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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-100 (1. April 1905 - 29. April 1905)
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https://doi.org/10.11588/diglit.16473#0796

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-7- Wir haben Äe BcHcmPtung Wackers, dqtz die Zen°
trumsforderungen sich nicht gegen Andere richteten, als
das bezeichnet, was sis sind, närntich als eine grobe
Unwahrheit und wir 'haiben däsür eine ganze Anzaht
von Beispielen angesührt. Das scheint den „Pfälzer Bo-
ten" in grohe Berlegenheit gebracht zu haben, denn er
bezeichnet unsere aus dem geistigen und politischen Leben
der Gegenwart entnommenen BeispiÄe ,als „atte Laden-
hüter". Was der Klerikalismus gegen die Kunst und
die moderne Wissenschast, gsgen die iGewissensfreiheit tag.
täglich vorbringt, was er in Bezug ans die Wiederherstel-
lung des Kirchenstaats verbingt, sind also alte Ladenhü»
ter. Ein so wegwsrfendes Urteil über Zentrumssorde-
rungen in einem Zentrumisblatt zu stnden, einer solchen
Preisgabe ultramontaner Bestrebungen in einem kleri-
kalen Blatie zu bggegnen, ist sehr interessant. Wenn wie-
ver ernmal Ler klerikale Geist in der von uns bezeichrieten
Richtung srch geltend macht, daun nmß der „Pfälzer
Bote", salls er es aufrichtig meint, seinen Lesevn zurufen:
Fallt nicht auf solche alts Ladenhüter herein! Er mnß
sis dann warnen, selbst auf die Gefahr hin, daß ein Haus°
knecht, wie svlche dem Zentrumsmann v. Hertlrng zusolge
im Zentrnm ihr Wefen treiben, über ihn geschickt wivd.
Mber noch mit eiuer Zwesteu Werlsgenheitsausrede sncht
sich der „Pfälz. Bote" aus der K'lemme zu helfen. Er sagt,
hier handle es sich uur um die Politik ües badischen Zen°
trums. Ms ob der Geist der Zentrumspolitik nicht
überall im Reich der gleiche wäre. Früher nannte sich
Las badische Zentrnm „katholische BolksPartei'Z es hat
diese Bezeichnung aufgegeben und den Namen 'badische
Zentrumspartei angenommen in der ausdrücklichsn Ab-
sicht, damit zu bskuuden, daß es eius sei mit dem Zen-
trum im Reich. Was wir vom Zentrum gesagt haben,
trifft in jeder Hinsicht auch auf lws badische Zentrum zu.
Auch Forderungen des badischM Zentrums richtsu sich
gegen Andere und wer das bsstreitet, sagt eine grobe Un-
wahrheit. >

9^ ' Heffen.

— Die Berurteilung des DomPwbstes MaIzi wegen
Sittlichkeitsverbrechenhat iiberall das großte
Aufsehen erregt, insonderheit erklarlicherweife im hessi-
schen Lande, wo Domprobst Malzi in seiner Eigeüschast
alsZentrumssührer eine bedeutende Rolle spidlte,
leider nicht im Jnteresse des konfessicmellen Friedens. Na-
mentlich hat er, jwie die „Wormser Aeitung" ausführt, in
der Wormser Bevölkerung Zwiespalt gesät. Aber das
genannte Blatt ist deshalb keineswegs gesonnen, das Zen-
trum sür die Untaten Malzis verantwortlich zu machen,
sondern es schreibt: „Domprobst Malzi iist gerichtet; er
ist von nun an kirchenamtlich und politisch ein toter Mann,
und jeder gläubige Katholik wird es bei allem Schmerz
r,nt Genugtuung begrüßen, daß die Mainzer Straskam-
rner, der ja selbst verschiedene Katholiken angchörten, stch
nickst grscheut hat, ihrer strengen Mißbilligung dsr Sitt-
lichkeitsverbrechen des Wormser Dompvobstes deutlichen
Ausdrnck zu verleihon und dürch den Urteilsspruch den
hohen katholischen Klerus von einem räudigen Mitgliede
zu befreien. Die katlholische Kirche stcht hoch evhaben' über
dem Verdacht, ivgend welcher moralischen Gemeinschast
mit dem ssttlich verkrachten Prdbst von St. Peter gezis-
hen zu werden; und anch der polistsche Katholizismus oder
Ultramontanismus, dessen eifriger MitMrsr Herr Malzi
war, hat nichts mit Äem pon den Lämmern gesonderten
Bock zu schassen." Die „Wormser Zeitung" richtet dann
gerade im Jnteresse der katholischen Bevölkerung an das
Mainzer Domkapitel die Bitte, es in Worms einmal mit
einem Friedensprobst zu versnchen.

