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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 4 (Januar 1932)
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Mechow, Karl Benno von: Sorgenfrei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0277

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Wind. Die SchiffsgranaLe, die ab und an vom Meer her durch die Lnfte
polterte und in der weiLen Ferne zerdonnerLe, die hörLen sie kaum. Sie spoL-
LeLen darüber, sie machLen einen brummenden WiH. Es war chnen gleich, wo
in aller EinsamkeiL dieser schwere Koffer zersprang.

2lls sie wieder SchriLL riLLen, sprach der LeuLnanL weiLer von dem, was sein
Herz gefangen hielL. Die WorLe gliLLen ihm aus dem Mund, seine Seele
zu erleichLern. Wer mochLe sie hören? SergeanL BarLels wohl kaum, er
haLLe nicht die Ohren, lauLlose WorLe zu vernehmen. 2luch dachLe er an seine
Frau. Des LeutnanLs Pferd, das hatte anderes zu hören; es hielL seine Ohren
nach vorne gesenkL und belaufchte die Tücke der dreimal verdammLen Straße.
Und die Krähen waren ganz feindlich gesonnen gegen den ziehenden Trupp.
Sie warteten, man sah es, miL Ungeduld darauf, daß die Reiter aus ihren
Äckern verfchwänden. 2luf den Äckern war Sterben.

Der LeuLnanL sprach, seine WorLe verwehten im Wind und fielen m die
kalte Erde. Wir lesen sie auf:

„Ich habe diesen Namm, LroH allem, LroH allem, bewnnderL. Wäre er nichL
zu guter LeHL doch ein Zagender, Versagender, ich würde ihn einen Kerl
nennen.

Da ffand er Jahre von GoLL und den Menfchen verlassen in seiner 2lrbeiL.
Die 2lrbeiL, für ihn selbff ohne 2lnssichL und Ziel, war nichts denn nackte,
dürre PflichL. Sein BroLherr, ein Wanff, ein Mann nur von Geld, hatte
bei entsprechender Laune die Felder gekaufL und sich dieses Märchenfchloß
erbauL. Er boL es dem russifchen Zaren zum Gefchenk. Vielleicht fehlte ihm
zu seinem ReichLum noch ein weniges Etwas, wer weiß das! Rkun, dann
haLLe er kein Glück: der Zar lehnte ab, er haLLe damals wohl genügend
Schlösser, der Zar. — Der Wanff verlor daraufhin alle Luff und Freude
an seinem fchönen BesiH, er übertrug einem ehrlichen und armen Mann die
VerwalLung der WirtfchafL und zog grollend in die Ferne.

Dem armen Tenfel von VerwalLer gab er nichL einen Kopeken Zufchuß für
die WirLfchafL, fiel ihm nichL ein. „ErhalLen Sie sich selbff!" sagte er
grinsend zu Ramm, als er ihm seinen Dienff übertrug. „Selbff iff der
Mann! sagL man bei Ihnen im Deutfchen. Rkun, und Sie sind ein Mann,

— dies ein Fressen für Sie. SchmeckL es Ihnen nichL, biLLe..."

HinLer dem „biLLe!" lag alles Böse, lag das NichLs. 2lrm war Friedrich
Ramm aus Kurland in diese Gegend gekommen, ruhelos seiL Jahren, von
manchem Unglück gejagL. Weiß nichL, wieso und warum, — irgendwelches
Pech muß fchon an seinen Schuhen kleben. Ich sah es soforL an seinen2lugen,
daß er nichL leichten Fußes über die Erde LanzL. Hier boL sich ihm das
Glück, miL eigenen 2lrmen aus dem unsicheren Boden zu graben, hier boL
sich 2lrbeiL um 2lrbeit und, wollte GoLL, auch Beffand.

23on der LandwirLfchafL weiß ich nichL viel, aber ich haLLe den Eindruck
damals: dieser Ramm verffehL seine 2lrbeiL. Er zog Neichtum aus dieser
kalten, ranhen Erde. Er baute Roggen und Gerffe, wo ewige Brache gewesen,
er fchaffLe wie ein Pferd. 2llles gelang, er durfLe zufrieden, ja glücklich sein.
Er war es nichL, er iff kein Freund des Glücks. Er Lrug es fchwer, daß er
allein ffand unLer feindlichen Menfchen. — Mein GoLL, wer iff nicht allein!

— Die 2lrbeiLer mißLrauLen ihm ob seiner TüchLigkeiL, die wohlgeborenen

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