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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1904)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0103

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so oft gegen den Schauspielerstand als solchen einnimmt; mit senem Ver-
äußerlichen des Persönlichen, von dem uns einer, der's wissen muß, der
Hofburgschauspieler Gregori, erst im vorigen Hefte gesprochen hat. Auch
die von uns mit abgedruckte große Szene zwischen Vater und Sohn am
Schlusse des ersten Akts bleibt dadurch nah an der Oberfläche, der Vater
erscheint nicht als der, als den wir ihn nach Hardts Wunsch fühlen sollten,
er wird überhaupt nicht recht Fleisch und Blut. Hardt visiert eben unbe-
wußt immer selber vom Standpunkte des Schauspielers aus. Ein ganz
nebensüchlicher Zug ist dafür außerordentlich bezeichnend. Hardt motiviert
eine Abwesenheit des Helden damit, daß er zu Kostümaufnahmen zum Photo-
graphen gefahren ist, und ahnt nicht, wie diese vielleicht ja unumgängliche
Beschäftigung am nächsten Morgen nach dem ersten durchschlagenden Erfolge,
wir dürfen fast sagen: als erste Handlung nach dem endgültigen Siege von
Vults Persönlichkeit über die väterliche auf alle verkleinlichend wirken muß,
die dem Theaterwesen kühler gegenüberstehn.

Trotz der kleinen und großen Einwände jedoch verdient das junge
Talent seines Verfassers eine allgemeinere Beachtung jedenfalls. Nichts wäre
irriger, als wegen der angegebenen sittlichen Bedenken das Stück nun selbst
für unsittlich, für frivol oder doch „lax" zu halten. Mich wenigstens hat
nach der ethischen Seite hin gerade das in diesem Schauspiel angeregt, daß
dem Verfasser in sittlichen Fragen Anderes den Ausschlag gibt, als mir,
und wenn ich mich schließlich in der eignen Auffassung nur bestärkt gefühlt
habe, so hab ich ihm ja gerade für diese Bestärkung dankbar zu sein. Daß
sich die Kräfte auch am Gegner stärken, das gibt ja jeder Auseinandersetzung
mit einer ehrlichen Persönlichkeit den Wert. Und Hardt ist ehrlich und
ernst, er macht weder sich noch uns blaue Dünste vor, um etwas erlaubt
scheinen zu lassen, weil es ihm gefällt, er strebt sittlich, nur umfaßt,
glaube ich, sein Auge manche der Wenn und Aber noch nicht. Seine Arbeit
scheint mir erfreulich, weil sie Probleme, wie sie Sudermann und ähnliche
Theaterschriftsteller auf den groben Effekt hin bearbeiten, wesentlich feiner
erfaßt. Jm Vergleiche mit Sudermann ist Hardt unzweifelhaft die tiefere
und auch die sittlichere Natur. So würden wir's auch schon aus ethischen
Gründen begrüßen, wenn Talente wie das seine neben den Talenten in
Sudermanns Art im Wettbewerbe um die Bühnengunst erfolgreich wären.
An einzelnen Schönheiten ist das Schauspiel reich. Starke eigene Züge
allerdings kann ich für mein Teil in Hardts Talente noch nicht erkennen.
Ob es ihn zu der Bedeutung eines starken dramatischen Dichters tragen
wird, das müssen wir eben abwarten. Aber ein guter Bühnenschriftsteller,
wie wir immerhin nur wenige haben, das ist er schon jetzt.

Als Buch ist der „Kampf ums Rosenrote" im Jnsel-Verlage zu Leipzig
erschienen.

*

Ein großes, in reichem, aber einfachem Stile eingerichtetes Herren-
zimmer. Eine Bibliothek an den Wänden. Vorn ein breiter, frei im Zimmer
stehender Spiegel. Jn der Hinterwand eine Flügeltüre. Jn der rechten Wand
eine einfache Tür, in der linken ein großes, sehr breites Fenster, welches
geöffnet ist.

Vult (jung, schlank, steht vor dem Spiegel und behängt sich mit
einem schweren, weißen Tuch, sodaß es, einem antiken Gewande ähnlich,
über seinen Körper fällt. Darauf wendet er dem Spiegel den Rücken und

2. Gktoberheft 8 t
 
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