Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Neue Bücher
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0111

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ADRIAN VAN DE VELDE, UFER BEI ZANDVOORT

38:28 cm. 5200O gulden

MEINDERT HOBBEMA, LANDSCHAFT

131 : 96 cm. 360OCO gulden

TAie Reihe der angekündigten Winterauktionen hat mit der
* ^ Versteigerung der Sammlung Six in Amsterdam begonnen.
Sie hätte nicht sensationeller beginnen können. Es wurden
Preise erzielt, wie man sie für ähnliche Werke bisher noch
nicht gehört hat. Die Holländer setzten ihre Ehre darein, die
Hauptwerke der Sammlung ihrem Lande zu erhalten, und es
gelang ihnen in den meisten Fällen im harten Kampfe gegen
die Konkurrenz des internationalen Kunsthandels Sieger zu
bleiben. Nur die große „Landschaft" von Hobbema ersteigerte
Knoedler für 360000 fl und Colnaghi kaufte Rembrandts
radiertes Bildnis des Bürgermeisters Six im zweiten Zustand
für den phantastischen Preis von 900006. Ein sehr schönes
Bild von Terborch „Der Brief" wurde von dem Petroleum-
könig Deterding, der vor Zwei Jahren die „Straße" des Ver-
meer für das Mauritshuis kaufte, der gleichen Sammlung über-
wiesen, das „Interieur mit dem Wäscheschrank" von Pieter
de Hooch kaufte die Rembrandtvereinigung für das Reichs-
museum. Ein reizendes Bildchen des Jan Steen „Die Austern-
esserin" erwarb ein Privatsammler für 190000 fl, die „Kuh-
weide" von Potter brachte 78000, die „Ansicht von Delft"
des Jan van der Heyden 108000, der „Strand von Zandvoort"

von A. van de Velde
5 2 000, eine „Mondland
schaft" des Aert van der
Neer 44000, eine An-
sicht der „ Utrechter Ma-
rienkirche" von dem
bisher noch immer be-
scheiden gewerteten
MalerSaenredam4i 000
Gulden. Die bedeu-
tendste unter den Rem-
brandtzeichnungen er-
zielte 39000, zwei an-
dere Blätter 18000 und
15 000 fl.

Mit dieser Verstei-
gerung ist in der all-
gemeinenPreisentwick-
JAN STEEN, DIE AUSTERNESSERIN lung ein neuer Schritt
2o]/2:141/;, cm. rgoooo gülden nach aufwärts getan.

Es wird immer deutlicher, daß der Markt hochwertiger Kunst-
werke allein von dem Dollar beherrscht wird, dessen heimliche
Konkurrenz auch zu Amsterdam die Preise in so schwindelnde
Höhen trieb. Daß ein kleiner Terborch, wenn er auch in
seiner Art noch so vollkommen sein mag, eine halbe Million
Mark wert sein soll, will uns nicht eingehen. Dagegen mag
von Amerika gesehen der Preis von etwas über 100000 Dollar
sich eher rechtfertigen, da man die Kaufkraft des Dollar im
eigenen Land und nicht seinen Tauschwert in Europa in Rech-
nung stellen muß.

Holland hat diesmal die Konkurrenz aus dem Felde ge-
schlagen, und durch die Opferwilligkeit reicher Kunstfreunde
gelangten zwei Hauptstücke der Sammlung sogar in öffent-
lichen Besitz. Die europäischen Museen aber werden auf dem
Markte der großen anerkannten Werte immer mehr zur Ohn-
macht verurteilt. Die Summen, die ihnen für Ankäufe zur
Verfügung stehen, sind noch immer nach Vorkriegsgeld be-
rechnet. Sie müßten verzehnfacht werden, um der stetigen
Abwanderung wertvollen Kunstgutes nach Amerika wirksam
entgegentreten zu können. Im Falle der Sigmaringer Samm-
lung ist es einmal gelungen. Das Schicksal des Welfenschatzes
dagegen scheint besie-
gelt zu sein. Man hört
von einem Zehn-Mil-
lionen - Gebot. Aber
man merkt hier nichts
von einer nationalen
Bewegung, wie sie sich
in Holland beim Ver-
kauf der Six-Samm-
lung erhoben hat. Der
einzigartige Schatz
mittelalterlicher Gold-
schmiedekunst,der übri-
gens längst schon außer
Landes ist, wird, in
amerikanischenMuseen
und Privatsammlungen
aufgeteilt, seiner Hei-
mat für immer ent- GERARD TERBORCH, DER BRIEF
fremdet werden. r. 38:29 cm. 290000 gülden

SIEBENUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, ZWEITES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 15. OKTOBER, AUSGABE AM 1. NOVEMBER
NEUNZEHNHUNDERT ACHTUNDZWANZIG. REDAKTION KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN
GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR. RICHTER G.M.B.H., LEIPZIG
 
Annotationen