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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 90-102 (2. August - 30. August)
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Donnerstag und Samstag.

vierteljährl. 40 !r. ohne Träger-
Postausschlag. Jns.-Geb. 2 kr. d.A.

.N 98. Dienstag den

1" Eine Billigkeit.
Der Krieg, so kurz er auch war, hat unserer badischen Hei-
math dennoch manche harte Opfer auferlegt, insbesondere hat
er letztlich noch einen Landestheil bekanntlich schwer betroffen.
Der Taubergrund mit den einzelnen Ortschaften, wo die Ge-
fechte stattfanden, wird aus Jahre lang an den erlittenen Schä-
den auszuebnen haben und wir wünschen von Herzen, daß die
Wohlthätigkeit des badischen Volkes hiebei sich recht sehr bethä-
tige; es ist ja dies auch ein Stück jener schönen Tugend, die
wir Vaterlandsliebe nennen.
Wir leben gegenwärtig in Waffenstillstandszeiten und eine
sogenannte Abgränzungslinie durchschneidet von Mannheim an
längs des Neckars das nördliche Großherzogthum Baden. Es
ist im Waffenstillstand ausbedungen, daß die Bewohner nördlich
der Abgränzungslinie sich die Einquartierung preußischer und
der mit Preußen verbündeten Truppen gefallen lassen müssen,
wofür natürlich von dieser Seite keine Entschädigung geleistet
wird. Die Ortschaften südlich der Abgränzungslinie sind von
jeder Quartierlast frei.
Als Frankfurt 25 Millionen Kriegssteuer bezahlen sollte,
fand man diese Forderung für unerschwinglich groß und die
Börse-Königin setzte alles in Bewegung, bis Preußens König in
Gnaden von der Forderung Umgang nahm. Der nördlich der
Abgränzungslinie gelegene Landestheil ist durch das an Preußen
überlassene Besetzungsrecht für die ganze Zeit des Waffenstill-
standes einer immerwährenden Kriegssteuer unterworfen durch
die Einquartierungslast. Daß in manchen Ortschaften und ganz
besonders in jenen, welche zum Kriegsschauplatz geworden sind,
die Einquartierung sehr schwer fällt, ist außer allem Zweifel, sei
es auch, daß die Einquartierungs-Commissionen auch noch so red-
lich zu Werk gehen. Wenn der Waffenstillstand vom Friedens-
schluß abgelöst wird, so müssen die Kriegskosten an Preußen
bezahlt werden; — wie viel diese betragen, wissen wir noch
nicht. Das aber ist uns bekannt, daß die Einwohner nördlich
der Abgränzungslinie durch die ihneu auferlegte Quartierlast jetzt
schon Kriegskosten bezahlen müssen, während der größte Thcil
Badens von allen derartigen Kriegskosten frei ist. Hier denn
ist es eine Forderung sehr nahe liegender Billigkeit, daß die
Bewohner nördlich der Abgränzungslinie für die zu erleidende
Einquartierung Entschädigung erhalten für die Zeit des Waffen-
stillstandes. Diese Entschädigungskosten werden nicht unbedeutend
sein, gleichviel, die Vaterlandsliebe des badischen Volkes macht

21. August 1866.
es diesem zur Pflicht, dies Opfer zu bringen. Ein altes Sprüch-
wort sagt: „Mitgefangen, mitgehangen." — Wir zweifeln auch
gar nicht daran, daß das badische Volk diese Schuld an den
nördlichen Theil unserer Heimnth mit der bewährten Opferwil-
ligkeit abzutragen bereit ist und wir dürfen überzeugt sein, daß
zur Richtigstellung dieser Angelegenheit an die großh. Negierung
die deßfallsigen Ansuchen gestellt werden. Für jetzt erachten wir
es als eine Pflicht und Schuldigkeit, daß in der inländischen
Presse auf die besprochene Angelegenheit hingewiesen wird.

Baden.
Heidelberg, 19. Aug. Man kann sich kaum etwas
Schmählicheres denken als die fortwährenden Hetzereien und Lü-
gen ^r alten Badischen Landesbase gegen die Katholiken und
ihre Vereine. Das Unverschämteste und Blödsinnigste wird aber
in dieser Beziehung in Betreff der Mannheimer Demonstrationen
geleistet, die gelegentlich des Durchmarsches hessischer Truppen in
antipreußischem Sinne statifanden. Da nun einmal an allem
und jedem die „Schwarzen" schuld sein müssen, so klagt die sau-
bere Laudesbase in Ermangelung eines katholischen Casinos den
dortigen Gesellenverein als den Urheber gewisser unliebsamer
Straßenscenen an, die im schroffsten Contrast zu anderweitigen
Adressen u. dergl. Volksäußerungen stehen. Bei dieser Gelegen-
heit fällt die Landesbase in einer gar wegwerfenden Weise über
gewisse Klassen Mannheims her, die zwar nicht zu den „besitzen-
den" gehören, die aber doch nicht von der Landesbase als „Pö-
bel" bezeichnet werden sollten, weil dieselben Leute von derselben
Base bei einer andern Gelegenheit früher mit den höchsten Lo-
beserhebungen wegen weit gröberer Excesse förmlich überschüttet
wurden. Oder sollte sich die Base nicht mehr erinnern, daß
sie an jenem übelberüchtigten 23. Febr., dem Tag der großen
Katholikenhetze, jene ehrsamen Mannheimer Spanner u. Cons.
als die gesinnungstüchtigsten Unterstützer der „sittlichen Entrüst-
ung" mit allen Ehren überhäuft und hochgepriesen hatte? Wie
ändern sich doch die Zeiten so rasch! Wahrhaft blödsinnig aber
ist es von der Frau Base, wenn sie die Excesse der letzten Tage
in Mannheim den nämlichen Katholiken zuschreibt, die vor noch
nicht langer Zeit von den nämlichen Mannheimer Tumultuanten
gröblich mißhandelt worden waren. Dieselben „Schwarzen",
denen man zu friedlicher Besprechung den Eintritt in Mannheim
Seitens der Bevölkerung in sehr handgreiflicher Weise verwehrte,

