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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 7 (Aprilheft 1932)
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0534

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Wenn jemand für Busch zu schwärmen
bekennt, sollte man ihn immer fragen,
welchen Busch er meine. Den harmlosen
Humoristen der Bilderbogen und Kinder-
bücher? Oen Satiriker, der keiner war?
Den Schilderer von landstädtlicher und
bäuerlicher Enge? Den verhinöerten
Dichter? Es wäre gut, damit ein richti-
geres Bild von Busch das gegenwärtige
Phantom ersetzte, all seine persönlichen
Dokumente, vor allem die prachtvollen
Briefe zu sammeln, in denen seine wahre
Natur sich ruhig und tief ausspricht.
Vielleicht erkennte man dann, daß die-
ser Humorist Leben und Produktion sehr
schars geschieden hat; daß nur ein paar,
und zwar die am wenigsien bekannten
seiner Werke seine Persönlichkeit ahnen
lassen, die er hinter seinen Werken nur
allzu gut versteckt hat. Dann mag sich
jeder seinen eigenen Busch schassen, den
er liebt, so wie er nie den Busch der
Allzuvielen lieben konnte; den Busch der
ungeschriebenen Werke, die man sich erst
kombinieren muß, indem man von seinem
Gesamtschassen das ihm Fremde weg-
läßt, sein EigensteS sich srei und glück-
lich entfaltet denkt und auS Spuren und
Resten den Prachtmenschen aufbaut, der
durch eigentümliche Umstände nie dazn
gelangt ist, sich rein zu erkennen zu ge-
ben. Dann wird man ihn vielleicht we-
niger bewundern, aber desto mehr Re-
spekt vor seinem Charakter haben, und
nicht mehr in ihm einen Spaßmacher
sehen, an dem man sich anbiedert. Man
wird innewerden, daß daS Antlitz, das
sich hinter der Maske verbirgt, nicht schel-
misch lacht, wie auf den geschmacklosen,
nicht von ihm stammenden Umschlägen
seiner Bilderbücher, sondern tiefernsl
blickt, entsagend und mit leiser Trauer.

472

Hlstorie, Politik und andere
SchwierigkeiLen für den Film

(?^n der Filmproduktion von heute sind,
^)abgesehen von den Außenseitern un-
gewöhnlicher Prägung, drei sich deutlich
voneinander scheideude Zweige zu vermer-
ken: 1. daS in Technik und Inhalt saube-
re, einfallsreiche und kultivierte Lust-
spiel — den im letzten Heste gegebenen
Beispielen sei der ganz besonders srische
und reizende Iungenssilm „E m i l und
die Detektive" hinzugefügt; 2. das
Detektiv-, Unterwelts- und Spionagedra-
ma mit höheren Ansprüchen; Siodmack,
der hochbegabte, nur leider immer mehr
Geschäftsfilmen dienstbare deutsche Ne-
gisseur, erfüllt sie, wenn er im Rahmen
dieses alten SchemaS Emil Jannings und
Anna Sten immerhin doch einige neue
Nuancen abzugewinnen weiß und ihren
„Stürmen der Leidenschaft"
einige bisher noch nicht gesehene filmi-
sche Ausdrucksmöglichkeiten verschasst; Leo
v. Sternberg erfüllt sie mit Marlene
Dietrichs sataler und gleichgültiger Holly-
wood-Spionin „X 27" in keiner Weise.
Der g. von der Industrie bewußt her-
vorgetriebene Produktionszweig ist der
historische Film, vor allem der Film aus
der vaterländischen Geschichte.

*

Hiemit wird — nach einigen Ansätzen in
srüheren Zeiten — zum erstenmale plan-
mäßlg versucht, ein Stossgebiet sür den
Film fruchtbar zu machen, dessen Reich-
tum für eine bildmäßige, episch-drama-
tische Darstellungsweise schier unerschöpf-
lich zu sein scheint und dessen geistiger
Gehalt eine Belebung aller filmischen
 
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