A ,' Preuheu.

Berlin, 13. iApril. Die Be r gg es e tz k o m m i s-
sion des A b g e o r d n e t e nh a u s e s hat in ihrer
heutigen Vormittagssitzung, laut „Frankfnrter Zeitung",
die Bestimmungen über die Arbeiterausschüsse nach den
Anträgen von HeydÄbrand, Friedberg, von Zedlitz ange-
nommen. Damit ist die ^Einführung obligatorischer A r -
beiterausschüsse, die in der ersten Lefung der
Kommission abgölehnt ward, nunmehr angeno m m e n.
Aedoch sollsn die Wahlen für diese Ansschiisse öffenlstch
nnd nicht, wie die Vorlage vorschlug, gcheim sein. Die
Ausschüsse sollen die Pflicht haben, auf ein gutes Einver-
nöhmen Avischen Atbeitgeber und Arbeitern hinzuwirken
und insbesondere Wertragsverletzungsn! entgegenzutreten.
Grotze posttische agitatorische Tatigkeit soll den Mitglie-
dern' der Ausschüsse verboten werden. Das aktive Wahl-
recht soll er nach zweijähriger Tätigkeit aus den Werken,
das passive erst nach vierjähriger Tätigkest und nicht por
dem 30. Lebmsjahre eintreteu. Das StimmenverhÄtnis
bei den Mtscheidenden Bestimmungen war sünfzehn- und
dreizchn. Jn 'der Nachmittagssitzung trat die Kommis-
sion in die Beratnng dss Teiles der Porlage ein, der den
sanitären Arbeitstag betrifst und die Ausge-
staltung des >GesunÄheitsbeirats verlangt. Der Antrag
wurde anMnommen. Die Strafbestimmungen, wie sie m
der .eristen Lesung sestgestellt wvrden sind, wurden austecht
erhalten. Die Novelle als solche wurde dann nnt 16 gegen
8 Stimmen angem>mmen. Dagsgen stimmten Zentrum
und Freisinnige. Die Kommission wird am FrÄtag, den
8. Mäi wieder zusammentreten, um die Borlage betves-
fend die Sstlllegung von Zechen zu bevaten.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seme Kömgliche Hoheit der Grotzherzog hcrben
dem Hosjäger Adolf Müller in Karlsruhe die Erlarchnis zur
Annahme und zum> Tragen der ihm verliehenen Grotzherzoglich
Sachsen-Weinrarischen VerdicTistmedaille in Sillber erteilt und
den Landgerichtsrat Viktor Schwoerer in Freidurg unter
Cnthebung von der Stellung als Untersuchungsrichter beim
Landgericht Fretburg zum S-taatsanwalt beim Landgericht
Karlsruhe ernannt.

— Dctriebssekretär Bernhard Heng in Karlsruhe wurde
zur Versehung der Stationsderwalterstelle nach Schwacken-
reuthe versetzt.

— Hauptamtsassistent Shlvester Weis beim Grohh. Haupt-
steueramt Pforzheim wurde in gleicher Cigenschaft zum Grohh.
Finanzamt Sinsheim versetzt und mit Versehung der Steuer-
kontrolleurstelle daselbst betraut.

