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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1904)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0125

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von Bergen (voll unterdrückter Wut): Du beharrst dabei, Vult?

Vult: Jch will mein Leben erfülleu, Vater!

von Bergen (erstickend und heiser): Jch habe mit dir nichts mehr
zu tun, Vult! — — Aus! Aber es ist meine Pflicht, alles zu tun, was
dich au deinem wahuwitzigen Vorhaben verhindern könnte! Es ist ganz
einfach meine Pflicht, dich zu zwingen. Jch verweigere dir daher die Mittel
zu deinem Lebensunterhalt!

Vult: Was sagst du?

von Bergen: Mit meinem Gelde soll es nicht geschehen!

Vult (schreiend): Vater! Das ist Sklavenpeitsche! Das ist gemein!

von Bergen (stürzt auf ihn zu und hebt die Hand zum
Schlage): Du!

Vult (schreit): Schlag mich nicht!

(Sie stehen eine Weile mit funkelnden Augen voreinander, dann stürzt
Vult zur großen Türe hinaus und rnst anf dem Treppenflur): Ella! Mama!
Ella! (Kommt znrück und eilt in sein Schlafzimmer. von Bergen steht
hochaufgerichtet und wie gelähmt in der Mitte des Zimmers. Man hört
die ängstlichen Rufe der Frauen auf der Treppe): Vult, Vult, was ist denn?
(Ella und Emma von Bergen kommen atemlos herein.)

Emma von Bergen (klein, nervös): Was ist geschehen, um
Gotteswillen, Julius, was ist geschehen?

Ella: Vater, lieber Vater!

(Vult kommt im Radmantel herein.)

Emma von Bergen: Vult, so sprich du doch, was ist geschehen?

Vult (tritt neben Ella, deren Hand er hält. Bebend dem Vater
gegenüberstehend und ihn ansehend): Jch habe meinem Vater mitgeteilt,
daß ich entschlossen sei, mein Leben zu erfüllen, wie ich es fühle — auch
gegen seinen Willen. Er hat mir daraufhin — um mich mit Gewalt zu
zwingen — die Existenzmittel zu diesem Zweck verweigert. Jch verlasse
nun sofort mein elterliches Haus! (Wendet sich zur Mutter.) Lebe wohl,
Mutter!

Emma von Bergen: Aber um Himmels Gotteswillen, Vult! Ju-
lius! Julius, wie kannst du?

Vult: Bitte, Mama, laß ab, ich bitte dich.

Emma von Bergen: Aber, mein Kind . . . Julius . . . Julius . . .

Vult (tritt auf sie zu und will sie küssen): Lebe wohl, Mama.

Emma von Bergen (händeringend): So nimm doch Vernunft
an, mein Kind!

Vult (flehend): Mutterchen!

Emma von Bergen: Und so willst du gehen — um Gottes-
willen, so? — Warte, warte doch nur noch einen Augenblick . . . (Jrrt hinaus.)

von Bergen (hebt die Faust): Vult!

Vult: Verzeih mir, Vater, daß ich dich vorhin beleidigt habe . . .
und lebe wohl! (Wendet ihm den Rücken. Umfaßt Ella und küßt sie viele
Wrche.) Grüße Frieda. —

von Bergen: Mein Sohn Vult!

Vult (fast schreiend): Quäle mich nicht, Vater, ich muß!

Emma von Bergen (eilig herein): Hier, hier, mein Kind. Jch
hatte noch etwas, nimm das! (Drückt ihm, den Vater ängstlich ansehend,
eine Börse in die Hand.)

2. Gktoberheft l03
 
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