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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 129-141 (1. November - 29. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43883#0545

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Pfälzer WH Bote
ftr Stadt md Laad.
M 135. Donnerstag den 15. November 1866.

X Das neue Straßengesetz.
ii.
Ausweislich der-Denkschrift des großh. Handelsministeriums
haben die sogenannten Staatsstraßen, deren Unterhaltung
und Anlage alleinig durch die Staatskasse bisher bestritten
wurden, eine Gesammtlänge von 389 Stunden.
In Zukunft soll es keine derartigen Straßen mehr geben,
sondern nur Landstraßen und auch diese werden nicht mehr
ausschließlich aus Staatskosten unterhalten oder neu hergestellt
werden. Die Denkschrift des Handelsministeriums unterscheidet
zwischen Unterhaltung einerseits und Neubau und Ver-
besserung von Landstraßen anderseits.
Die Pflicht zur Unterhaltung der Landstraßen soll zu einem
Drittel den Gemeinden, durch derer Gemarkung sie ziehen, zu
einem Drittel dem Kreisverband und zu einem Drittel der
Staatskasse obliegen.
Es ist leicht zu ersehen, daß die Staatskasse hiebei auf
Kosten der Gemeinden und Kreisverbände sehr gut fährt, denn
statt 389 Stunden der Gesammtlänge der Landstraßen zu unter-
halten, wird sie nur noch 130 Stunden zu übernehmen haben
und der Rest mit 259 Stunden den Gemeinden und Kreisver-
bänden überlassen.
Hiebei sei noch bemerkt, daß es nach der Denkschrift ledig-
lich der Staatsbehörde anheimgestellt sein soll, ob sie eine der
wichtigeren Verkehrsstraßen in die Klasse der Landstraßen auf-
nehmen will oder nicht. Die Aufnahme ist als erfolgt anzu-
sehen, wenn der erforderliche Staatszuschuß genehmigt ist.
Den Gemeindevertretern — Gemeinderath und Ausschuß —
dem Bezirksrath -- dem Kreisausschuß und der Kreisversamm-
lung ist eine Mitwirkung hiebei in Aussicht gestellt, allein sie
besteht in bloßen Anträgen, Gutachten und schließlich in
einem Vortrag des Kreisausschusses an die obere Staatsbe-
hörde. Es ist diese Mitwirkung nichts anderes, als der Weg
der Bitte. Wird diese abgeschlagen, so mögen der Kreisver-
band und die betreffenden Gemeinden das Weitere in Betreff
der Unterhaltung oder Anlage des Weges unter sich verein-
baren.
Was nun die Kosten für Neubau und Verbesserung
von Landstraßen betrifft, so sollen diese — insoweit die
Ueberschüsse der Staatsverwaltung es gestatten —
zur Hälfte aus Staatsmitteln, zu einem Viertel
von den hiebei betheiligten Genieinden und zu
einem Viertel von den Kreisverbänden, zu welchen
die Gemeinden gehören, bestritten werden.
Wir sind hinlänglich überführt, daß bei jetzigen Verhält-
nissen die Ueberschüsse der Staatsverwaltung sehr selten vor-
kommen werden; denn wo solche auch noch vorhanden sind,
werden sie z. B. rasch aufgezehrt durch die Ungeheuern Ausgaben
für militärische Zwecke, den gesteigerten Ausgaben in andern
Zweigen der Staatsverwaltung nicht zu gedenken. Es wird
deßhalb bezüglich des Neubaues und der Verbesserung der Land-
straßen mit der zugesagten Hälfte des Beitrages aus Staats-
mitteln in den meisten Fällen sehr schwierig werden und ein
oder der andere Straßenbau dürste wohl auf sich beruhen
bleiben, wenn nicht die betreffenden Gemeinden und Kreisver-
bände die Kosten allein auf sich nehmen wollen. Auch hiefür
wird in der Regel wenig Lust vorhanden fein.
Die Denkschrift enthält ferner eine Bestimmung, wie es
zu halten fei, wenn bei der Anlage einer Straße, die mehreren
Gemeinden dient und zum Nutzen ist, Widerspruch von einzelnen
erhoben wird. Dieser soll null und nichtig sein, wenn dieje-
nigen Gemeinden, welche dafür sind, zwei Drittel des auf
sämmtliche betheiligte Gemeinden fallenden Beitrags bezahlen
und die Kreisversammlung für den Bau sich ausspricht.
In dieser Bestimmung ist das Uebergewicht des Ka-
pitals zugestanden, und es kann sehr leicht möglich sein, daß