Verhalten während der Cholera-Epidemie.
(Schluß.)
Von gleicher Wichtigkeit ist die Vermeidung jeder Erkältung. Daß
jenes rücksichtslose Verhalten, wobei man sich allen nachtheiligen Witterungs-
einflüssen und oft einem schnellen Wechsel der Temperatur aussetzt, als
höchst gefährlich verpönt werden muß, versteht sich von selbst; aber die
Vorsicht empfiehlt auch Beachtung der kühlen Morgen- und Abendzeit, be-
sonders nach heißen Tagen, das oft so schädliche Sitzen im Freien im küh-
len Schatten — eben so die Vermeidung erschöpfender Arbeiten während
der heißen Stunden des Tages. Dagegen ist anzurathen eine mäßige
Körperbewegung in freier Luft und eine Beschäftigung, welche die Cholera-
furcht nicht aufkommen läßt, eine sorgfältige Pflege der Haut durch lau-
warme Bäder und Sorge für genügenden Schlaf in gut gelüfteten aber
nicht^tühlen und nicht feuchten Räumen. Bei Manchen zieht Erkältung
der Füße gern Diarrhöe nach sich. Solche mögen in den Strümpfen eine
Mischung von gleichen Theilen fein zerriebenen Kochsalzes und schwarzen
Senfmehls tragen. Der gewöhnliche Gebrauch von aromatischen Getränken,
wie Camillen- oder Pseffermünzthee, ist bei Gesunden im Allgemeinen zweck-
los, doch von Vortheil bei Individuen, welche sich der Kälte und Nässe
aussetzen müssen — letztere mögen auch mit Vorsicht und in kleinen Quanti-
täten Wermuth - oder Calmus - Branntwein zu sich nehmen. Ueberhaupt
aber ist der mäßige Genuß eines guten Rothweins und eines guten, un-
verfälschten, nicht zu jungen Biers vorzuziehen.
Außer demUebermaß in Genüssen, besonders der Spirituosen,
haben solgende Speisen und Getränke ihre nachtheilige Wirkung vorzugs-
weise dargethan:
1) Alles kältende Obst, besonders das rohe und unreife, Melonen,
Pflaumen, Pfirsiche; ferner: viel blähendes Gemüse, besonders Kohlarten,
Sauerkraut, rothe Gurken, trockene oder harte Hülsenfrüchte.

2) Fette Mehlspeisen, Pasteten, fettes Backwerk, Klöße, warmes,
frisch gebackenes Brod.
3) Sehr fettes, hartes, zähes oder gepöckeltes Fleisch, fette Wurst,
fette Saucen, deßgleichen fette, geräucherte und schwer verdauliche Fische,
Aale, Neunaugen, Bücklinge, Krebse, alter oder fetter Käse, hartgekochte
Eier, und damit bereitete Speisen.
4) Unter den Getränken: junges, nicht gehörig ausgegohrenes, nicht
hinreichend gehopftes oder saueres Bier, kalte Milch, Buttermilch, sauere
Milch, altes Wasser in großen Quantitäten aus einmal getrunken, junge
sauere Weine.
Sobald Jemand von einem, wenn auch gutartig scheinenden Durchfall
sollte befallen werden, so ist er um so mehr verpflichtet, die genannten
Schädlichkeiten zu meiden und überhaupt um so strenger das entsprechende
diätetische Verhalten zu beobachten. Nur sorgloser Leichtsinn kann hier die
Einwendung machen, daß diese Maßregeln unnütz seien, da doch viele Leute,
welche strenge Diät hielten, erkrankten, und viele welche in den Tag hinein-
lebten, verschont blieben. Das letztere ist richtig, aber darum noch nicht
der Vordersatz richtig. Ein Durchfall, wenn auch nur ein leichter Durchfall
könnte ja fchon die Wirkung des aufgenommenen Choleragiftes sein und in
diesem Falle würde sicherlich der etwa bevorstehende Choleraanfall einen
schweren Verlauf nehmen, wenn außer dem Choleragift, welches vielleicht
durch einfaches, ruhiges angemessenes Verhalten hätte unschädlich gemacht
werden können, noch eine durch Unmäßigkeit oder sonstigen Exceß herbei-
geführte Schädlichkeit auf den Darmcanal einwirkte. Darum ist es ange-
legentlichst und nachdrücklich anzurathen, bei etwa eintretendem Durchfall,
und sollte er auch unbedeutend erscheinen und nicht viel Unwwohlsein ver-
anlassen, sofort sich an den Arzt zu wenden, inzwischen aber sich zu Bett
zu legen, einige Tassen warmen Kaffee oder warmen Pseffermünzthee zu
trinken, bis die weitere Verordnung des Arztes eintrifft. Gerade durch
solche scheinbar gutartige Durchfälle, die aber in der That wirkliche Cholera-
 
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