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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 10.1875

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Bermischte Nachcichten. — Berichte vom Kunftmarkt.

36-t

riode, wo die ganze charakteristische Eigenthümlichkeit seiner
hervorragenden Begabung zum vollen Durchbruch gelangt
war, können wir Rethel in diesen Blättern werden nnd reifen
sehen und müssen sein unablässiges Streben, sein vielseitiges
Wissen und die ächt deutsche Wnnlichkeit seines Wesens an-
erkennen nnd bewnndern. Es ist wirklich nicht genug zu be-
klagcn, daß ein so seltener Genius auf der Höhe seiner Leistungs-
fähigkeit in die Nacht des Wahnsinns verfallen uud die Voll-
endung seineS Hanptwerks, der Wandbilder in Aachen, frcmden
Händen überlassen mußte! Die hier ausgestellten Kompo-
sitionen bringen mehrere Scenen aus dem alten und neuen
Testament nnd ans der Geschichte des heiligen Bonifazius, die
Rethel bekänntlich auch zu einigen Oelbildern den Stoff bot.
Die meisten Entwürfe sind aus der Geschichle der deutschen
Kaiser: Kaiser Wenzel erfindet das Petschaft, Rudolf von Habs-
burg cmpfängt vor Basel die Nachricht seiner Erwählung zum
Kaiser, Adols von Nassau wird bei Göllheim erschlagen, Karl
der Großc anf der Jagd, Heinrich IV. im Sarg, nnd viele
andere mehr oder ininder bekannte Gegenstände sehen wir in
höchst charakteristischer Weise dargestellt. Daran schließen sich
Karl Martell in der Schlacht bei Tours, das Pserd Gustav
Adolf's in der Schlacht bei Lützen, Arnold von Winkelried,
das Gebet der Schweizer vor der Schlacht bei Sempach und
andere verwandte Begebenheiten. Eine sehr vercinzelte Stellnng
»immt eine Scene aus dcn Fröschen des Aristophanes ein,
da die Welt der alten Griechen und RLmer sür Rethel sonst
wenig Anziehungskraft gehabt zn haben scheint. Sein strenger
nnd etwas herber Stil eignet sich ja anch nicht zu Darstellungcn,
bei denen wir stets an die Formenschönheit der Antike denken
würden! Unter den Entwürfen zu den Aachener Fresken be-
sindeu sich auch zwei, die dort nicht znr Ausführung gelangt
sind, wahrscheinlich aus Mangel an Raum, da wir es bei der
Trefflichkeit dieser beiden umsangreichen Kompositionen sonst
nicht recht begreifen könnten. Die eine zeigt Karl dcn Großen
anf dem Konzil zu Frankfurt a. M. und die andere die Ge-
sandtschast Harun al Raschid's, die dem mächtigen Franken-
kaiser kostbare Geschenke überreicht. Eine Menge scharf charak-
terisirter Figuren sinden wir hier in den verschiedenartigsten
Gruppen, und es wäre sehr zu wünschen, die beiden interes-
santci^ Zeichnuiigen wenigstens durch entsprechende Verviel-
fältignngen allgemein bekannt gemacht zu sehen. Auch der
Studienkopf zn dem todten Kaiser anf dem Bilde „Otto III.
öfsnet die Gruft Kärl's", in markiger nnd wirkungsvoller Weise
anf Tonpapier ausgesührt, ist unter den ausgestellten Blättern,
die noch so viel des Bedeutsamen enthalten, daß wir es uns
leidcr versagen müssen, hier näher darans einzugehen, weil
wir sonst der Ubrigen Erscheinungen in den Ausstellungs-
räumen diesmal kaum noch gedenken könnten. Und da gibt
es doch noch Einiges, was wir flüchtig erwähnen möchten.
Ans Brüssel hat Emile Wauters fünf sehr verschiedenartige
Bilder eingesandt, die von einer seltenen Beherrschung der
Technik und koloristischen Begabung zeugen. Ein Motiv aus
Kairo, das Begräbniß eines Mönchs und drei scharf indivi-
dualisirte Studienlöpse boten auf mannigfache Weise Gelegen-
heit, die geistreiche Auffassung uud Behandlung dieseS hier

