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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 2
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0102

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Picasso und Braque gefielen sich bei Paul Rosenberg in
Unwahrscheinlichkeiten, die auch die offenbare Sehnsucht
nach dem Fresko nicht erklären kann, und man empfindet
sogar als Snobismus, was unmodisch, eben weil es allzu
betont unmodisch ist. Freilich fesselten beide wieder irgend-
wie durch ihr Raffinement, auch war die kleine Ausstellung
vorzüglich arrangiert. Im einzelnen fiel auf: zwei Mädchen
als Pastell von Picasso und Zeichnungen mit einem bieder-
meierlichen Zug; bei Braque das viele Weiß, das er in Still-
leben mit Grau, Braun und Grün kombiniert.

Bei Georges Petit füllte die Societe des Aquarellistes
internationaux den oberen Riesensaal mit einer freundlich
bunten Ansichtenmalerei, die ungefähr auf gleichem Niveau
wie die Pleinair-Ausstellung der „Horde" — wie sich der
Kreis der Künstler um die „Rotonde" nennt — auf dem
Boulevard Raspail stand. Tatsächlich war kein einziger
Name von Rang dabei. Auch die gleichzeitigen umfang-
reichen Sonderausstellungen jener Galerie standen über-
wiegend unter dem Stern geographischer Mitteilung, doch
zeigten einige Räume immerhin Geschmack. Im allgemeinen
weht bei Druet eine bessere Luft, was sich auch diesmal
nicht verleugnete: Leonid Berman neigte in seiner Marine-
Ausstellung einerseits zum Kubismus und anderseits zum
Kalligraphischen, kehrte aber auch wieder zu einer geist-
reichen Bildhaftigkeit zurück, die wirklich dem Objekte
dient und mit der Art Hügins in Zürich verglichen werden
kann. Die Galerie Cheron hat einige Japaner aufgenommen —
Paris besitzt heute eine zahlreiche, fernöstliche Künstler-
kolonie, deren Exponent Foujita ist. Viel Gutes ist da kaum
zu sagen, die Ehe mit dem Abendland hat in der Kunst
dem Reich der Sonne gar nicht wohl getan. Sympathisch
spricht die Liebe in Tier- (auch Vogel-) Schilderungen mit,
wie ja gerade Foujita in seinen Kätzchen wohl das Beste
gab. Koyanagni greift in Rehstücken auf Seurat zurück,
während T.Bando mit Andacht einem zeichnerischen Koloris-
mus huldigt, der an Pedanterie grenzt.

Le Goupy stellte in seiner Wohnung bei der Madeleine
Stiche von Alt-Paris und seinen nahen Residenzen aus — eine
ebenso intime wie reizende Veranstaltung, die nichts da-
durch verlor, daß außer dem werten Schreibenden kein
Mensch zugegen und auch er selber nicht erwartet war. Eine
Menge wunderhübscher Blätter hingen da beisammen, An-
sichten aus dem inneren Paris mit dem Pont Neuf und
Pont Royal, dem Palais Royal und Luxembourg, aus einer
abgeschiedenen Zeit, da auf der Seine noch die offene Flößerei
getrieben, die Pferde mitten in der Stadt zur Tränke oder
in die Schwemme geführt, geritten wurden, da noch ein
Reiterstandbild die Placje Vendöme zierte, wo heute eine
hohe Säule steht, da die Alleen des Palais Royal noch streng
geometrisch wie zu Gewölbegängen zugeschnitten waren, da
auf den Straßen riesige Karossen friedlich neben vollge-
türmten Korn- und Heuwagen einherwackelten und all das
als ein majestätisches Idyll erschien, was heute die Verkehrs-
und Wohnpolitiker, die Architektenschaft und alle Welt
in Atem hält. Hermann Ganz.

