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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 27.1929

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Heft 11
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Troendle, Hugo: Das Erbe Poussins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7608#0456

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Harmonie des Ganzen! Das Licht über dem Bild,
über dem Raum!

Poussin ist einer der ersten Entdecker des
Lichtes, ein erster Entdecker des plein air. Die
Farbe manches andern Großen neben ihm ist
Schule, Rezept, ist nur farbig gehöhte Zeichnung.
Er ist von größerer Wahrheit in der Farbe als die
ihm oft verwandten Venezianer.

Es sind ganz persönliche Naturbeobachtungen,

weißes Tuch, ein farbiges Gefäß dabei, ein Körb-
chen mit Blumen, Teile von Kleidern der Nym-
phen, die im Halbschatten der Bäume ihr Bad
nehmen: all das ist von einer so entzückenden
Wahrheit, daß Chardin, Cezanne und Renoir in
ihren Stilleben sich daran begeisterten und davon ler-
nen konnten. Entdeckungen der großen Impres-
sionisten sind hier von einem Klassiker schon zwei-
hundert Jahre vorher vorweggenommen worden.

NICOLAUS POUSSIN, VENUS UND ADONIS

LONDON. NATIONAL GALLERY

eigene Stimmungswerte in der Natur eingefangen
und mit größter Freiheit für das Bild umgewertet
und umgeschmolzen, doch so, daß noch der Zauber
des ersten Eindruckes lebendig bleibt. Wie fast
alle Alten hat Poussin nie draußen gemalt; er hat
nur in herrlichen summarischen Tuschzeichnungen
Form und Luftstimmung der Landschaft direkt
festgehalten.

Und dann erst die Einzelheiten, die das große
Werk ausschmücken und beleben! Da liegt ein

Poussin ist reich, unendlich reich, er hat für
viele, für alle etwas, die Einsehen in die wirkliche
Malerei haben. Ein großer Zusammenfasser, ein
unendlich reicher Spender, ein großer Maler in
einer barocken Zeit, riß er noch einmal alles zu-
sammen, was er in Italien an Tradition, an Ge-
setzen, an Erkenntnissen und an Uberlieferungen
fand, erlebt er als Außenseiter, als Sohn des da-
mals kunstarmen Frankreich diese Welt, blieb
Franzose in Italien und war nebenher ein moderner

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