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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 4 (Januar 1932)
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Mechow, Karl Benno von: Sorgenfrei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0283

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NÄn, er sagte mchts davon; er begann wieder zu sprechen zwar, aber es
bekraf die Nvchzucht im Pferdesiall, ja. Er wollke sich einen leichteren Schlag
Ackerpferde heranziehen, ja, der jetzige war ihm zu ansprnchsvoll, zu schwer.
Ich schaute Lhn, während er redete, unentwegt an. Ich sah nicht viel von
seinen Angen, sie wichen mir aus. Q, ich sah dennoch viel. Ich sah zum
Beispiel, wie unruhig er war hinter seinen vielen, vielen Worten. Ich sah
auch das, daß er... ach, man sieht ja oft mehr, als es zu sehen gibt.

Ich habe nichts mehr gesagt an jenem Abend, nicht mehr das Wort, mein
Wort ergriffen! Ich wagte nicht, zu Ramm zu sprechen von seiner Frau. —
Ich wagte es wohl, aber ich wollte nicht. Rrein, wollte es nicht. Was hätte
es genutzt! — Ein Unsinn wäre es geworden, ein dummes Männergeklön.
Ramm wäre mir auf die Spur gekommen, und was hätte er in meiner Spur
gelesen? Zum Teufel, das Gewöhnliche, das Allergewöhnlichsie auf Erden,
— was man so Liebe nennt, zum Teufel! Und dann — hätte er sich den
Schnnrrbart gedreht und mit spöttischem Grinsen gesagt: „Mein Herr!" —
Haha. Und ich darauf wieder: „Mein Herr! So und so, Sie irren sich, Sie
verirren sich ganz weit und tief, wenn Sie annehmen... Glauben Sie mir,
wenn ich Ihnen sage... Glauben Sie mir!" Haha, nnd er hätte mir ge-
glaubt, natürlich geglaubt! Was glaubt man auch fchneller und eher als
den Uneigennutz einer Liebe!

Das war mein letztes Sprechen mit Ramm. Rkichts kam dabei heraus, nichts
für ihn, nichts für mich; nichts, verdammt, für die Frau...

... „Der Kreuzweg!" sagte Bartels, er wies mit der Hand.

Ia, der Kreuzweg, da war er. Sie ritten eben einen Hügel hinunter, gegen-
über schlich die Straße einen anderen Hügel hinauf. Der Kamm jener Höhe
zog sich kahl nnter dem Himmel entlang, ein langer Strich unter den Wolken.
Eine lichte Reihe von Bäumen kam von rechts her, von weit her über den
Kamm der Llnhöhe gelaufen und siieß mit ihrer Straße zusammen. Die
Kreuzung, da war sie.

Sie rückten ihr näher, sie ritten im Schritt den Hügel hinauf. Sie rückten
ihr nah. Der Leutnant rief von hinten: „Tete rechts!" Lllso ritten sie denn
nach rechts...

Legt euch immerhin eure Richtung zurecht, nehmt ench dies und jenes vor!
Tut es nur, Zuletzt kommt ein Wind von der Seite nnd treibt euch dem
Meer oder den Bergen entgegen. Wundert euch dann nicht, sihlagt nicht die
Hände zusammen, haltet wenigsiens nicht an!

Eine Stunde waren sie geritten, vielleicht auch länger, da trafen sie einen
bewaffneten Trupp, solche Krähen am Wege, auch sie sind Menschen.
Sie hatten eben ein Vorwerk geplündert, das dicht neben der Straße lag.
Ein Wink mit den Lanzen, ein Schuß in die leere Luft — die Bande zerflog
über die Felder. Wie die Krähen, so flogen die. Wo anders werden sie sich
niederlassen.

Das mahnte zur Borsicht. Als sie sich Sorgenfrei näherten, beschloß der
Leutnant, nicht in aller Schönheit und Ruhe bis auf den Gutshof zu traben.
Einer von den Leuten im Vorwerk hatte ihnen erzählt, es hätte aus der
Gegend von Sorgenfrei her einmal viel und langanhaltend geschossen. Das
reine Gesecht schien dort herum gewesen.

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