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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 7 (1. Januarheft 1905)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0575

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sich darüber wunderte. Hat er nicht
sich und die Seinigen alle zwei
Jahre einmal im ganzen oder ein-
zelnen photographieren lassen? Und
sind die fünszig Mark nicht jedes-
mal „der Kunst" zngeflossen? Und
hat er nicht auch je eine Eintritts-
karte für sich und die Seinigen
in die Kunstausstellung gekauft? Und
in unselten wiederholten Fällen so-
gar Ansichtspostkarten? Jch nehme
die neueste Zeitung in die Hand
und lese: „Se. Majestät der König
ließ gestern dem Offizierskorps des
Regiments ein lebensgroßes, in Oel
gemaltes Bild Seiner Majestät
durch den Flügeladjutanten überrei-
chen. Das Bild wurde im Atelier
des Hofphotographen X. U. gemalt."
Es scheint, die Entscheidung, ob Licht-
wark recht habe oder nicht, wird uns
heute noch nicht gar zu schwer
gemacht. M S

W „Volkskunst im Allgäu"
Von Franz Zell. (Verlag der Ver-
einigten Kunstanstalten, Kaufbeuren.)

Wenn man endlich den unermeß-
lichen Schätzen der bürgerlichen Kul-
tur vom Ende des (8. und zu An-
sang des (9. Jahrhunderts Aufmerk-
samkeit zuzuwenden beginnt, so ver-
dient das auch die bäuerliche Kultur
jener Epoche. Eine der besten Publi-
kationen über Bauernkunst unter
allen, die mir zu Gesicht gekommen
sind, ist das vorliegende Buch. Es
sammelt in guten, zum Teil far-
bigen Reproduktionen eine Menge
Bauernhausrat aller Art, wie er
sich in dem östlichen und nördlichen
Allgäu noch vorfindet: Möbel, Spiel-
zeug, Gläser, Geschirr, Trachten, Be-
leuchtungs-Gegenstände usw. Der
Schwerpunkt dieser Sammlung liegt
in den Formen, die heut noch so
lebendig sind, wie vor 50 oder 80
oder (00 Jahren, nicht in den Rari-
oder Kuriositäten, die dabei sein
mögen und in denen sich nicht weni-
ger die reiche Gestaltungsgabe der

i bäuerlichen Künstler zeigt. Wer bei
! dieser Bauernkunst immer wieder von
j „antiquarisch" redet, von nichts als
! antiquarisch, scheint uns von einer
j fixen Jdee befangen. Wir sehn nicht
! ein, warum in die Bauernstuben
von heute nicht weit besser einer
jener primitiven blau gestrichenen
und mit ein paar Blumen verzierten
Küchenschränke Platz finden soll, als
jene letzte Karikatur der Renaissance
mit „Muschelaufsatz" oder das Ge-
spenst des „modernen Stils", wie
ich es neulich auch schon eiumal
auf dem Lande in einer Bauern-
stube entdeckt habe. Teurer und
schwieriger ist so ein echter Bauern-
schrank nicht herzustellen; man muß
nur dafür sorgen, daß es überhaupt
geschieht und der Bauer ihn kaufen
kann. Solche derbe, einfache Sachen
sangen jetzt ja hie und da wieder
an zu entstehen; beim Betrachten
der Zellschen Publikation sällt uns
auf, daß von seiner Sammlung noch
recht viel gelernt werden kann. Was
Generationen in hunderten von Jah-
ren erlernt haben, erfindet man nicht
rascher Hand wieder in zwei oder
dreien. Schultz e-Naumburg

^Weihnachten bei Bongs
versäume ich ungern, zumal ich's
ja nicht gerade am heiligen Abend
besuchen muß. Denn nirgends iu
der sogenannt deutschen Welt ist
die geschäftemacherische Skrupellosig-
keit iu gleicher Reinheit zu stu-
dieren, wie dort, wo die Berliner
j Nange mit Götz Krafft und dem
! Provinzmädel (in Eisenbahnwaggon-
Atrappe) ums goldene Kalb Cake-
walk tanzt. Nichts, was Geschäfte
verheißt, wird unser Gong-Bong-
Barnum mit ungeheurem Trommel-
schall auszubieten unterlassen, nicht
einmal etwas Gutes, und so sind
! seine fiudigen Publikationen die best-
! möglichen Führer, um die Schwä-
chen des kaufenden Publikums zu
erkennen.

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Runstwart XVIII, 7
 
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