LEIPZIG

Im Mittelpunkt der Herbstausstellung des Kunstvereins
steht das plastische Werk des Frankfurter Bildhauers Richard

Scheibe. Alle seine Arbeiten sind von einer ruhigen und
sicheren Meisterschaft erfüllt. Scheibe, der sich neben den
besten deutschen Bildhauern mit seinem natürlichen Talente
behauptet, läßt einen nicht alltäglichen Formensinn erkennen,
der das Natürliche selbstverständlich in Kunstformen aussagen
kann. Ganz unmanieristisch vermag er in den Porträts, Akten
und Tierbronzen das Naturgefühl in plastische Form zu
verwandeln.

Dem deutschen Impressionistenkreise ist Jakob Nußbaum
zuzuzählen, der mit einer Reihe Bilder das erste Mal in
Leipzig gezeigt wird. Nußbaum ist ein echtes Talent, das,
wenn es sich in seinen Grenzen bewegt, zu überzeugen weiß.

Eine starke Wirkung geht von den Landschaften des
Wiener Malers Gerhart Frankl aus. Malerisches Gefühl lebt
in seinen beinahe gemauerten Ölmalereien; nur wünschte
man ihnen noch etwas von der Leichtigkeit und dem Dufte
seiner Aquarelle. Max Schwimmer.

CHEMNITZ

Die Kunsthütte hat eine Ausstellung von Arbeiten des sech-
zigjährigen Robert Sterl veranstaltet, die Gelegenheit bietet,
endlich einmal das malerische Werk des Dresdners, der seit
1915 Kuehls Nachfolger an der Akademie ist, in seiner Ent-
wicklung und Bedeutung zu überblicken. Die Ausstellung,
vorbildlich gearbeitet wie alles, was Schreiber-Weigandt un-
ternimmt, dürfte für viele eine Überraschung bedeuten. Ein
beträchtliches Stück Entwicklungsgeschichte der deutschen
Kunst spiegelt sich in seinem Werk, das von den Anfängen
der Freilichtmalerei bis zur vollen Reife des Impressionismus
reicht. Der junge Sterl, der Zögling der späten Nazarener-
nachfolger, hat sich schon in den achtziger Jahren, lange
bevor Kuehl nach Dresden kam, um das Studium des Frei-
lichtes bemüht. Von Liebermann hat er frühzeitig Anregung
erhalten; es folgt die Auseinandersetzung mit der Kunst
Millets, Israels' und den französischen Impressionisten. Bald
nach 1900 erscheint die künstlerische Persönlichkeit Sterls
in klarer Ausprägung. Der in seiner Umwelt tätige Mensch
wird das Hauptthema seiner Kunst. Am bekanntesten sind
die Darstellungen der Arbeiter in den Elbsandsteinbrüchen
mit den heftigen Kontrasten von prallem blendenden Sonnen-
licht und tiefen reflexreichen Schatten, Bilder von starker
Spannung und Aktivität. Eine Steigerung darüber hinaus,
einen Höhepunkt in Sterls Schaffen, bedeuten die russischen
Reisebilder aus den Jahren 1910 und 1914. Einem hoch-
entwickelten fein differenzierten Sehvermögen folgt hier,
ähnlich wie in Slevogts gleichzeitigen Ägyptenbildern, die
gestaltende Hand mit einer Freiheit und Leichtigkeit der
Niederschrift, die in Deutschland selten ist.

Neben diesen Darstellungen des sonnenlichterfüllten Frei-
raums die Schilderungen aus dem Konzert- und Opernsaal
mit dem suggestiven Helldunkel, dem Aufblitzen und Ver-
schwimmen der Dinge. Auch hier entstehen seit etwa 1910
Arbeiten einer freien Künstlerschaft. J.

MANNHEIM

Kunsthalle. Karl Hofer. Ausstellung des gesammelten
Werkes. Zum fünfzigsten Geburtstag des Künstlers.

Die Karlsruher Zeit scheint absichtlich in der Ausstellung
übergangen zu sein, wohl aus der Erkenntnis, daß anfäng-

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