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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 142-153 (1. Dezember - 29. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43883#0597

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Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, HÄ"?*
Donnerstag und Samstag.

Preis: vierteljährl. 40 kr. ohne Träger
lohn u. Postaufschlag. Jns.-Geb. 2 kr. d.Z

Samstag den 15. December

Einladung zum Abonnement.
Da das alte Jahr sich seinem Ende zuneigt, so ersuchen wir unsere auswärtigen Abonnenten, ihre Bestellungen bei der
Post rechtzeitig zu erneuern. Auch ist jeder Landpostbote verpflichtet, Bestellungen anzunehmen und zu besorgen. Für Heidelberg,
Neuenheim und Schlierbach nimmt Anmeldungen entgegen die Expedition von L. Schweiß.
Bestellungen in Paqueten (nicht unter 10 Exemplare), wodurch das Porto sich bedeutend verringert und wobei wir außer-
dem ein Freiexemplar geben, wolle man gleichfalls an die Expedition des Blattes richten, und ersuchen wir besonders die seit-
herigen Empfänger, uns baldigst die Zahl der gewünschten Exemplare mitzutheilen.
Der Preis des Blattes — 40 kr. ohne Postaufschlag — bleibt derselbe. Inserate a 2 kr. die Spaltzeile, ein äußerst
wohlfeiler Ansatz, erfahren bei der großen Auflage unseres Blattes im ganzen Lande die beste Verbreitung.
Auch Liebhabern heiterer Erzählungen, ergötzlicher Gedichte u. s. w., namentlich unfern zahlreichen Leserinnen, werden
wir durch ein gutes Feuilleton Unterhaltung und Belehrung zu bieten bestrebt sein.
Ferner haben wir im Interesse der Geschäftsleute uns entschlossen, die Frucht-, Fleisch- und Brodpreise der unteren und
mittleren Landesgegenden regelmäßig den Anzeigen unseres Blattes einzuverleiben, und endlich werden wir, wie dies in den
letzten Wochen bereits geschehen ist, den gesammten Handel und Wandel in Dors und Stadt durch eine Reihe tüchtiger Lokal-
correspondenzen in unfern politischen Sprechsaal hereinziehen.
In seiner politischen Tendenz bleibt der Bote stets der alte. Er wird überall für das Recht gegen die Gewalt kämpfen
und stets auf Seiten der Freiheit und des Volkes zu finden sein. Unterthänige Bücklinge hat er nie zu machen verstanden und
wird daher auch in der jetzigen unterthänigst schweifwedelnden Zeit niemals seinen Namen vor den Tagesgötzen krümmen, viel-
mehr nur vor Gott allein das Knie beugen. Mit Freimuth wird er daher die Dinge im deutschen Vaterlande besprechen und
daß er dabei der Bismarck'schen Politik das Wort nicht reden kann, weil sie Deutschland in drei Theile zerrissen hat und dem
deutschen Volk das Joch der Knechtschaft auf den Hals legen will, versteht sich von selbst.
Was vollends unsere badischen Zustände betrifft, so wird der Bote nach wie vor es sich zur Aufgabe machen, überall den
Schwachen gegen den Starken zu vertheidigen, er wird also namentlich auf die zahllosen Angriffe gegen die Katholiken und ihre
Kirche mit wuchtigen Hieben rücksichtslos nach Oben und Unten hin. antworten, er wird im öffentlichen Leben überall den Schein
von der Wahrheit zu unterscheiden wissen, er wird insbesondere zeigen, daß es eine Lächerlichkeit ist, von „freiheitlicher Ent-
wickelung" u. dergl. in unserem Lande zu reden, so lange die Presse durch Rescripte geknebelt ist, das Vereins- und Versamm-
lungsrecht durch veraltete, reactionäre Bestimmungen illusorisch gemacht und von der Gnade der Polizeimänner abhängig, das
Privathaus nicht einmal vor büreaukratischer Ueberwachung gesichert ist, die Gemeindeangelegenheiten durch einen Ausschuß
abgethan werden, dessen Schwerpunkt nicht in dem Vertrauen der Bürgerschaft, sondern in der Größe des Vermögens beruht,
was die Alten Plutokratie, wir aber die Herrschaft des Geldprotz enthums nennen, so lange ferner die Wahlen nicht
durchgängig geheim und direkt (ohne Wahlmänner) aus oem gesammten Volke geschehen, so lange endlich nicht durch allge-
meine Neuwahlen die fast ein Menschenalter tagende Kammer durch eine andere ersetzt wird, damit bei ganz veränderten Ver-
hältnissen auch der Volkswille einer anderen Generation sich kundgeben kann. In der Rechtspflege wird der Bote für eine
einfache, rasche und wohlfeile Justiz um so mehr sich aussprechen, als durch die neue Organisation die Einfachheit nicht
gefördert, der Kostenpunkt dagegen in's Riesenhafte gesteigert worden ist. In der Verwaltung ist der Bote der begeistertste
Freund des Selfgovernment d. h. der Selbstverwaltung des Volkes, die er aber in der neuen Einrichtung noch nirgends hat
wahrzunehmen vermögen, vielmehr überall nur deren Gegentheil d. h. die Verstärkung der Beamtengewalt, was namentlich durch
das in der Ausführung verfehlte Bezirksrathsinstitut geschehen ist. Daß die sog. Schulreform, die der Bote nach wie vor
bekämpft, sich aufs Brillanteste als ein verfehltes Experiment herausgestellt hat, wird jetzt allmählig in immer weiteren Kreisen
anerkannt, und der Bote wird daher nicht aufhören, die Alternative lebhaft zu befürworten: entweder Herstellung des berech-
tigten Einflusses der Kirche auf die Erziehung des Volkes, oder aber vollständige Unterrichtsfreiheit, — fort mit den Zwitter-
einrichtungen !
Wer also mit dem Boten einverstanden ist in dem Rufe: Freiheit der Kirche, Freiheit des Volkes, Selbst-
verwaltung und niedere Steuern, der abonnire- sofort auf dieses freisinnigste aller badischen Blätter und unterstütze
dadurch die auf die Erlangung jener hohen Güter gerichteten Bestrebungen des Pfälzer Boten.
Heidelberg, im December 1886. Die Redaktion.