Arbeitskmnmern.

Vortrag im Jungliberalcn Berein.

Wenn in Heidelberg die Ratur schön wtrd, die linden Abende
bei klarem Himmel beginnen, ist es, wcnn nicht ganz besondere
Anziehungskräfte mitspielen, sehr schwer, eine politische Ver-
sammlung zu füllen; zumal wenrr es sich um eine Versamm-
lung der Mittelparteien — wir können sie leider noch immer
als die Partei der lauesten politischen Jntereffenten bezeichnen
— handelt. So hatten sich gestern annähernd 80 Herren einge-
sunden, um dem äutzerst interessanten Vortrage des Herrn Dr.
Harms aus Tübingen zu lauscheu. Herr Dr. Harms wies
aus die kaiserlichen Erlaffe vom Jahre 1880 hiu uud betonte,
datz in den seitdem dcrflossenen 1b Jahren dte damals ausge-
sprochenen Jdeen zum grötzten Teil verwirklicht sind, nur der
Arbeiterorganisatiou ift man uoch nicht näher getreten. Man
fürchtete, dah die Arbeitskanrmern ein Tummelplatz der So°
zialdemokratie werden würden, und ist sich bis heute noch nicht
Larübcr im Klaren, wie diese Kammern auszugestalten
seien. Belgien und Holland sind uns mit der Bildung von
Arbeitskammern vorangegangen, ihre Einrichtungen haben stch
aber nicht bewährt; so haben diese Beispiele nicht gerade er-
munternd gewirkt. Aber die Gegensätze zwischen Unternehmer
und Arbeiter werden bei der fortschreitenden Enüvickelung der
Jndustrie immer grötzcr. Dies haben Nationalliberale und
Zentrum auch erkannt und bereits im Jahre 1803 im Reichstage
nach dem Verbleib der im Jahre 1890 vorgenommenen Ausge-
staltung der Arbeiterorganisationen beim Ministerium Umfrage
gehalten. Handelsminister Möller hat nun vor kurzem ge-
legeutlich der Beratung der Berggesetznovelle mit Rücksicht aus
den Bergarbeiierstreik gesagt, dah ein Entwnrf vorlage und
dem Reichstage zugehen werde. Die wirtschaftlichen Verhältnisse
drängen aber auch wirklich dazu, der Staat muh immer mehr
Wirtschaftspolitik treiben. Der Staat mntz Gelegenheit haben
zu hören, wo die einzelnen Wirtschaftsgruppen der Schuh drückt.
Wer daher den Arbeiter als vollberechtigten Staatsbürger au-
sieht, muh für eine Arbeitskammer sein. Durch die Entwick-
lung Ler Jndustrie ist eine besondere Gesetzgebung für die Ar-
beiter notwendig gcworden, der Arbetter kann ebenso auch
verlangen, dah seine Ansicht gehört wird. Sollen nun A r -
be i t skammern oder A rbe i te r kammern geschasfen wer-
den? Redner ist für A r b e i t s kannnern. Die Freunde der
A r be i t e r kammern geben diesen deshalb den Vorzug, weil
nach ihrer Ansicht die Unternehmer in den Gewerbe-' und Han-
LelÄammern ein be!)eutendes Gegengewicht besähen. Es sei
aber doch nicht zu bezweifeln, datz ein intelligentes, arbeits-
freudiges Unternehmertum die Hauptsache ist. Nur wenn, wie
Bebel sagt, der Schornstcin raucht, könue an Verbesserungen
und Einrichtungen von Wohlfahrtseinrichtungen zu Gunften
der Arbeiter gedacht werden. Das Gleichberechtigungsargu-
ment sei deshalb nicht richtig. Unternehmer und Arbeiter
mühten in den ArbeitÄammern zu gleichen Teilen vertreten
sein, da beide dic gleichen Jntercssen haben. Jhre gemeinsame
Arbeit werde sie einander näher bringen und manche Gegensätze
werden schwinden. ArbeiterkamTnern, die nur zur Gutacht-
erstattung da sind, würden zur Bedeutungslosigkcit verurteilt
werden, ihr Cinfluh sei zu gering. Die Ausgabe der Arbeits-
kamrner solle es vor allen Dingen sein, Streitigkeiten vorzubeu-
gen, Streiks zu vermeide», da solche sür beide Telle, auch sür
den Sieger, Opfer kosten. Den Arbeitskammern solle ferner
die Organisation eines Arbeitsnachweises über ganz Deutsch-
land obliegen. Sie sollten endlich eine genaue Arbeitsstatistik
führen. Eine Augliederung dcr Arbeitskammcrn an die Ge-
wevbegcrichte solle vermieden werüen, da ein Gericht und damit
die Richter nichts mit wirtschaftspolitischen Kämpfen zu tun
haben sollen. Unter vorläufigem Ausschluh Ler landwirtschaft-
lichcn Arbeiter sollen zur Bildung der Arbcitskammern alle die
Unternehnier und Arbeiter in Mtracht kommen, die mit Be-
trieben zu tun haben, die mehr als 10 Arbeiter beschäftigen.
Jn Jndustriegegenden sollen so viel Wteilungen errichtet wer-
den, als verwandte Betriebe vorhanden sind. Auch die Frauen
sollen aktives und passtves Wahlrecht bekommen. Den Gewer-
begerichten sind die Entscheidungen über Jnteressenstreitigkeiten
zu nehmen, diese gehören vor die Kantmern. Vor dem Aus-
bruch eines Streiks müssen bei Wermeidung hoher Strafen
die Kammern angerusen werden.

