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Pauli, Johannes; Bolte, Johannes [Editor]
Schimpf und Ernst (1. Theil): Die älteste Ausgabe von 1522 — Berlin: Herbert Stubenrauch Verlagsbuchhandlung, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.57346#0015
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2. Paulis Predigten

Li

verstand, denn er verwechselt die Elemente mit den vier Weltgegenden Ana»
tole, Dysis, Arktos, MefemVria, die schon Augustinus im Namen Adams
sand «j. Aber er verstand auch kein Hebräisch, denn jemand, der den Namen
Adam l vlX j im Urtext gelesen hatte, würde schwerlich behauptet haben, dieser
bestehe aus vier Buchstaben.
Es ist somit in hohem Grade unwahrscheinlich, daß Pauli als Sude geboren
wurde. Und wenn Philipp de L orenzi in seiner unzulänglichen Auswahl von
Geilers Schriften von Paulis Frivolität und den Ausgeburten seiner orien»
talischen Phantasie redet, so bleibt das eine ebenso unbegründete Gehässigkeit
wie die Behauptung des phantasievollen elsässischen Malers Emil Reiber,
Pauli sei ein von Gellers Mutter aufgenommenes und erzogenes Südenkind
gewesen, die schon durch Wickgrams erwähnte Ausführungen widerlegtwird^.
2. Paulis predigten.
Von Paulis predigertätigkeit verschafft uns ein glücklicher Zufall eine
genauere Vorstellung. Eine Nonne des Villinger Klarisflnnenklosters hat die
Predigten, die Pauli dort in der Advents» und Kastenzeit 1493—94 hielt, treu»
lich nachgeschrieben. Ihre jetzt der Berliner Staatsbibliothek gehörende Hand»
schrift enthält 23 Predigten, die A. Linsenmayer sachkundig besprochen und
charakterisiert hat, nachdem durch K. Bartsch und S. Bolte Stücke daraus in
der Alemannia abgedruckt worden waren"!. Außer einigen Kest» und Heiligen»
predigten erscheinen darin zwei größere Tyklen von Vorträgen, von denen
der erste den Streit zwischen Leib und Seele, der zweite den zwischen Vernunft
und willen behandelt. Und zwar folgen die Fortsetzungen dieser Gedanken»
reihen regelmäßig als zweiter Teil jeder predigt, nachdem der erste eine ein»
fache Erläuterung des Evangelientextes geliefert hat. Ser Streit zwischen
Leib und Seele erscheint als ein förmlicher Prozeß, in dem König David von
Gott zum Richter bestellt wird. Der Leib hat Abraham als Kürsprecher, die
Seele den Henoch, Zeugen sind Stellen der heiligen Schrift. David spricht der
Seele die Herrschaft zu. Auch im 2. Lyklus, dem Streit zwischen Vernunft
und Willen über den Vorrang im Menschen, fällt David das Urteil, Thomas
 
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