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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 7
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Gasquet, Paul: Aus dem Leben Cézannes
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0311

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PAUL CEZANNE, STILLEBEN MIT FRUCHTKORB

MIT ERLAUBNIS DER D. D. A. (GALERIE FLECHTHEIM)

wenn ich diese brennenden Tränen dem Kultus
seiner Getreuen vorenthalten würde. Jene, die
über diesen Menschen gelacht haben, wie sie über
alles lachen, was scheinbar schwach, in Wahrheit
ihren Horizont übersteigt, sollen es am Ende
erfahren. Es gibt Blicke, die die Barmherzigen
quälen, und alles Genie ist in seiner Wesensart
Barmherzigkeit. Dahin kann es führen, wenn
diejenigen, an die es sich wendet, seine Schöpfung
nicht begreifen. Einer solchen inneren Qual
kann die anonyme Verfolgung einen Künstler
aussetzen, der nur Güte und Kraft ist, der geboren
ist, um die Jahrhunderte zu lieben und zu trösten,
aber von seinen Mitmenschen und seiner Zeit ver-
schmäht wird. Ich sehe hinter diesen blutenden
Zeilen die tragischen Züge meines alten Meisters
aufsteigen, so wie er sich einmal gemalt hat, ver-
stört, riesenhaft und sanft, von Stimmen bedroht

und eigenwillig, von einer Zartheit, die einem ins
Herz dringt, aufsteigend in seinem blauen Zorn,
eingehüllt von einem biblischen Schatten, Rem-
brandt gleich.

„Lieber Herr Gasquet!

„Ich bin Ihnen heut Abend am Ende des Korso
begegnet. Sie waren in Begleitung Ihrer Frau.
Wenn ich mich nicht täusche, schienen Sie arg
über mich erzürnt.

„Wenn Sie in mich hineinschauen könnten, den
Menschen von innen sehen, würden Sie es nicht
sein. Sie merken also nicht, in welchen traurigen
Zustand ich geraten bin? Nicht Herr meiner
selbst, ein Mensch, der nicht existiert, und Sie
wollen Philosoph sein, Sie wollen meinen Weg
zu Ende gehen ? Aber ich verfluche die Herren ...
und jene Käuze, die um einen Artikel für
50 Franken die Aufmerksamkeit des Publikums

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