An den Vortrag schloß sich eine lebhafte Diskussion, an der
sich die Herren Prof. Kindermann, Dr. Roth, Lic.
Wielandt und der Redner dcs Abends beteiligten, die aber
keine wesentlichen Differenzen zeigte. Mit einem Schlutzwort
des Vorsitzenden, Herrn Dorn, der besoudcrs Herrn Dr.
Harms den herzlichsten Dank des Vereins für sein Erscheincn
aussprach und der Hoffnung Ausdruck gab, datz möglichst bald
Arbcitskammern gebildet und aus ihnen ein Vertrcter für die
erste Kammer genommen tverden könnte, schlotz der Abend.

Aus SLadt und Larck»

Heidelberg, 14. April.

* Bortrag Zetkin. Wie uns mitgeteilt wird, spricht am 30.
April, abends in Ler Stadthalle Frau Klara Zetkin aus
Stuttgart, eine bekannte Rebnerin, welche! der schärferen Rich-
tung 'der sozialdemokratischen Partei angehürt.

*—* Selbstmorb. 'Heute früh erschotz sich auf einer Bank
am Bisniarckplatz der 66 Fahre alte Schneider Blatz. Blatz
diente s. Zt. -bei der Fremdenlegion und hat im Krieg 1870—71
gegen Deutschlanld gekämpft. Ein Freund Frankreichs war er
trotzdem nie. Jn einer Wirtschaft äutzerte Blatz gestern, indem
er einen geladenen Revolver vorzeigte, datz er heute nicht mehr
leben würde.

