
wclche man vor dem 2. Akt .zu hören -gewohnt ist, muhte
man Zeitmangels halber äbfehen. Ganz auf der
Höhe ihrer Auf-gabe standen die Karlsruher Sänger, Herr von
Bongar'dt ausgenommen, desscn Minister sowohl gesanglich
als auch darstellerisch hinter den -Gesa-mtleistungen recht stark
zurückblieb. Dagegen waren Prachtleistungen der Florestan
Les Herrn 'Bussard, der Fidelio des Frl. Fatzbender
und der Kerkermeister Rwcco des Herrn Hans Keller. Vor
allem Herr Bussard sang den Flvrestan, wie wir ihn selten
schöner und- ergreifender gehört haben; und an dem vortreff-
lichen 'Gelin-gen der schwierigen Kerkerszene war ihm der grötzte

erwünscht sein wird, Zn hören, von welch-en Gesichtspunkten
aus die Keitung unserer Qberreäls'chule die Spielfrage be-
urteilt. Was wir -hterüber in Ersährung bringm konn-
ten, ist Folgendes:

1. F u ßb a l l f p ieI. Als Herr Direktor Wittmann
im Frühjahr 1897 hierher kam, fand er eine lebhafte Er-
örterung im Gange über die Vorteile und Nachteile d'ieses
Spieles. Er h-atte äls Primaner zwei Winter lang sekbft
Fußball gespielt und' war deshalb imstande, sichi persön-
lich ein Urteil über di-e Frage der Zulässigkeit des Spte-
les Zu bilden. Das Ergebnis aller Besprechun-gen und Er-
w'Lgungen war, dcrß auf seinen Dortrag hin der Beirat
der Ob'errealfchul-e fein Einverftändnis damit aussprach,
daß der seitherige Betrfeb dss Fußballfpiels mit Rück-
sicht anf dte vielfachen, mit diesem Spiel verknüpften Un-
fälle aus dem Kr-eife der Jugendfpiele der hiesigen
Oberrealfchule ausscheide. Bei Beginn des Winters 1897
ließ der Direktor in d'en Klassen vevküyden: „Den Ober-
r-ea'lschülern ist es untersagt, auf Spielplätzen, die frem-
-den Anstalten gehören, oder mit Schulern ander-er Schu-
len Fußball zn fpielen. Aus unferem eigenen Spielplatz
-unter der neuen Brücke bleibt das Fußballspisl bisauf
Weiteres verboten." E-s sollte einer weiteren
Prüfung vorbehalten bleiben, ob in irgend einer Form
innerhälb der Schulgemeinde die Wiederaufnah-me des
Spiels sich ermöglichen ließe. Der Direktor hat es feit-
dem auch nicht unterlaffen, die Frage im Auge zu böhal--
ten, denn es ift zugegeb-en, daß gerade iir der räuhe-
ren Jahreszeit das Fußballspiel ein ausgözeichnetes Mit-
tel ist, Kraft und Gswcrndtheit des jugendlichen K'örpers
zu pflegen und zn fördern. Daß. Bedenken dem Spiel ent-
gegenstehen, ist nicht Zn leugnen. Einmal ift es feine Ge-
fährlichkeit, auf die auch in der pLdagogischen Literatur
hingewiesen wird. Dann kommt die Haftpflicht in Be-
tracht, die nach unserer deutschen Gefetzgebung eine viel
schärfere ist, als nach der -engiischen und fehr zur Vorsicht
mahnt. Znm 'Dritten ist zu evwägen, welchen Einflutz
das Fußballsp'iel -auf die geistige Tätigkeit der Jugend,.
ihren Lerneifer und ihre Fort'schritte in dcm Unterricht 'der
Sch'Ule hat. Die Beispiele, datz gerade Äieser Sporl die
ihm Huldigenden von ihrer 'eigentlichen Aufgabe ablenkt
und die geistige Arbeitssr-eudigkeit lähmt, sind Loch nicht
felten. Trvtz -diefer Bedenken hat der- Direktor nicht auf-
gehört, über Wege nachzusinnen, die das zweifellos beach-
tenswerte Spiel auch den Zwecken der Oberrea-Ischule
dienftbar machen kö-nnen. Zwar stand nnd stcht ihm das
Urteil ein-es genauen Kenners und Aüh-ängers des Spiels-
im Wege, datz nämlich der Spielplatz der Oberrealschule
unterhalb der n-euen Br>ücke sür Ausnbung dieses Spi-eleS
ungeeignet sei, gleichwohl glaubte er einen Dersuch wagen.
zu sollen. Die Absicht wurde dadurch vereitelt, daß der
betreffende Lchrer, der die Anfgabe überno-mmen h'atte,.
im Frühjahr 1904 von hier versetzt wurde.

