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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1904)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0141

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den Hamburger Vierlanden und der
Altländer Elbmarsch in zehn ver-
schiedenen Trachten beteiligte. Zur
Vervollständigung des Bildes nieder-
deutschen Bauernlebens diente die
„Buern-Komedie", eine Anzahl leben-
der Bilder. Bot das alles mehr
Augenweide für auswürtige Besncher,
so kam am Abend das Landvolk selber
zu seinem Recht. Wer das Treiben
auf den verschiedenen Tanzböden be-
obachtete, dem bewies der Augen-
schein, daß aus dem Feste ein rich-
tiges Volksfest geworden war. Dort
ging es her, wie es uns der „Platt-
deutsche Wegwieser", der selbst ein
kleines niedersächsisches Kunstwerk
war, vorher versprochen hatte, „da
danzt wie bunt, schottisch, Kadrillje,
un Kontrahnpsa, Föftehalsturigen un
Kontraachterüm, Windmüller un Kon-
tradreetritt".

Es gibt eine ganz erkleckliche An-
zahl von Leuten, die ganz und gar
nicht für ein solches Volksfest zu
haben sind. Sie verurteilen es aus
verschiedenen pädagogischen Gründen,
die immerhin erst geprüft sein wol-
len. Und selbst solche, die es will-
kommen heißen, stehen an verschie-
denen Ufern. Manche sehen in bäu-
rischer Eigenart eine Rückständigkeit,
die für den Fortschritt des Ganzen
hemmend ist, und erhoffen gerade
von solchen Festen eine Beschleuni-
gung der „knlturellen Entwicklung"
des Bauernstandes und damit den
beschleunigten Verfall seiner alten
Sitten und Eigenheiten. Für andere
ist das Ganze wieder weiter nichts
als ein Schauspiel, ein „Theater",
angenehm fürs Auge. Nur deshalb
heißen sie es gut. Aber solche Trach-
tenfeste sind doch nicht in erster
Linie des Zuschauers, des Städters
wegen da. Unsre Zeit, die so laut
das „Ansleben" der Persönlichkeit
verlangt, sollte doch einem ganzen
Stande, dessen einzelne Glieder durch-
weg unter gleichen Bedingungen

leben, auch die ihm eignen Aeuße-
rungen gelten lassen, und ihm hel-
fen, sie zu bewahren da, wo städti-
sche Sitten oder Unsitten sie ver-
drängen wollen. Mir scheint, die
Aufgabe solcher Feste ist nicht etwa:
Totes aufzuwecken, wohl aber: Le-
bendes, das von außen getötet wer-
den soll, so zn kräftigen, daß es in
eigne Entwicklungsbahnen kommt.

So weit unser Berichterstatter.
Was ich persönlich über die Volks-
trachtenfrage denke, werd' ich hier
binnen kurzem sagen, wenn nur erst
einige noch mehr drängende Fragen
besprochen sein werden. Festen wie
diesen messen wir vom Kunstwart
so wenig, wie aller Wahrscheinlich-
keit nach ihre Veranstalter selber,
eine große Kulturbedeutung bei, aber
wir begrüßen sie als Versuche, über
die Verhältnisse und die Aufgaben
vor allem einmal sich und andere
aufzuklären. A

G Wer macht's nach?

Der Hamburger Prüfungsausschuß
für Jugendschriften schickt uns den
Brief eines jungen Mannes. „Jch
bin soeben militärfrei geworden und
habe mich zusammen mit meinen
Freunden entschlossen, statt zur Feier
dieses Ereignisses einen Sufs zu ver-
anstalten, für das Geld eine Anzahl
Jugendschriften für die Volksschule
unsres etwa 600 Einwohner zühlen-
den Dorfes anzuschaffen. Jch würde
dafür H0 Mk. ausgeben. Belieben Sie
nun, mir bei der Anschaffung der Bü-
cher mit Rat an die Hand zu gehen."

Rührend ist ein kleines Ereignis,
das trotz all seiner Einfachheit bei-
nahe romanhaft klingt. Jn einer
deutschen Kleinstadt stirbt ein junger
Gymnasiast. Vor seinem Tode hat
er gebeten, daß man ihm keine Kränze
auf den Sarg legen, dafür aber sam-
meln und den Betrag dem Dürer-
bunde schicken solle. Dem ist die Gabe
auch zugegangen.

2. Gktoberhest lstOH
 
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