Mannheim, 13. April. (ZümMord in 8 7.) Der des
Mordes an der Susanna Senges verdächtige Georg Becker
hatte hcute Vormittag wieder ein längeres Verhör vor dem
'Untersuchungsrichter, Herrn Landgerichtsrat Frhr. v. Dusch,
zu bestehen. Die Einvernahme Weckers sand im Verhörzim-
mer dcs Amtsgefängniffes statt. Zeugen waren heute nicht ge-
laden. Das Verhör nahm sast den ganzen Vormittag in An-
spruch und Lauerte bis kurz nach 12 Uhr. Wie man hört, hat
Becker sein Geständnis dahin erweitert, datz er
das am Tatorte aufgefundene Taschenmesser als sein
Eigentum anerkannte. Den tötlichen Schlag aus den
Kopf der Senges will er nicht geführt haben. Dies häbe sein
Komplize getan. Er will „nur" mit dem gleichfalls ausgefun-
denen Meffer, welches er aus der Küche der Wohnung der
Diensthcrrin der Senges weggenommen, d«mr unglücAschen
Opfer Schnitte am Hals beigebracht haben. Jm übrigen
versteift er sich immer noch darauf, datz er einen Genossen bei
Ausführung der Tat gehabt habe. Dies scheint jedoch zweifellos
eine Mythe zu sein, wie solche gewöhnlich Verbrecher anzuwen-
den pslegen. Jn dieser Annahme wird man dadurch bestärkt,
datz «r sich bis jetzt noch nicht dazu entschloffen hat, irgenü
oine Person zu nennen, welche angeblich gemeinsame Sache mit
thm gemacht hat. Aweisellos wird ihm> nichts anderes übrig
bleiben, als sich unumwunden als den alleinigen Verbrecher
zu bekennen. Wie es kE, datz die Senges den Becker zu einer
Unterredung einlud, darüber lätzt sich aus den ZeugenauSsagen

Folgendes vermuten: Dos MLdchen, welches mit Becker ei"
Vcrhaltnis eingegangen hatte, hatte dassclbe sofort geläst, al»
ihr von der Sengcs Vorhalt gemacht worden war. Mcker hat
nun offenbar aus diesem Grunde später der Senges eingere"
während ihrer vorübcrgehenden Abwesenheit in Heliw'
stadt ihr Verlobtcr, der Mühlenarbeiter W., mit eincm anderc"
Wardchen angebändelt habe. Die Senges scheint dieser M'
hauptung des Becker Glauben gcfchenkt zu habcn und soll ih"
infolgedessen zu emer Unterredung am Morgen des Mordtages
in die Wohnung ihrer Diensbherrin bestellt haben. Dieser E'N'
^ ?us Dllem hervorgeht, Becker Folge geleis^t
und bei die-ser Gelegcnheit die Tat, welche fich mit aller Getoitz«

,heit als ein Racheakt herausstellt, verübt.

Mannheim, 13. April. (S chw u r ge r ich t.) ^

Eine brntale Bluttat erfitllte am 12. Februar d. F ^1-
Sonntag, die Gemeinde Seckenhetm mit Entsetzen ?n^ ,