Eine ausländische Soldatengeschichte.
(Fortsetzung)
Da stand ein Soldat, der hatte sich auf sein Gewehr gestützt, als
könnten ihn seine Beine nicht tragen. Er bohrte seine Augen in die Erde,
als wäre auf der Erde nichts für ihn zu fehen und als wäre über ihm
kein lichter blauer Himmel.
„Mann!" rief der Lieutenant und faßte ihn bei der Schulter.
Der Soldat fuhr zusammen. Aber nur langsam richtete er sich aus,
wie einer, der müd und matt zerschlagen ist. Die Augen strahlten nicht,
denn sie waren voller Thränen. Es war nicht anders: ein ungeheurer
Schmerz fraß gierig am Mark dieses Soldaten. ,
„Mann!" rief nochmals der Offizier, „freuen Sie sich denn gar nicht
auf die Heimkehr?"
„Nein!" antwortete mit leiser zitternder Stimme der Gefragte.
„Was?"
„Nein, Herr.Lieutenant! Mir wär' besser, wenn mich eine Granate
in tausend Stücke zerrissen."
„Sind Sie —"
„Was soll ich zu Haus? Ein liebes fröhliches Weibchen ließ ich zu
Haufe und zwei Kinderchen schöner und munterer, als alle Engel im Him-
mel. Und Frau und Kinder hat die Pest geholt, Herr Lieutenant." Und
der Soldat stützte sich wieder langsam auf sein Gewehr.
„Armer Mann —"
„Stillgestanden! Richtet Euch!"

Der Offizier eilte an seinen Platz, die Soldaten standen kerzengrade,
denn der Oberstlieutenant kam.
„Kinder", sagte er, „mit dem Fahren ist nichts, wir müssen zu Fuß
marschiren. Nachmittag 2 Uhr vom Markt. Guten Morgen!"
Ein dumpfes Gemurmel ging durch die Reihen und viele zornige
Ausrufe ließen sich hören. Selbst die Offiziere waren erbittert. Die Sache
war sehr häßlich ; denn der Oberstlieutenant hatte sich durch sein Benehmen
mit der Bahnverwaltung verzankt, als er mit dieser über den Transport
der Soldaten verhandelte. Darauf großer Aerger auf beiden Seiten, und
das Ende vom Liede war, daß die armen Soldaten die Suppe auslöffeln
mußten.
Es war nur ein guter Tagemarsch bis zur nächsten Stadt. Die
! Soldaten marschirten still fort oder räfonnirten. Hätten sie fahren können,
so wären sie noch an demselben Tage in ihre Heimath gekommen. Was
thut aber ein Tag? Nein, sonst nichts. Aber die meisten hatten an ihre
Frauen, an Verwandte und Freunde geschrieben und diesen ihre Ankunft
gemeldet. Gewiß wurden sie nun erwartet, und die Soldaten ärgerten
sich mehr darüber, daß ihre Angehörigen umsonst auf sie warten, als daß
sie fünf Meilen marschiren mußten.
Es war für sie nur eur^kÄner Trost, daß die Officiere in die Heimath
telegraphirt und gemeldet hatten, daß sie 24 Stunden später ankommen
würden. - - ! >
Andern Tags war das ganze Bataillon rechtzeitig auf dem Bahnhof.
Da trifit die Soldaten wie ein Donnerschlag die Nachricht, daß sie nicht
l nach der Heimath fahren, sondern marschiren sollen. Marschiren! Dreißig -
 
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