2. Rudersport. Gegen Ausübung dieses Sp-orts
bestcht kein Derbat und' es würde ein folches auch nicht be-
fürwortet werden. Entgegen steht Zw'eierlei: 1. die-
Kostenfrag'e. Wie viel der Schüler können stch dte immer»
hin recht beträchtlichen Ausg-aben gestattsn? 2. die Zu-

Anteil zuzufprechen. Frl. Fatzbcnder war gleichfalls be-
sonders grotz in der Kerkerszene; mit ihrer Arie „Wo eilst Du
hin?" crrang sie sich auf offcner Wühne Len- 'Bcifall des Publi-
kums, das mit Wezeugnngen feiner vollsten Befriedigung nir-
gends geizte. Die Arie „Hat man nicht auch Geld -beineben",
welche Beethoven nich-t e'ben sehr geglückt ist, wurde von Herrn
Kcller vortrefflich gesun-gen, der auch iweiterhin einen autzer-
ordentlich günsti-gen Eindruck hinterlietz. Den Pjzarro, welchem
Beethoven die schlimmsten Eigenschaften an-gehestet hat, ge-
staltete Herr Büttner recht lebenswahr. Recht sympathisch
waren uns auch die Marcelline des Frl. Warmersperger
und der Jaguino des 'Herrn >E r l. Weniger zu befriedigen ver»
mochtc der Chor hinsichtlich seiner Darstellung; unter den
„armen Gefangenen" machten doch manche etwas gar zu ver-
gnügte Gesichter, und auch die frcud-ige Erregung der Ge-
fangenen' über ihre Freilassun-g konnten -wir nur aus dern
Treitschke'fchen Texte und der Weethovenschcn' Mufik heraus-
hören. Jedo-ch die Lebha'stigkeit des Ausdruckcs beim Chor fo
recht nach Herzen zn gestalten, ist ein ganz bcsonders schwieriges
Kapitcl aus den Aufgäben ciner Opernleitung; man mutz sich
nur zu oft mit der gefänglichen Leistun-g allein zufrieden geben..
An dicser aber >war von unserer Eeitc nichts auszusetzen. Die
Regie des Herrn Keller hatte recht Wieles für sich; die
Jnszen-ierung der Kerkevszenc war freilich nicht ganz einwand-
frei. Wir stellen- uns den Kerker, in welchem Florestan schmach-
tet, etwas weniger pompös vor, als er stch gestern- vor unseren
Blicken aufgetan. Das Werdienst, üie Fidelio-Ausführung zu
einem- so hohen Gen-usse uns gemacht zu haben, gebührt vor
allem der Leitung des Herrn- Hoflapellmeister Lorentz, wel-
chcr aus dcm ihm fremden Orchester hcrausholte^ was nur
herauszuholen war, und stets den Kontakt zwischen Bü'hne un-d
Orchester aufrecht zu erhalten wutzte.

Hoffentlich begegnen wir in diesem Sg-mmer. den Karls-
ruhern noch oft aus unserer Bühnel

Georg Christmann.
 
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