pörung. Der 26 Jahre alte, in Mannheim geborene, m
heim wohnhafte Maurer Georg Fuchs erstach nach
losem Streit auf offener Stratze feinen Vetter, den Tagro^^,
Georg Bauder, deffen Eltern ihn selbst erzogcn hntten. ^
Täter ist ein verheirateter Mann, der Getötete war
Familienvater. An jenem Sonntag säh Fuchs in der
schaft „zur Kapelle" und spielte mit anderen Gästen SMl «r
Nachdem einige der Mitspielenden fich entfernt hatten, ^r,
sich an einen andern Tisch, an dem sein Vetter Georg
außerdem der Zigarrenmacher Friedrich Schwarz ^
Taglöhner Peter Seitz satzen. Mit diesen spielte i-sUM
Geld. Um 8 Uhr hatte er seine ganze Darschaft
vcrloren. Er bat dann seinen Vetter, 5 Pfg. für ihn -
Kasse zu setzen. Er vcrlor wieder. Als er seinen Vetwr
mals bat, für ihn zu setzen, weigerte sich dieser, cin^etwa^ lc-
nauerer unb auch nicht iu den besten Vermögensumstanv«
bender Mann. „Jch bin Dir nichts schuldig." — '"^^iner
entgegnete Fuchs, „heute Morgen hat Deine Frau von
Frau 1 Mark geliehen." — „Das will ich erst mal sehen ,
üie Antwort. Der Wortstreit setzte sich fort. 8uchsries> ^
ncm Vetter zu: „Dir wird ja nächstcns Dein Hrus verstei<^^^,
Bauder erwiderte: „Du bift der Allerwenigste in.^ca^chber
wo Du warst, komm' ich doch nicht hini" Damit zielte wa
auf eine Gefängnisstrafe, die Fuchs wegen Beteiliguns^
einem Lösen Raufhandel erhalten hatte, bei dem ein
in bestialischer Weise zu Tode geprügelt und gcsteinigt w
war. Fuchs ergriff nun ein Bierplättchen und drang aul
der ein. Der Wirt schritt ein und bat diesen, fortzM sTxx
„Georg, der Klügste gibt nach." Bauder ging. Fnch»
trank sein Bier aus und folgte. Aus der Stratze sah c r ^it
der bei einem Manne stehen. Er behauptet, Bauder hav«
diesem einen Wortwechsel gchabt und «r sei deshalb nn
Worten auf ihn zu: „Hast Du noch nicht genug?" Baup«
widerte: „Latz mich in Ruh', ich will nichts von Dir, ^..7,:
doch Geschwisterkinder." Als Fuchs dann mit den A.
„Komm' nur mit, dann 'bekommst Du Dein Teill" -w-chZ zir
wolltc, gab ihin Bauder einen leichten Stoh, so datz
Boden fiel. Bauder sagte noch, das habe er nicht
getan, und lief dann die Luisenstratze hinab davon, rl ^
der sich rasch crhoben hatte, eilte in einer Entfernur^
sechs bis 8 Schritten ihm nach, indem er schrie: „Wenn iw ^7
krieg', dann bist Du verlorenl" Bauders Wohnung lag ^
100 Schritte von der Wirtfchaft „znv Kapelle". Der l
rief schon aus einiger Entfcrnung von seinem "^^70"

rina, mach' aufl" Nber das Unglück wollte, datz l'cinc
den Verzweiflungsschrei nicht hörte. Die Tür war ^LZxje:
sen, und Bauder lief weiter, während Fuchs von neueml >
„Bleib' stehen oder ich stech' Dich tot!" Bauder rief
rück: „Laß' mich doch gehen, wtr sind doch Geschwisterku
Plötzlich glitt er auf dem frisch gefalleuen Schnee aus, a
nächsten Augenblick sah er sich von seinem Verfolger eiE.^^K
Es war an einem Gartenzaun. „Du wirst mir docü
tun, latz' mich doch geh'n, wir sind ja GescMvisterkinder - Zwse
Bauder, indem er aufzustehen versuchte, aber der ssclß^are
Hallunke kannte keine Schonung. Er fuhrte Kwei sjgkcn
Stiche gegen den Wehrlosen, von denen der eine in den ^
Oberarm, der andere in die linke Brusffeite einbrang ^r-
dickeni Strahl schotz das Blut aus der Armwunde. ^ d«r'
dcrischem Feuerrufen, offcnbar in höchster Todesangst,
Vcrwundete davon. Eine in der Nähe wohnende Fcau
selder gewährte khm Einlatz. Todeswuird san* cr au-
Sessel. Dann kam auch Frau Bander yrnrer shf' sA, j<he"
Mordbube in das Zimmer. Mit einer R heit. t-ie 1 >re^.-^ gc"
sucht, rief er dem Sterbenden zu: „Na, hrit Dn nr"
nugl Seht, wie er den Kopf hängt, der 7a voll.

