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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 129-141 (1. November - 29. November)
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^2 140. Dienstag den 27. November 1866.

Einladung.
Die Unterzeichneten erlauben sich, die hochw. HH. Geistlichen
aus den betreffenden Gegenden zu einer wichtigen Parteibe-
sprechung, und zwar
1) nach Neckarelz, auf Mittwoch den 28. November,
Nachmittags 2 Uhr, im Gasthaus zum Löwen,* *)
2) nach Lauda, aus Donnerstag den 29. November, Nach-
mittags 2 Uhr, im Lokale des dortigen katho-
lischen Männervereins,
3) nach Bühl, auf Mittwoch den ö. December, Nachmit-
tags 2 Uhr, im Gasthause zum Hirsch und
4) nach Bruchsal, aus Mittwoch den 12. December,
Nachmittags 2 Uhr, im Gasthause zum Einhorn
ergebenst einzuladen, wobei sie auf zahlreiche Betheiligung rechnen.
Heidelberg, 16. Nov. 1866.
Siefert, Dekan. Winterer, Pfarrer. Hofmann, Pfarrer.
G. Ober le, Pfarrer. Jakob Lindau. Or. Ferdinand
_ Bis fing.
*) Dahin wird unsere erste Einladung, welche nach Mosbach lautete,
berichtigt.

Anfrage.
Bon der Bergstraße. Kann ein Bürgermeister oder
Gemeinderath noch diese Stelle bekleiden oder in derselben be-
lassen werden, der ein nachweisbar falsches Leumundszeugniß
wissentlich ausgestellt und auf welches ein öffentliches Gericht
in einem Urtheilsspruche keinen Werth legen zu können er-
klärt hat?
Bode n.
* Heidelberg, 23. Nov. Der Herausgeber der Wochen-
schrift des Nntionalvereins hat die Dinge in Preußen bei seiner
kürzlichen Anwesenheit während der Sitzungen des National-
vereinsausschusses sehr genau kennen gelernt. Aeuserst empfeh-
lenswerth ist daher sein in der neuesten Nummer oer Wochen-
schrift aus Berlin datirter Bericht, an dessen Schluß folgender
für jeden süddeutschen Vaterlandsfreund sehr beherzigeuswerther
Wehe- und Schmerzensschrei in die Welt gerufen wird: „Die

Stockung der politischen Geschäfte in den einver-
leibten Provinzen dauert fort und bringt die un-
günstigsten Wirkungen auf die Stimmung der Be-
völkerungen hervor. Nach glaubhaften Nachrichten
ist der Geist der Opposition gegen die preußische
Herrschaft, namentlich in Hannover und Nassau
(Frankfurt noch weit mehr, erfährt der Bote), im Zu-
nehmeu. Statt daß die seit der Annexion verflos-
senen Monate die Zahl der Anhänger Preußens
^hmtten vergrößern sollen, ist vielmehr der Abfall
; von der preußischen Partei an der Tagesordnung,
z Zu gleicher Zeit wächst die Erbitterung und die
Dreistigk eit der Oppos itionspartei." In demselben Artikel
wird noch gar Vieles gesagt, was einen schweren Stein auf
die preußische Annexionspolitik wirft, wofür der Raum unseres
Blattes nicht ausreicht. Das Angeführte aber, sollten wir den-
ken, muß vollkommen genügen, um die Meinung zu rechtfer-
tigen, daß wenn sogar das alles verpreußelnde Wochenblatt
des Nationalvererus eine derartige, aus solchem Munde doppelt
vernichtende Verurtheilung der preußischen Annexiousbestre-
bungen veröffentlicht, ein setzt noch für die Bismarck'sche
Säbelwirthschaft schwärmender Süddeutscher für das Tollhaus
reif oder für seine Bemühungen sehr gut bezahlt sein muß.
* Heidelberg, 24. Nov. Die Pfälzer Zeitung spricht
von der Möglichkeit des Eintritts des Frhrn. v. Edelsheim
rn das bayerische Cabinet und bezeichnet unfern früher» Mini-
ster als den Vertreter einer entschieden deutschen im Gegen-
sätze zur großpreußischeu Richtung. Wir könnten Bayern und
unsrer Sache überhaupt uur Glück wünschen zu einer so aus-
gezeichneten Wahl, wodurch für Bayern ganz neue Bahnen vor-
gezeichnet würden und die unentschlossene, mattherzige Politik
v. der Pfordtens ihr Ende finden müßte. Auch der Pfälzer
Kurier gesteht zu, daß die Mittheilung der Pfälzer Zeitung
! nicht ohne Grund sei.
* Heidelberg, 24. Nov. Unter der diesjährigen reichen
Kalenderliteratur zeichnet sich abermals der Sonntagskalen-
der der Herder'scheu Verlagshandlung in Freiburg sehr vor-
theilhaft aus, den wir deßhalb auch dem katholischen Volke
unseres Landes aus das Angelegentlichste empfehlen. Wenn mau
weiß, was der Kalender auf dem Lande für eine große Rolle
spielt und wie die gesummte Bauernsamilie denselben den ganzen

