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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

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Heft 2 (Februar 1926)
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Fritz, Ernst: Offener Brief an Herrn Professor Dr. Kerschensteiner, München
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5. Internationaler Kongreß für Zeichen- und Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0044

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38

Eine schöpferische Betäkigung des Kindes gibt es
nichk, es handelt sich hier nur um eine Episode, die
abgetan, abgeschöpft ist. Wir bitten Sie, sehr ge-
ehrter Herr Professor, davon überzeugt zu sein, daß
wir uns durch die Begeisterung für die Sache nichl
den Blick trüben lassen und uns die nokwendige
Selbstlrrikik bewahren, die ekwaige Auswüchse als
solche erkennk und behandelt.

Da Sie, sehr geehrter Aerr Professor, in Zhrem
Bortrage als lehken und höchsten Maßstab für die
rechte Arbeit und ihre Bewertung die „Nachprüs-
barkeit" hingestellt haben, so sehen wir in Sie das
Berkrauen, daß Sie diesen hohen Mahstab auch an
unsere Lebensarbeit legen, mit der wir an unserem
bescheidenen Teile dazu beitragen möchten, aus der
uns anvertrauken Iugend harmonisch gebildete Men-
schen heranzuziehen. Wir erwarten von Ihnen, daß
Sie auch 2hr Wortspiel prüfen, das sich auf die ein-

seitige Beurteilung eines Einzelteiles der Ausstel-
lungen stühj, ob es bestehen kann vor dem Richker-
stuhle der von Ihnen in Ihrem Vorkrage selbst auf-
gestellten hohen ekhischen Gesehe.

Die deutsche Zeichenlehrerschaft aber sagt Ihnen,
Herr Professor, daß sie — gleichen Sinnes mik deu
Richtlinien des amklichen Lehrplanentwurfes — in
der schöpferischen Tätigkeit der Schüler nicht ein
Gebiet flehk, das „abgeschöpfk" ist, sondern viesmehr
ein Gebiek voll sprudeinder Lebensquellen, die nie
ausgeschöpft werden können.

2. A. des Provinzialvereins Westfalen für den .
Landesverein akad. gebild. Zeichenlehrer Preußens
Ernst Fritz, Studienrak. .

Dorkmund, im llanuar 1926.

5. Internationaler Kongreh für Zeichen-- und Kunstunterricht

Näch einer Pause von 13 Zahren — der letzte
Kongreß fand in Dresden stakk — wurde vom 30 lluli
chls-L.-,MMt in Paris der Z. Kongreß abgchalten.
Wir Deutscken konnten uns nichkoaran bekeiliaen.
Dem eben erschienenen Bericht enknehmen wir Rach-
stehendes.

Me in freundschaftlichstem Geiste geführken, sehr
anregenden Beratungen führten zur Annahme fol-
gender Thesen:

Thesen z« Frage I.

Internakionaler Wert des Zeichnens als Weltsprache.

In Anbetracht, daß das Zeichnen als Ausdrucks-
mitkel für das Denken die einzige Sprache ist, welche
von allen Völkern verskanden wird, datz die Mög-
llchkeik, die gemeinsamen lldeen auszukauschen, der
erste Schritt ist zur Berständigung der Bölker,
in Anbekrachk auch der Borkeile, welche flch ergäben
durch die Bermeidung jeder Doppelsinnigkeit in
der Auslegung des Texkes eines und desselben
Berkrages bei Ilebersetzung von einer Sprache in
dle andere,

> L stellt der Kongreh den Antrag:
daß jedes verkragliche Schriffftück, welches sich auf
flchtbare oder greifbare Dinge bezieht, ersehk oder
zum mlndesten begleitek werde von gezeichneken
oder phokographierten Dastellungen,

und fordert im besonderen:
daß in Friedens,- Schiedsgerichts- und anderen Ber-
trägen zwischen den Bölkern, in denen es sich um
Dlnge handelk, die flch auf Form und Farbe be-
zishen und zeichnerisch ausgedrückt werden können,
'der Bölkerbund diese Ark der Darstellung jeweilen
verlange.

Der Kongreß drückt ferner den Wunsch aus, es
möchken auch die Regierungen der dem Bölkerbund
noch nicht angeschlossenen Nationen stch durch vor-
stehenden Ankrag leiten laffen und die bildliche Mie-
dergabe in allen ihren Berhandlungen mit andern
Bölkern ebenfalls gebührend verwenden.

Thefen zur Frage H.

Ilnioerselle Bereinheitlichung der ia den verfchiede-
aen LSndern üblichea Zeichen, Syinbole nnd
FLrbnngen.

3n Anbekracht, daß die moderne Zivilisakion auf
allen Gebieten der menschlichen Tätigkeit ohne Iln-
kerlaß nach Einheiklichkeit sirebk,

beantrqgt der Kongreß:

daß das Inkernakionake Amk für geistige Zusammen-
sarbeik diese Bereinheitlichung aller Äusdrucks-
formen anstrebe und erlange:
daß Zeichen, Symbol und Färbung als Merkmale
für Richtung, Bereich, Schllh und Sicherheit in
allen Ländern dieselben selen:
daß alle Maße, Kaliber und Ersatzteile, alle Hilfs-
miktel bibliographischer, stakistischer ünd kartogra-
phischer Gliederung inkernakional seien:
daß zur Bermeidung von Gefahren und Ilnfällen die
Bereinbarungen über Färbungen zur Bezeichnung
von Flüsiigkeiken, Gasen und elektrischen Strömen
in allen Ländern dieselben werden.

. Der 5. Kongreß befchließk Lberdies, es seien die
bezüglichen Vorarbeiten der früheren Internakiona-
len Zeichen-Kongreffe samt vorsttzhenden Ankrägen
dem Bölkerbund und allen Regierungen zu anregen-
der Auskunfk zü übermitteln. -

Thesen z« Frage Hl.

Bringt der heukige Zeichenünterricht der verschiede-
nen Stufe« «nseren Gewerben «nd llndufirieen dle
von ihm «rwarkeke FSrderung?

3n Anbetrachk, daß die allgemein-bildende Schule
keine beruflichen Ziele verfolgen kann und daß das
Zeichnen aüf dieser Stufe, wie alle andern Fächer,
lediglich den Forderungen der allgemeinen Bildung
und Erziehung zu genügen hak,

beantragt der Kongreß:
 
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