Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

DOI Heft:
Heft 7 (1. Januarheft 1905)
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0557

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Halle, dis der Dinge Musterbild enthält,

Nebst aller wesen Urgestalt, vom Geist vermutet. —

Den Gießbach ferner, der in bfarfenpsalmen flutet.

Tief unten aus der Lrde springen seine Vuellen;

Zum Liede schmilzt das Leid in diesen reinen Wellen. —

Den tiefen waldsee ferner der Lrinnerung,
wo das Dergeßne auferscheint, erfrischt und jung. —

Den wendelberg, der sich verwandelt jeden Morgen
Und täglich neue Landschaft hält seinj Ljut verborgen.
was eilst du töricht in die Ferne, wanderstab?

Lsier ist des Neichtums Reichtum. Speis dein tserz und lab. —
Die Zeder Amuna, die aus der wahrheit sprießt;

Der Zrrtum schwindet, wer von seiner Frucht genießt. —
Hernach den Lngpaß, wo die Stunden und Minuten
Zn ew'gem wechselzuge hin und her sich sputen.

Leicht heben sie den Fuß, hellsingend in der Frühe,

Doch Abends stumm, beschwert mit irdischer Not und Nlühe.
Doch als sie auch das Tal Lidophane zuletzt
Lntdeckten, wo, der Fesseln ledig, leibentsetzt,

Nor deinem Blick lustwandelt dein enthülltes Zch,

Lsier stehst du, drüben grüßest du vom Walde dich,

Da sprach Apollon: „Artemis, du edle Frau,
wenn ich die Seele dein vor mir lustwandeln schau,

So ist sie rein von Makel, wie von Golde lauter."

Darauf versetzte Artemi^: „Geliebter, Trauter,
von lauterm Golde nicht, es ist ein Aern darinnen,

Lebendig, warm und weich, der mag dich zärtlich minnen."

Und also weiter, durch des Lilands Ueberfluß.

Nie fand der wunsch Genüge, nie der Geist den chchluß.
weil neue wunder schafften neue Zögernis.

Bis daß der Zwang der Stunde sie von dannen riß
Und heimwärts zogen zum olvmpischen Gestade
Apoll und Artemis ruhmreich die luft'gen j)sade.

Und es geschah um dieses Tages Mitternacht,

Da sprach zu sich, aus traumbegabtem Schlaf erwacht,

Apoll: „lvelch geistisch Aingen durch den Mondenschein
l^aucht aus der l^öhe atmend in mein lferz hinein?

Zch kenne diese Sprache, heimatlich bekannt,

Und diese treue Stimme, herzlich anverwandt."

Und sieh, im chternenhaus, vom chchlummergeist enttragen,

Die Freundin Artemis, stehend im Nlondenwagen.
chchlafwandelnd lenkte sie durch schwindelhafte Räume
Die blinde Fahrt. An ihrem Ulantel hingen Träume;
j?halänen huschten um die Räder. Und von ferne
Folgten in leisem Zuge die erstaunten Sterne.

Die Lrppen öffnete die Ljeldin unbewußt,

Die Zunge sprang, ein bsymnos quoll ihr aus der Brust:

Runstwart XVIII, 7
 
Annotationen