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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 26-39 (1.März - 31. März)
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Donnerstag, den 29. März



Einladung zum Abonnement.
Der „Pfälzer Bote" hat sich seit der kurzen Zeit seines Bestehens die Gunst der Lesewelt in hohem Grade, erworben;
die Zahl seiner Abonnenten ist fortwährend im Steigen begriffen und dürfte, wie wir alle Ursache haben anzunehmen, im nächsten
Quartal weit über 2000 hinausgehen. Seine offene und freie Sprache hat ihm bei Freund und Feind Eingang verschafft, und
er wird — im Gegensätze zu den servil-liberalen, schweifwedelnden Blättern der neuen Aera — mit allem Freimuth die von
ihm aufgestellten Grundsätze unverändert weiter verfechten, um das Seinige dazu beizutragen, daß gleiches Recht und gleiche
Freiheit für Alle in Baden endlich zur Wahrheit werde.
Da mit dem 1. April ein neues Abonnement beginnt, so ersuchen wir unsere auswärtigen Abonnenten, ihre Bestellungen
rechtzeitig bei der Post zu erneuern. Auch ist jeder Landpostbote verpflichtet, Bestellungen anzunehmen und zu besorgen. Für
Heidelberg, Neuenheim und Schlierbach nimmt Anmeldungen entgegen die Expedition von L. Schweiß.
Bestellungen in Paqueten (nicht unter 10 Exemplaren), wobei mir auf je 10 Exemplare ein Freiexemplar geben, wolle
man gleichfalls an die Expedition des Blattes richten, und ersuchen wir besonders die seitherigen Empfänger, uns recht bald die
Zahl der gewünschten Exemplare mitzutheilen.
Der Preis des Blattes — 40 kr. ohne Postaufschlag — bleibt derselbe. Inserate, st 2 kr. die Spaltzeile, erfahren bei
der großen Auslage unseres Blattes die beste Verbreitung.
Heidelberg, den 20. März 1866.
Die Redaktion.

Preußen oder Oesterreich!
Das Bündniß der beiden deutschen Großstaaten hat sich in
die erbittertste Feindschaft verwandelt: der Bürgerkrieg steht
in Deutschland vor der Thüre!
Es war längst vorauszusehen, daß die ungemessenen An-
sprüche Preußens und der kleindeutschen Partei endlich zu dieser
Krisis führen müßten. Bereits haben die Diplomaten all ihre
Erfindungsgabe umsonst aufgeboten, um auf dem Wege gegen-
seitiger Zugeständnisse das Einvernehmen wieder herzustellen.
Oesterreich, zürn Aeußersten gedrängt und herausgefordert, hat
ohnehin schon zu viele Concessionen an Preußen gemacht; es
kann nicht mehr gewähren, als es bereits zugestanden hat, es
kann nicht über den Gasteiner Vertrag das Maß seiner Lang-
muth ausdehnen, wenn es nicht den Unwillen seiner Völker,
nicht die Mißachtung seiner deutschen Bundesgenossen, nicht den
totalen Verlust seiner Stellung im Nathe der europäischen Na-
tionen wie der deutschen Völker vor Augen sehen will. Selbst
wenn es sich für die Hingabe Schleswig-Holsteins an Preußen
auf eine Gebietsentschädigung einlassen wollte, so ist diese nir-
gends zu finden, so kann diese nirgends gewährt werden. Oester-
reich kann nicht mit preußischer Hülfe seine ihm so nahe be-
freundeten Nachbarn berauben, noch viel weniger ist Preußen
geneigt, ihm ein Stück seines eigenen Gebietes abzutreten. Gibt
Preußen seine eroberungsgierigen Absichten nicht in der letzten
stunde noch auf, so müssen die Waffen entscheiden.
Wahrlich, es kann nichts Trostloseres, nichts Niederdrücken-
deres für jeden ehrlich denkenden deutschen Bürger geben, als
der Gedanke, daß wir nochmals einen siebenjährigen Krieg über
uns ergehen lassen sollen, daß das Ausland — die Franzosen,
die Russen, die Italiener und Dänen — hüben und drüben
im Kampfe der Deutschen thätigen Antheil nehmen, daß unser
blühender Wohlstand zerrüttet, daß die Städte verheert, ge-
plündert, durch Einguartiernngen ausgesogen, daß die Felder
verwüstet, daß alle Erzeugnisse des Gewerbfleißes und des Han-
dels vernichtet sein sollen, daß die Bürger der einzelnen Staaten
selbst in Anhänger Oesterreichs und "Preußens geschieden sich
aus Leben und Tod bekämpfen! Ja, Bürger, das entsetzliche
Schauspiel des amerikanischen Bürgerkrieges steht vor unsrer
Thüre, nur zehnmal grauenhafter, weil bei uns noch die Aus-
länder sich einmischen werden!
An uns Badner tritt jetzt die Frage heran, auf welche
Decke wer uns zu stellen haben: es gibt keine Wahl — ent-
weder oder; denn der Neutrale wird von beiden Seiten
geschlagen und mißhandelt.
Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß Oesterreich, wenn
chm tue Zeit dazu gegönnt ist, sich an den Bund wenden wird
zum „Einschreiten desselben zur Verhinderung von Thätlichkeiten"

