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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 4
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Waldmann, Emil: Das Museum Cà d'Oro in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0174

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hatte. Venezianisches Interieur gab es höchstens
aus dem Rokoko in einigen Proben. Aber ein
ganzes Haus, so, wie für die Florentiner Früh-
renaissance den Palazzo Davanzatti, gab es nirgends.

Franchetti war Künstler, Sammler und Gelehrter
in einer Person. Er kannte venezianisches Privat-
altertum genau und ging mit äußerster Behutsam-
keit an die Arbeit des Ergänzens und Restaurie-
rens. Den Marmorfußboden des Atriums, neben
dem Binnenhofe, pflasterte er in jahrelanger Arbeit
eigenhändig, da es ihm die gelernten Arbeiter
nicht zu Dank machten. Er hatte alte Muster für
den Boden und die Wände. Und auch die Holz-

und baute sich dann die Decke ein in einen Saal
seines ersten Stockwerkes. Jedes Mittel war ihm
recht und geläufig. Er „brauchte" für Ca d' Oro
eine Holztreppe des fünfzehnten Jahrhunderts, vom
ersten zum zweiten Stockwerk; aber es gab nur
eine einzige in ganz Venedig, gotisch-arabischen
Stils, aus dem Palazzo Agnella. Aber die gehörte
dem Museo Correr, dem historischen Museum der
Stadt. Doch er ruhte nicht, bis er sie hatte, bis
das Museo Correr sie ihm gab. Er machte ein
Testament, daß Ca d' Oro mit allem, was darin
wäre, nach seinem Tode der Stadt Venedig zu-
fiele, wenn ihm gestattet würde, im Cortile von

FRANCIABIGIO, VENUS

MUSEUM CA D ORO, VENEDIG

decke ließ er nach einem alten Stück, das er auf-
getrieben hatte, ergänzen. Da es sehr dunkel war
im Hof und in den Sälen, kaufte er das Neben-
haus, ließ es abbrechen und einen Garten anlegen,
um Licht zu bekommen. In leidenschaftlicher
Sammelarbeit wußte er immer alles zu finden, was
er für seinen Palazzo brauchte, antike Büsten und
Statuen für die Arkaden im Hof und einen mar-
mornen Brunnen, von Bartolommeo Buon, ein
Prunkstück mit den Gestalten der Tugenden. Als
er erfuhr, daß aus dem Palazzo Gritti-Faccanon
eine vergoldete Holzdecke nach Amerika verkauft
sei, denunzierte er Käufer und Verkäufer auf Grund
der Lex Tacca, des Ausfuhrverbots für Kunstwerke,

Ca d' Oro begraben zu werden. Auch dies be-
willigte die Stadt. Er hätte sonst nicht ruhig ar-
beiten können. Als er dann, nach dreißigjähriger
Tätigkeit, mit der Restaurierung und Einrichtung
seines Palazzo fertig war, im Jahre 1923, ging er
hin und schoß sich eine Kugel durch die Schläfe;
achtundfünfzigjährig. Er sah keine Aufgabe mehr.
Im Cortile von Ca d'Oro liegt er begraben, unter
dem Stumpf einer antiken roten Porphyrsäule. Seit
kurzer Zeit ist dieses Museum, nachdem es im Sinne
des Stifters ganz fertig gemacht wurde, der Öffent-
lichkeit zugänglich.

Ein Museum im landläufigen Sinne ist es nicht.
Sondern das Privathaus eines Venezianers, aber

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