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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,1.1904-1905

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Heft 7 (1. Januarheft 1905)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8192#0576

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„Weihnachtsnumrner" der „Mo-
dernen Kunst". Sie kostet 3 Mk.
einzeln, abonniere also, abonniere,
dann bekommst du sie für l-20
in Großsolio mit Holzschnitten auf
Glanzpapier und in prima Farben.
Suchen wir drin nach dem Weihnacht-
lichen. Vorn auf dem Umschlag:
zwei bunte Rokokodämchen in Knie-
röckchen auf dem Schnee. Drinnen
als Hauptbilder: „Andacht" von
Saccaggi, d. h. drei kokettierende
Jungfrauen, Arlin, „Flucht nach
Egypten", den Kahn dirigiert ein
Balettengel, Ryland, „Andacht", voll-
scitig ein antiker knieender Backfisch,
von Nath und Stanton die üblichen
Winterlandschaften, l2 — l Dutzend,
Hope, „Der Schmuck", ein Fräulein,
das ihn vom Schatz bekommt, Des-
celles, „Tritt ein, lieber St. Niko-
laus!", eine Kinderszene, zu der man
nur sagen kann: ei, wie nett!, Her-
nandez, „Tanz zur Empirezeit",
wiederum junge Damen natürlich,
Laurent, „Puppenwäsche" durch ein
kleines Mädchen in Unterhosen, und,
damit die Böcklin-Mode zum Ge-
schäft steuere, eine böcklinisierende
„Jdeale Landschaft", die an dieser
Stelle eine Merkwürdigkeit ist: ihr
Berfasser heißt nämlich Hans Schulze.
Warum ist das merkwürdig? Weil
alle übrigen Hauptbilder dieser dem
deutschen Volke zum deutschesten Feste
dargebotenen deutschen Zeitschrift mit
Ausnahme von Herrn Naths Gabe
von Ausländern stammen. Es
läßt sich nämlich mit dem Clichs-
handel so besser einrichten. Aber
die beiden allergroßartigsten Haupt-
gaben haben wir ja noch gar nicht
erwähnt, die beiden zwei Folio-
seiten großen Farbendrucke, die be-
weisen, daß der Verlag in der Tat
keine Opfer und Kosten scheut, um
wahrhaft große Kunstwerke mit
Aufgebot der höchsten Kraft wür-
dig zu reproduzieren. Das eine
ist von Tessier, heißt — „Atelier-

szene" und stellt einen nackten Back-
fisch dar, der auf einer seidnen
Decke eine schwarze Katze herum-

zieht. Das andre ist von Weczer-

zick, heißt „Der Festbraten" und

stellt zwei Hunde dar, die nach dem
Bratofen schnuppern, auch sie in
Farbenpracht und linear halb in
Lebensgröße. Dem Gehalte nach
ausnahmelos suppentellerseicht, hat
kein einziges all der genannten
Bilder nach irgend einer andern

Seite hin einen auch nur die Er-
wähnung lohnenden Wert, außer
nach der geschäftlichen. Und dem
Bilderschmucke entspricht an Tiefe
des Gehalts der Text. S o feiert
man Weihnachten bei Bongs.

Und Hunderte von Zeitungen haben
auch dieses Jahr über diesen Tand
verzücktes Waschzettellob abgedruckt.
Tausende von Familien halten diese
Dame „Moderne Kunst" noch heuti-
gen Tages für eine Königin, weil
sie so sehr weit dekolletiert, mit
Brillanten im Haar, mit Schleppe
und mit seidenen Strümpfen kommt.
Unsre anständige Presse schilt so viel
auf Scherl, und wenigstens die
„Woche" trägt ja sicher zum Ver-
äußerlichen das ihr Mögliche bei.
Wann tritt man endlich allgemein
gegen die Bongfche Wirtschaft auf?
Um bei den „Weihnachtsheften" zu
bleiben, ist es denn nicht eine
Pflicht, denen, die's damit noch
vornehmer treiben, wie der Leipziger
„Jllustrierten Zeitung", den Wester-
mannschen und den Velhagenschen
Monatshesten in ihrem Kampfe gegen
diese Demimondaine zu helfen? A
Wr W eih n a ch t s p y r a m i d e
und Christbaum

Da wir uns in diesem Hefte
doch schon mehrfach mit „Weihnacht-
lichkeiten" befassen, noch ein paar
Worte in Sachen der Weihicachts-
pyramiden, die ich im Bilderbegleit-
text des vorigen Heftes empfohlen
habe. Jch möchte ja nicht so ver-

j. Fanuarheft sftOö S2Y
 
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