(Art. 11 der Bundesakte und 19 der Schlußakte). Wird man
Baden, das sich stets rühmt ein „Rechtsstaat" Zu sein, auf der
Seite desjenigen finden, der „Gewalt über Recht" zu stellen
erklärt hat? Wird Baden im Schlepptau Bismarcks seine Exi-
stenz aus's Spiel setzen? Wir halten diese Frage nicht sür eine
müßige, da wir im Lande eine „kleine, aber mächtige Partei"
besitzen — die Gothaer und ihren Schweis — die unter allen
Umständen der preußischen Eroberungspolitik das Wort reden,
die mit den Todfeinden deutscher Nation — den Italienern
und sämmtlichen Wälschen -— liebäugeln, die jede Niederlage,
jedes widrige Geschick Oesterreichs mit lautem Jubel feiern, die
das Kaiserreich zertrümmert sehen wollen, dessen Söhne überall
deutsche Erde mit ihrem Herzblut geröthet, dessen Monarchen so
lange die deutsche Kaiserkrone getragen und mit sich in's Grab
genommen haben! Ja, einer von jenen Gothaern, der in Frei-
burg sitzt und dort ein Lehramt an der Hochschule bekleidet —
Treitschke heißt der Mann — hat es gewagt (er ist freilich
kein Badner, sondern ein Fremdenlegionär) diese undeutschen
Gesinnungen am offensten zur Schau zu tragen und seinen Lehr-
vorträgen zu Grunde zu legen! Diese gothaer Helden, die bei
jeder Gelegenheit zu Anfang am lautesten getrommelt und am
frühesten geschwiegen, diese Leute, die im Beginn der schleswig-
holsteinischen Bewegurig große Volksversammlungen zusammen-
berufen, in denen sie für das Recht Schleswig-Holsteins und
seines Herzogs Friedrich die kräftigsten Resolutionen gefaßt
und jeden Halbwegs zur Vorsicht Mahnenden als einen Vater-
landsverräther gebrandmarkt, die sogar Anlehen ausgeschrieben
haben zur Unterstützung des „Herzogs", diese nämlichen Leute
nennen jetzt den unglücklichen Fürsten höhnisch den „Augusten-
burger", diese nämlichen Leute wollen die preußenfeindlichen
Herzogthümer Preußen einverleibt haben, diese nämlichen Leute
fügen" sich Bismarck, diese nämlichen Leute „beugen sich, wo die
Gewalt sich regt!"
Es ist Zeit, daß das badische Volk von diesen Maulhelden
sich emancipirt, und es ist Gottlob! in dieser Beziehung schon
der Anfang gemacht. Es war jenen Kathederhelden durch das
Talent einiger ihrer Führer eine Weile gelungen, einen künst-
lichen, nebelhaften Enthusiasmus für Preußen hervorzurufen;
daß der Nebel zerstreut ist, beweist der gänzliche Bankerott des
Nationalvereins in unserm Lande, daß der böse Spuck vorüber
ist, geht am klarsten daraus hervor, daß wir bei großen Festen
die schwarz-weißen Fahnen, die uns ost wehe gethan, nicht mehr
erblicken. Aber wir hoffen noch mehr. Wenn das Unglück es
wollte, daß der Bruderkrieg entbrennen müßte, so sind wir fest
überzeugt, daß alle inneren trennenden Fragen verschwinden,
daß alle Großdeutschen — seien sie „Fortschrittler," „Schwarze",
„Roche", Constitutionelle oder Absolutisten — enge Zusammen-
halten, und dann wird sich zeigen, wie klein das Häuslein der
 
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