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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 4 (Januar 1932)
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Mechow, Karl Benno von: Sorgenfrei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0284

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Sie saßen ab in einem Holz, ein paar Mann blieben bei den Pferden.
Sie schlugen einen Bogen, dem Meere zu, und schlichen von hinten her in
den Park, von Baum zu Baum bis an die Rücksront des Schlosses. Sie
sahen nichts. Sie wurden wohl auch nicht gesehen.

Der Leutnant spähte vorsichtig um eine Ecke, er konnte den ganzen Gutshof
überschauen. N!un, es siand noch alles an seiner Stelle, die Gebäude,
keins war verbrannt. Das kleine Verwalterhaus jedoch... Keine Blumen
mehr, die Blumen hinter den Fensiern waren verschwunden. Viele Scheiben
waren zerschlagen, man sah dnrch Löcher in das Haus. Auf dem Dache
fehlte eine Reihe von Ziegeln. Überall, an der ganzen Front des Hauses,
war der PuH aus der Mauer gespritzk. Es rührte sich nichts in dem toten
Haus.

Anch der Hof war so siill, wie an Sonntagen siill. Die Ställe sianden
offen, kein Laut drang heraus. Wo waren die Hühner? Keins von den
Hühnern ging über den Nrifi spazieren.

Was hinderte den Leutnant, den Hof zu überschreiten, alle Gebäude und
auch das Verwalterhaus zu nntersuchen? Was drängte ihn, das Versieck im
Park inne zu behalten und das große Haus, das Schloß so wichtig zn nehmen,
wie er es tat? An dem Schloß war gar nichts Verwunderliches zu sehen, es
sei denn: das Schloß. Ein Steinkasien, ein Klotz, ein Berg!

Von hinten drangen sie ein, drei, vier blieben draußen. Der Leutnant
kannte wohl das Schloß, aber er verirrte sich. Er fand aus dem Souterrain
nicht den Zngang zum Treppenhaus. Wer sah auch je solch ein Schloß! Sie
tcrppsien in der Zrre, aus einer Türe in die andere, und kamen wieder dort
heraus, von wo sie ausgegangen waren.

Als sie das Erdgeschoß endlich fanden, hakten sie es leichter. Sie durch-
suchten es, sahen und hörten aber nichts. Sie gaben sich Mühe, recht leise
aufzukreten. Sie nahmen den Karabiner in die Hände nnd ßiegen eine
Treppe hinauf.

Auch oben fanden sie nichts, keinen Menschen, von einem Menschen nicht
den Resl. Rkur Räume sahen sie, viele, überviele Räume. Rroch lange sprachen
sie später von den vielen Zimmern dieses Schlosses.

Der Leutnant ging weiter, er wollte wohl jedes Zimmer untersuchen. Lllso
räumten sie, wo es nötig wurde, Hindernisse aus dem Weg und sprengten
endlich ohne großen Umsland eine Tür. Der Leutnant hatte gesagt, dort
müßten sie hinein, dort kämen sie in ein Treppenhans, das noch einen Stock
höher führte.

Diese Tür war sehr stark. Sie barst nach schwerer Arbeit erst aus ihrer
Füllnng, Bartels half mit Fußtritten nach. Der Krach fuhr wie ein Donner
durch das ganze Haus. Sie slanden slill und lauschten. Ob dem verhallenden
Donner noch etwas anderes folgte, lauschten sie. Rkein, es folgke nichts.

Sie begannen, die Treppe aufwärts zn ßeigen, Bartels und der Leut-
nant stiegen voran. Sie stiegen nicht lang, ein Schrei kam von oben herab.
Wer schrie? Wer konnte so schreien? Sie hatten noch nie einen solchen Schrei
gehört. Können Menschen so schreien!

Oben, hoch oben über der Treppe stand der Mensch und schrie. Er stand
auf einer Barrikade aus Türen und Möbeln. Er stand, er schwankte, er Lat
 
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