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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 3 (Dezemberheft 1931)
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0250

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deutsche Verlei'h (wie den Rene-Clair-
Film „Die Mi'llion") nun anch dies nen-
este sranzösische Lnstspiel anßer mit der
notwendigen Textübersetznng noch mit
einem nngewöhnlich läppischen, „erklä-
renden" deutschen Vor- nnd Zwischenspiel
versieht, so ist das eine Verfälschung des
Verhältnisses der beiden nationalen Pro-
duktionen: die deutsche steht unter ande-
ren Voraussetzungen; aber derart minder-
wertig, wie sie hier im unmittelbaren
Kontrast zur französischen Kultiviertheit
hingestellt wird, ist sie keinesfalls.

Wolfgang Petzet

Ausgaben klassischer Klaviermusik

elegentlich einer Besprechung im
Kunstwart (19Z0, Dezember) wurde
die Forderung nach reinen Texten, ohne
Zutat subalterner Köpfe, erörtert, eine
Forderung, die H. Schenkers Kritik der
Herausgeber (Bülow, Riemann, Klind-
worth usw.) zu danken ist.

Ich folge gern einer Anregung, ein Ber-
zeichnis ernstzunehmender Drucke aufzu-
stellen, damit Laie, Liebhaber und Mu-
siker sich im Sinne der Schenkerschen For-
derung zurechtfinde. Denn leider sind
schlechte und gefälschte AuSgaben bei den
Verlegern in der Mehrzahl.

Die sogenannten Gesamtausgaben blei-
ben ausgeschlossen wegen zu hoher Ko-
sten; doch möge man sich übrigens ge-
wöhnen, sie mit weniger Ehrfurcht als
bisher zu betrachten, da sie mehr als re-
visionöbedürftig find. Fand ich doch z. B.
gelegentlich einer Revision des Chopin-
schen ScherzoS op. Zch welches 967 Takte
zählt, die Kleinigkeit von /s66 Fehlern
gegenüber dem Originalmanuskript. llnd
das nennt sich die kritisch revidierte Ge-
samtausgabe!!

Leider haben die Derleger der Klassiker-
ausgaben viele treffliche oder doch leid-
liche Drucke durch Neurevision, bzw.
Nachrevision verfchlechtert. So hatte
Steingräber die beste Chopinausgabe, re-
vidiert vom feinsinnigen, kenntnisreichen
und fleißigen Mertke. Aber der un-
selige Modernisierungsteufel hat auch die-
fen Verlag erfaßt, und so ließ er Mertke
durch einen gänzlich unfähigen, musika-
lisch minderwertigen Kopf, Krouke, nach-
revidieren und damit die schöne Ausgabe
erheblich verschlechtern. Ahnliches gilt bei
S. Bach, dessen WohltemperierteS Kla-
vier von Neinecke sehr anständig publi-

ziert ward. Heute muß man das Werk,
durch Busonis Allotria verfälscht, kaufen.
C. F. Peters gar hat alle alten aus-
gezeichneten Drucke, z. B. Haydns So-
naten, durch Ruthardt neu revidieren
lassen. Damit sind seine AuSgaben dieses
HerauSgeberS völlig wertlos.

Ein für allemal spreche ich eine General-
warnung aus gegenüber allen Ausgaben
von Bülow, Germer, Klindworth, Rie-
mann, Ruthardt und deren Anhängern:
sie sind ausnahmslos Fälscher, die den
Notentext der Meister angrisfen und in
den Manierenausführungen Dilettanten
und Nichtswisser sind.

Noch bemerke ich, daß meine Aufstellung
auf Vollständigkeit keinen Anspruch er-
hebt.

Für diesmal beschränke ich mich auf
Klaviermusik. Die vierhändige, Kam-
mermusik, Lied usw. sollen gelegentlich
folgen.

Bach, Carl Philipp Emanuel: Sona-
ten-Auswahl (Schenker). Kurze und leichte
Klavierstücke (Vrieslander), bluiversal-
Edition. Sonaten op. 1 und op. 2 Ur-
text, Nagel. — Klavierstücke-AuSwahl,
Nagel. — Ungedruckte Sonaten erschei-
nen in Bälde beiNagel. —Album(Caland)
bei Heinrichshofen, Magdeburg. Album,
Bd. II, Bisping, Münster. Urtext der
6 Sammlungen für Kenner und Liebha-
ber, Breitkopf L Haertel, vergriffen. —
Warnung vor den sog, 6 Sonaten (Bü-
low) bei Peters, die eine gröbliche dilet-
tantifche Fälfchung sind.

Bach, I. S.: Gesamt-Ausgabe der Kla-
vierwerke (Bischoff) bei Steingräber. —
Warnung vor der Neurevision (Bifchosf-
Teichmüller) bei PeterS. — Wohltempe-
riertes Klavier (Kroll), Peters. — Eng-
lische und französische Suiten, Urtext,
Breitkopf L Haertel. — Die übrigen
BachauSgaben meist von zweifelhafter
Qualität, auch Czerny bei PeterS z. T. fehr
willkürlich, z. T. falsch, dazu durchsetzt mit
lächerlichster, fabrikmäßig hergestellter dy-
namischer Bezeichnung. — Chromatische
Phantasie und Fuge (Schenker), Univer-
sal-Edition. Hervorragende ErläuterungS-
ausgabe. Tiefsinnige Analyse!
Beethoven: Sonaten (Schenker)

nach Autographen oder Erstdrucken, die
einzige überhaupt in Betracht kommende
Ausgabe. Warnung vor allen andern.
Auch vor der Urtextausgabe, von der
Schenker in seinen Erläuterungen der letz-
ten g Sonaten (Universal-Edition) nach-

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