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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0110

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Die Neuausgabe des „Goethe" von Carus, dem Arzt,
Naturwissenschaftler und Maler, verdient einen besonderen
Hinweis. Kurt Karl Eberlein hat sie für den Verlag
Wolfgang Jeß in Dresden besorgt und hat ein instruktives
Nachwort geschrieben. Was Carus über Goethe sagt, ist in
keiner Weise veraltet. Es ist das Bekenntnis eines sehr kul-
tivierten und begabten Mannes. Das Beste, was man über
das Buch sagen kann, ist, daß man es mit dem Wunsche
aus der Hand legt, irgendwie in würdiger Weise die eigenen
Kräfte zu erproben. Es ist von Ehrfurcht diktiert und macht
produktiv.

Philipp Franck, der Direktor der Berliner Kunstschule,
hat mit Hilfe des Stollberg-Verlages seine Erfahrungen,
die er im Zeichenunterricht von Kindern gesammelt hat, in
einem Buch „Das schaffende Kind" niedergelegt. Mit
den farbigen Tafeln, sieht das Buch etwas anspruchsvoll
aus; auch im Text erscheint alles ein wenig überschätzt.
Aber es ist eine schöne Liebe für die Aufgabe zu spüren;
und das ist die Hauptsache. Über das Problem ließe sich
vieles sagen. Man wird damit nun weiter kommen, wenn
man die Erfahrungen vor Augen hat, die in diesem Buch
niedergelegt worden sind.

Karl Robert Langewiesche hat ein hübsches wohl-
feiles Bändchen „Blumen und Gestalten", mit Liedern
deutscher Dichter in farbigen Wiedergaben nach Aquarellen
Adolf Schrödters, herausgegeben, das gut und gedanken-
voll gemacht ist, wie alles, was Langewiesche angreift, und
das man Kindern gut in die Hand geben kann. Einen star-
ken Hinweis verdienen auch Zwei neue Bände desselben Ver-
lages: „Die vorgotischen Miniaturen" von Hanns Swarzenski
und die „Kleinplastik der deutschen Renaissance" von Max
Sauerlandt. Auch diesmal hat der Verlag die Bände in hoher
Auflage zu einem ungewöhnlich wohlfeilen Preis heraus-
gebracht. Im übrigen sind sie so sorgfältig und zuverlässig
gearbeitet, wie alle anderen Serienbücher von Langewiesche.

Anna Rosenthal hat dem Berliner Maler Bernhard
Rode(i725 — 1797) eine Lebensbeschreibung gewidmet, die
gut geschrieben und als Beitrag zur Kenntnis der alten Ber-
liner Kunst willkommen ist.

Karl SchefFler.

Bildhauer des vierzehnten Jahrhunderts am
Rhein und in Schwaben. Von Hermann Beenken.
Deutsche Meister, herausgegeben von Karl Scheffler und
Curt Glaser. Im Insel-Verlag, Leipzig 1927.

In der Serie „Deutsche Meister" einen Band über süd-
deutsche Plastik des vierzehnten Jahrhunderts zu bringen,
mag als Wagnis erscheinen. Denn weit weniger als etwa
in der Skulptur des dreizehnten oder des ausgehenden fünf-
zehnten Jahrhunderts lassen sich in diesem Zeitraum die
Bilder scharfumrissener Meisterpersönlichkeiten gewinnen.
Dazu kommt, daß die Qualität der erhaltenen Werke wohl
im einzelnen, nicht aber im ganzen an die der Bamberger,
Straßburger und Naumburger Skulpturen heranreicht, die

Jantzen in den Mittelpunkt seines schönen Werkes über die
deutschen Bildhauer des dreizehnten Jahrhunderts in der
gleichen Serie gestellt hat. Trotzdem müssen wir gerade
für diesen Band besonders dankbar sein, weil er einmal
eine Fülle von weniger bekanntem Material einer breiteren
Öffentlichkeit darbietet und weil ferner die stilkritische Ord-
nung dieses Materials in der feinfühligen und scharfsichtigen
Darstellung Beenkens eine Bereicherung der wissenschaft-
lichen Erkenntnis eines der schwierigsten Kapitel deutscher
Kunstgeschichte bedeutet, auch da, wo sie — wie zum
Beispiel in dem Abschnitt über die Madonna der Mainzer
Liebfrauenkirche — nicht völlig zu überzeugen vermag. Ein
besonderes Gewicht erhält die Arbeit durch die sorgfältige
Einbettung der Einzelfragen in die großen Entwicklungs-
zusammenhänge der geistigen und formalen Probleme im
späteren Mittelalter.

Beenken beginnt mit einer ausführlichen Untersuchung
der Freiburger Münsterplastik und behandelt anschließend
zunächst die Figuren des Kölner Domchors und die Werke
des bedeutenden lothringischen Kunstkreises. Weitere Kapitel
sind der Plastik in Rottweil, Augsburg und Gmünd gewid-
met, was zu einer Auseinandersetzung mit Hartmann führt.
Dem Rottweiler „Prophetenmeister" werden als Frühwerke
die Figuren vom Oberweseler Chorgestühl, als Spätwerke
unter anderen ein Prophet und die sitzende Madonna der
Nürnberger Moritzkapelle zugewiesen, während die köstliche,
sehr schön beschriebene Rottweiler Maria als überragende
Schülerarbeit abgespalten wird. In der Frage nach dem zeit-
lichen Verhältnis der Figuren in der Straßburger Katharinen-
kapelle zu denen des Freiburger Heiligen Grabes entschei-
det sich Beenken mit Recht für die Priorität Straßburgs.
Die Wendung zu einem neuen, malerischen Stil wird an
den ausdrucksstarken Gmünder Propheten und verwandten
Arbeiten aufgezeigt, die Umbildung des Stils vom Freiburger
Heiligen Grabe ins Vollplastisch-Schwere an den großartigen
Figuren der Gmünder Verkündigung und den vom gleichen
Meister stammenden Strebepfeilerfiguren dargetan.

Das Schlußkapitel bringt die geistesgeschichtliche Aus-
deutung des Stilwandels um 1350: es beginnt die Objekti-
vierung der Welt als einer in sich zusammenhängenden
Wirklichkeit, aus dem „Raum um uns" (Kathedrale) wird
das „Bild vor uns" (Altar, Tafelbild). Damit geht zusammen
die franziskanisch verwurzelte, zunehmende Vorliebe für
die Vergegenwärtigung der heiligen Geschehnisse, die an-
scheinend so paradoxe Geburt des Realismus aus dem Geiste
der Mystik. Hier sind wesentliche Probleme angedeutet, deren
systematische Erforschung eine wichtige Aufgabe kommen-
der Kunstwissenschaft sein wird.

Das Ganze ist in einer Sprache geschrieben, die auch dem
rein künstlerischen Gehalt der Werke gerecht zu werden
versucht und in der Wortprägung zuweilen den Einfluß
Pinders verrät, dem sich Beenken auch sonst verpflichtet
fühlt. Die Ausstattung des Bandes ist vornehm und gediegen;
unter den Abbildungen, die man hie und da vielleicht noch
etwas reichlicher gewünscht hätte, überraschen besonders
die packenden Detailaufnahmen der Köpfe. Passarge.
 
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