Ein braves Weib.
(Einsiedler Kniender von tö67.)
(Fcutsetzung.)
Der Rentant verbiß seinen Grimm so gut er konnte, aber im Herzen
brütete er böse Pläne aus. Jetzt, zur Zeit der Hungersnoth, rückte er
heraus damit.^ Zuerst, während Hubert trank lag) entzog er Johannen
die Arbeit. Sie baf, sie flehte, er möge sie nicht in's Unglück stürzen;
aber er blieh unerbittlich und wies ihr kalt die Thüre. Ihr heimathliches
Dors lag eine Stunde weit entfernt, aber fie konnte dort Arbeit bekommen.
Sie schlief darum zwei Stunden weniger und wanderte jetzt täglich hinüber
und wieder zurück. Dabei verdiente sie so viel, daß die Ihrigen wenigstens
nicht zu hungern brauchten, aber so viel nicht, um die Zinsen des kleinen
Kapitals decken zu können, das auf dem Gütchen ihres Mannes lastete.
Jndeß — der Herr Baron war nicht unbarmherzig — gewiß wartete er
dies Mal oder schenkte die Zinsen wohl ganz aus Rücksicht auf die schweren
Zeiten! so dachte Johanna. Aber es kam anders.
Am Zinstage ließ der Rentant sie rufen und mahnte sie an das
Geld. Sie bat um Geduld. „Ich habe lange genug Geduld gehabt", er-
wiederte der Mann höhnisch. „Du zahlst oder die Kuh wird euch aus dem
Stalle verlaust."
Johanna erschrak, denn von dem Rentanten mußte sie alles fürchten;
aber bald faßte sie sich wieder. „Ich werde zum gnädigen Herrn gehen,"
sagte sie. „Er wird um welliger Thaler willen nicht grausam gegen uns
verfahren."
Der Rentant lachte. „Geh' nur", sprach er — „es wird dir wenig
helfen! der Herr Baron ist euer Gläubiger nicht mehr, sondern ich, ich bin
es. Ich habe die Schuldforderung angekauft, und nicht nur die Zinsen,
sondern auch das Kapital sollt ihr bezahlen binnen acht Tagen."
Jetzt sank der armen Frau der Muth. Sie siel dem harten Manne
zu Füßen und flehte um Barmherzigkeit. „Pa!" sagte er — „bist du etwa
barmherzig gegen mich, Johanna? Sei du nachgiebig und ich werde ^s

auch sein. Dein Schicksal liegt in deiner Hand, du brauchst nur zu wählen.
Aber wähle mit Bedacht. Bedenke wohl, wenn ich aus meiner rechtmäßi-
gen Forderung bestehe, so wird euch Haus und Hof verkauft. In jetzigen
Zeiten ist euer ganzes Hab und Gut nicht einen Pappenstiel werth. Der
Erlös wird nicht die Hälfte meiner Forderung decken. Dann spaziert dein
Mann in den Schuldthurm, und du kannst mit deinen Kindern betteln
gehen und im Freien auf eitlem Heuhaufen schlafen."
Bleich und zitternd stand Johanna auf. „Sie sind ein Elender!" sagte
fie mit halb erstickter Stimme; und ohne noch einen Blick auf ihn zu werfen,
verließ fie das Zimmer. . Draußen konnte fie ihre Thränen nicht zurück-
halten. Sie weinte und rang die Hände. In dumpfer Betäubung ging
sie dann heim und erzählte ihrem Manne Alles. Hilbert zuckte die Achseln.
„Wir stehen in Gottes Hand, liebes Weib!" sagte er gefaßt. „Gott wird
helfen, und vielleicht — droht der Rentant nur."
Sie warteten, schwankend zwischen Hoffnung und Bangigkeit. Dec
gefürchtete Tag kam und der Rentant hatte nicht bloß gedroht. Es geschah,
was er vorhergesagt: der kaum genesene, unglückliche Hubert wanderte in
den Schuldtburm — Johanna und ihre Kinder wurden auf die Gasse ge-
worfen. Das höchste Elend war da.
Der Rentant triumphirte. Johanna erlag zwar anfänglich fast der
Wucht ihres schweren Schicksals — dann raffte fie sich aber auf und suchte
Hülfe bei den Nachbarn, bei dem gnädigen Herrn Baron, bel Allen, die
sie kannten. Aber Niemand konnte oder wollte ihr helfen — die Zenten
waren so schwer. ....
„Gut denn", sagte fie zu sich selbst, „hier finde ich keinen Beistand,
so werde ich idn nnderswo suchen, bei Einem, der nur ein Äwrt zu sprechen
braucht, um zu retten. Mögen sie Alles hinnehmen, nur meinen Hubert,
den Vater meiner Kinder, sollen sie mir zurückgeben. Der Weg ist zwar
weit, aber endlich werde ich doch hingelangen."
(Schluß folgt.)
 
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