bisher noch nnbekairnten Künstlers znr Aiierkennung zu bringeW
— Eine große Landschast von G. Oeder zeichnele sich ebe"-
falls vortheilhaft aus, und ein Damcnporträt von Mülle':
von Bonn war schön modellirt und gezeichnet, leider aber
etwas schwärzlich in der Farbe. Sehr ansprechend wirkte"
zwei Statuetteu von Georg Nenmaiin, einem Schüler
tig's. Die eine, eine Fran darstellend, die ihr krankes Kin"
durch einen Labetrunk stärkt, haberi wir schon früher lobend
erwähnt; die andere aber, eine Psyche von reizend jungsräU's
lichem Ansdrnck, ist noch nngleich gelungener und vcrdiem
sowohl in ber zarten poetisch empfnndcnen Auffassuug wic >"
der geschickten nnd trefflich behandelten Anssührung den wärmste"
Beifall. Es wäre recht zu wünschen, daß der talentvolle
Künstler Gelegenheit fände, das hübsche Werk in Marinor
auszuführen. Jn der Ausstellung von Ed. Schulte befand siw
von Vauticr ein neues Bild, welches ,,Der Herr Aktuarius
betitelt war. Es enthielt nur eine Figur in großer landschast^
licher Umgebung und gehörte unserem Dasürhalten nach )ll
den minder bedeutenden Schöpfungen des trefflichen Meisters.
Dagegen erfüllten uns zwei kleine Marinen von Andreas Ache""
bach wieder mit aufrichtiger Bewunderung. Die Lichtwirk""3
in denselben war von geradezn überraschender Naturwahrhcit-
Ein Damenporträt von H. Wieschebrinck jnn. zeugte vo"
hübschem Talent. H. Pohle und H. Steinicke brachte"
lobenswerthe große Landschaften zur Anschauung, denen siw
-Tjurda van Starkenborgh erfolgreich anschloß; und vo"
den Genrebildern sind noch drci kleiiicre Werke von A. Sie^
gert rühmend hervorzuheben, die sich durch feine Durchsüh-
rung und gute Charakteristik auszeichneten. Das größte der-
selben wurde noch durch ein interessantes Kirchen-Jnterienr
wesentlich gehoben.

vtnnischte llachnchttn.

L. Professor August Wittig in DUsseldorf hat den Auf-
trag erhalten, für die Säulenhalle des alten Mnseums in Berli"
das Standbild von Asmus Carstens in Marmor auszusühren-
Er hat gegenwärtig die Skizze dazu vollendet, die dnrchans
gelungen erscheint. Carstens hat den Mantel malerisch übel
die Schulter geworfen, wodurch das wenig kleidsame KostüM
seiner Zeit in geschickter Weise der künstlerischen Behandlimg
zugänglicher gemacht wird. Die rechte Hand HLlt den Stist
und die ganze Haltung, sowie der lebendige Ausdruck des Kopfes
verräth, daß er über einen Entwnrf nachdenkt. Die Linke
hält eine Tafel, die auf einem antiken Torso ruht, wodurch
in geistreicher Weise angedeutet wird, wie Carstens sich i"
seiner ganzen Richtung auf die antike Kunst stützte, die er
wieder recht zu Ehren brachte. Auf der Tasel sehen wir seiiie
herrliche Komposition „die Geburt des Lichtes" angedenlet. Die
Fignr ruht aus dem rechten Beine, während das linke leicht
vorgestreckt ist. Kniehosen, Strümpfe und Schuhe lassen die
Formen zur vollen Geltung komnien. Der Kopf ist bei spre-
chender Aehnlichkeit höchst ideal aufgefaßt, nnd überhaupt habe"
wir in der ganzen Statue den klasstschen Geist anzuerkenne"-

^ericlrte vom Älu^trnurlrt.

Drei Gerliner Knnst-Äulrtionen.

Jm Auktions-Lokale von R. Lepke kanien im Februar
drei Sammlungen zur Versteigerung, deren jede ein be-
sonderes Jnteresse erweckte. Die erste, am 9. Februar,
brachte Oelgemälde alter Meister aus dem Nachlasse
des Banquiers Hostmann in Celle. Wenn wir uns auch
nicht von den berühmten Namen, welche einzelne Bilder
trugen, beirren lassen, da der Auktionator oft die Ver-
steigerung mit der Vcrpflichtung übernimmt, die Bilder
unter dcni Namen zu registriren, den sie beim früheren

Besttzer getragen haben, so fanden wir doch manches
Nennenswerthe, und die gezahlten Preise für die besseren
Bilder beweiscn, daß die Kuustsammlcr mit geübtem Augc
wählten. Wir stellen hier einzelne Preise zusammen:

Louis de Vadder, Landschaft.

Mk. 130

A. Bronzino, Kuiestück eines Ritters . . .



201

Coiu. van Harlem, das jüngste Gericht . -


127

Schule des Tiziau, ruhende Venuü . - -



3Ul

Boiüfazio, h. Familie.



215

N. de Largilliöre, Jakob II. mit Gemahliu .



6N0

Ruisdael, Landschast.



570

Z. Moucheron, italieinsche Laudschaft .



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