ärmere Gemeinden bei dem Bau einer Straße vollends zu
Grunde gerichtet werden. Eine jede beliebige Berechnung kann
hiefür den Beweis geben.
Eine weitere schwere Belastung ist in der Denkschrift darin
ausgesprochen, daß das Offenhalten der Straßen bei Schneean-
häusungen in allen Fällen eine Obliegenheit der Gemarkungs-
gemeinden sei, ohne daß diese eine Entschädigung zu gewärtigeü
haben. Wem es bekannt ist, was das sogenannte „Schnee-
schäufeln" auf den Straßen zur Winterszeit den Gemeinden,
besonders im Schwarz- und Odenwalde, an Mühe und Zeitauf-
wand kostet, der weiß auch, wie hart es ist, diese Schanzarbei-
ten unentgeldlich zu verrichten und zwar nur deßhalb, damit
der Postwagen oder die Frachtfuhren und die Handelsreisen-
den re. ungehemmt weiter können. An gewerbreichen Orten
hört man öfters den Satz: „Zeit ist Geld". Ganz richtig,
aber die Schwarz- und Odenwälder, welche eine geraume Zeit
während des Winters auf den Straßen zubringen müssen und
nichts dafür bekommen sollen, werden wohl derselben Ansicht
sein dürfen, daß „Zeit Geld ist", und daß sie somit für die
winterlichen Schanzarbeiten auch eine Entschädigung zu bean-
spruchen haben. Der Bericht des Kreisausschusses Karlsruhe
beantragt eine solche aus den Mitteln der Staatskasse und des
Kreisverbandes. Was daraus wird, muß abgewartet werden.
Endlich 'bestimmt die Denkschrift, daß bei den Landstraßen die
technischen Staatsbehörden die Bauführung zu beaufsichtigen
und die Unterhaltung zu überwachen haben. Der hiefür ent-
stehende, sowie der für Anstellung von Straßenmeistern er-
wachsende Aufwand soll von der Staatskasse allein bestritten
werden.
Fassen wir schließlich unsere aus dem Entwurf eines neuen
Straßengesetzes gewonnene Ueberzeugung zusammen, so ist sie
folgende: Die Gemeinden und Kreisverbände werden sehr stark
mit neuen Umlagen belastet werden und eine Ausgabesumme er-
halten, von der sie bisher nichts gewußt haben. Unter Umstän-
den werden dieselben Gemeinden bei diesem oder jenem Straßen-
bau re. zuerst Gemeindeumlagen und sodann auch noch Kreisum-
lagen zu bezahlen haben. Daß die Entrichtung von Staats-
steuern ungeschmälert fortlauft, versteht sich von selbst.
Wenn nun auch noch die manigfachen Versuche mit Errich-
tung von Kreisanstalten durchgeführt werden, wobei wiederum
nur alleinig die betreffenden Gemeinden eines Kreisverbandes her-
halten sollen, dann sind wir doch begierig, wie lange die Steuer-
kraft der Gemeinden hinreicht, den sich ergebenden Aufwand zu
bestreiten.
So viel ist sicher, daß über kurz oder lang die Steuerpflich-
tigen zur Einsicht gebracht werden, daß alle Neuerungen an
unserer Staatsmaschine den Geldbeutel der Bürger immer mehr
in Anspruch nehmen. Glück auf, wenn immer goldene Jahre
die Scheunen, Speicher, Keller und Börsen der Zahlungspflich-
tigen füllen! Wenn aber hier ein Ausfall eintritt, dann wird
eine gewaltige Stockung eintreten und die Unhaltbarkeit der Schöpf-
ungen unserer Staatsbaumeister darthun.
Fährt die Staatskasse fort, ihre Ausgaben in der Weise
wie bei dem obstehenden neuen Straßengesetze auf die Gemeinden
und Kreisverbände abzuladen, so wird man am Ende ohne
Steuerzuschlag bestehen können, wie lange es aber die Neu-
besteuerten zu leisten vermögen, wird die Zukunft lehren.
Protestantischer Tendenzproeeß gegen den
kath. Pfarrer Hosmann von Hemsbach.
Am 18. August d. I., dem Tage an welchem die preußische
Einquartierung die Orte Hemsbach und Laudenbach verließ,
arbeiteten mehrere Katholiken im Felde gegen Laudenbach zu.
Mit diesen fing ein ebenfalls dort arbeitender Protest. Bürger
von Laudenbach, Stephan Leipf, 65 Jahre alt, Ackersmann
und Bürgerausschußmitglied, folgendes Gespräch an: „Sind
eure Preußen fort? . . . Eurem Pfaffen seine auch? . . dem
 
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