Spritzel" Zur Frau Bauders äutzerte er sich, sie

eine bekommien, sie sei eine S. Der Tod des si,

lichen Bauder machte dieser entsetzlichen Szene cin Enoe- .K«
Staatsanwalt beantragte, den Angeklagten zu einer Gcla Ä aUl
strafe von 6 Jahren zu verurteilen. Das Gericht erkan
S Jahre. «oädchc's

7. Fall. Kindstötung. Ein sehr hübsches ^ . ^nf
sitzt anf der Anklagebank und beginnt, als sie einen .-v<rhra
die Zeugenbank wirft, heftig zu weinen. Es ist das " - Kä'
alte Dienstmädchen Marie Mtharine Wittma n n a ^^7
nigshofen. Sie ist angeklagt, am 19. Januar ds. ^7 ihr
elterlichen Wöhnung morgens zwischen 4 und halb s>
uneheliches Kind eine Viertelstunde nach der Gebu tzgtz
zwei Faustschläge auf den Kopf verletzt zu haben, ^^hirN
eine tötliche Gehirnerschütterung mit Blutergutz insi Aggc'
eintrat. Die Oeffentlichkeit wird ausgeschloffen. - ' ^ Mh'
klagte wird untcr Znbilligung mildernder Ümstände zu
ren Gefängnis verurteilt.

24

8. Fall. Jn 1

rrreirr. doN

der Nachmittagssitzung wurde gcgc ^Tsther

friedrich Nagel aus Windenreutye,

Knecht auf^JnA^Z Nagek aus Win^ .

ter ,n der Frren-in^i^ H«s bci Altlutzbcüm zuietzt War-
ve.rschwieg ch einem Mj'" f^ndingen. ^rha'ndelt. VoS^
Tienstherrn noch einc »^^"^^Esprozeß, daß er an st'nc
Sparkasse Schi^tzjn^^^Wrderung von 160 Mark und be, ^
Die Geschtvorenen befon^- ^uthaben von 1260 Mark ha" '
D^fdigung cntsprechend Augeklagten, dem ^ntrag

schuldig, worauf da^G»i^ sahrläffigcn Faft.^

kannte. ^sericht auf 10 Monate Gefängnis cr

"' ^^Mft^Staatsm^^'- l«0 m M ädche ngy m na'

1904 wurden Lem> Kar7s/!,^^'Ä5E"lschlietzung vom 21.
Berechtigungen berlieSen Madchengymnasium bie glc'^

dem alten Lchrvlan ^ den Knabcn-Gymnasten ' .

dcr Stadtrat die Unterm 11. Februar lS»t U

der Berechtigunaen^I^^ö'M! ersucht, dic Ancrkennun§

ubrigen Leutsche,, Madchenghnmasiums auch durch
Oberschnlrat 'mff berbeizusühren, woraus

handlungen zu dies,-,», Mai 1904 crwiderte, bffß V

aus einem Erlatz des eingeleitet seien. Wie si^Exz

ds. Js. ergibt swbf^v^'^"'ums pxK Jmiern vom 8. Maw
Mädchenghmnasiü^l ^ Znerkennung der Berechtigungen bc
uad 'werben 'S- den Bundesrat immer noch aus

siums zu den är/iis^ Abiturientinnen des Mädchen-Ghmn
- ^n nrztlichen Prüsungen nur zugelaffen, wenn A

' -"cre Reifepru^un«

außcr der berefts

an emem Knabenavmn^c- noch eine weitere vre>,'.e- ,
bcren Be-schiutz Lk Egen oder hiervon durch besaN'

rat beschloß, vem cntbunden sind. Der Swd

Su unterbrciten <-s '^''Nlchtsministerium die dringende
kennung der de'in ^ aller Beschleunigung die

gungen eincs deui7-n„'"ö!^n-Gymnasium verliehencn Berechi-
bcigcführt werd!n ^hmnasiums durch den Bundcsrat hcs

Ot ausgefchlossen ^ Verweigerung dieses Anerkenntnifst

^Mchsen, weil der Lehrplan des Mädchen-Gymriasiu-ns
 
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