Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe (27.1929)

auf mich gelenkt haben. Von meiner Jugend an
habe ich gearbeitet, um mein Leben zu verdienen,
aber ich glaubte, daß man gute Malerei machen
könnte, ohne die Aufmerksamkeit auf seine private
Existenz zu lenken. Gewiß, ein Künstler wünscht
seinen Geist möglichst zu bilden, aber der Mensch
soll im Dunkeln bleiben. Das Vergnügen soll in
dem Studium bestehen. Wenn es mir gegeben
gewesen wäre, etwas zu verwirklichen, so wäre
ich in meinem Winkel geblieben, mit einigen
Ateliergenossen, mit denen wir ein Glas trinken
gingen. Ich habe noch einen guten Freund aus
jener Zeit, nun ja, er hat nichts erreicht, obgleich
er tausendmal mehr Maler war als diese Pfuscher
mit Medaillen und Orden, man könnte ver-
zweifeln und Sie wollen, daß ich in meinem Alter
noch an etwas glaube. Übrigens bin ich schon

so zu sagen tot. Sie sind jung, und ich verstehe,
daß Sie etwas erreichen wollen. Aber ich, was
bleibt mir in meiner Lage zu tun übrig, als leise
bei Seite zu treten, und wäre es nicht aus un-
widerstehlicher Liebe zu dem heimatlichen Boden,
so wäre ich nicht hier. Aber ich habe Sie nun
genug damit gelangweilt, und nachdem ich Ihnen
meine Lage erklärt habe, hoffe ich, werden Sie
mich nicht mehr ansehn, als hätte ich Ihr Leben
bedroht.

Glauben Sie, lieber Herr Gasquet, in Anbe-
tracht meines hohen Alters an meine aufrichtigen
Gefühle und Wünsche für Ihr Wohlergehen."

Ich eilte in den Jas. Sobald er mich erblickte,
öffnete er die Arme „— Sprechen wir nicht mehr
davon," sagte er, „ich bin ein alter Esel. Setzen
Sie sich dahin, Ich will Ihr Porträt malen."

PAUL CEZANNE, MEERLANDSCHAFT

MIT ERLAUBNIS DER D.D.A. (GALERIE FLECHTHE1M)

2«3