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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 90-102 (2. August - 30. August)
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Pfiilzer EM Bote
'^'D°nnL für Stadt and Land. LitPLZL^L-L^;
M 99^ Donnerstag den 23. August 1866.

Baden.
* Heidelberg, 21. Aug. Wie öffentliche Blätter berichten,
beabsichtigt die Schweiz, gleichwie längst in Wien, so jetzt auch
in Berlin einen besonderen Gesandtschaftsposten zu errichten
und soll dem Vernehmen nach Geh. Rath Bluntschli zu dieser
Würde ausersehen sein. Wir würden uns sehr freuen, wenn
diesem Herrn eine derartige Auszeichnung zu Theil würde. Da
Baden, wie es offiziell heißt, ohnehin nicht in den preußischen
Bund ausgenommen wird, sondern auf die andern süddeutschen
Staaten angewiesen ist, so ist der Hauptthätigkeit des Herrn
Bluntschli damit der eigentliche Grund und Boden bei uns ent-
zogen und es dürfte wohl in seinem eignen Wunsch und In-
teresse liegen, in einer so hervorragenden Stellung den leitenden
Männern des Berliner Cabinets, von welchen er schon vor
Ausbruch des Krieges schmeichelhafte Briefe empfangen, auch
räumlich näher gerückt zu sein. So sehr wir den (übrigens
noch nicht sicheren) Verlust dieses ausgezeichneten Staatsmannes
zu beklagen haben, so dürfen wir doch nicht unerwähnt lassen,
daß ein kaum minder bedeutender Politiker aus den Reihen
unserer Bürgerschaft, Herr I. Bl. Flaschon, verantwortlicher
Redakteur unsres Blattes, der sich der höchsten Popularität
und der ungeteiltesten Sympathien seiner hiesigen Mitbürger zu
erfreuen hat, aus einige Zeit seiner durch eine aufreibende po-
litische Thätigkeit angegriffenen Gesundheit wegen eine längere
Urlaubsreise auzutreten für gut findet. Das Ziel seiner Reise
soll, wie man versichert, die Schweiz sein, womit allen ander-
weitigen böswilligen Gerüchten über dessen Entfernung von
vorneherein entgegengetreten werden soll. Möchte derselbe bald
neugestärkt seiner ausgezeichneten Thätigkeit zurückgegeben werden!
— Der „neukatholische Rundschauer" der Landesbase, den wir
unlängst etwas unsanft zu zwicken genöthigt waren, weil mir
alle p e r s ö n l i ch e n Angriffen gegen uns sofort mit dergleichen
Münze bezahlen, wozu uns ein ausgiebiges Material zur Hand
ist, läugnete in der Base jenen Artikel geschrieben zu haben,
was ihm von der Redaktion bestätigt wird. Wir kennen genau
die Correspondenten der Base aus Heidelberg und wissen nut
Sicherheit, daß der betreffende „altkatholisch-protestantisch- Pen-
sionirte" einer der thätigsten ist, und da thut's nichts, wenn er
auch eiumal einen Hieb mehr erhalten hat, als ihm eigentlich
zukommt. Hätte er uns übrigens einfach die Versicherung ge-
geben, er sei der betr. Verfasser nicht, so hätten wir ihm wohl
Glauben beimessen mögen, aber die Bestätigung durch die Re-
daktion kann keineswegs dazu dienen, unseren Verdacht zu ent-
kräften. Im Gegentheil! Ein Blatt, das so schändliche Lügen
über den Pfälzer Boten (so besonders das gänzliche Aufhören
oder „Stocken" desselben) verbreitet hat, ohne bei besserer Be-
lehrung die bewußten Lügen zurückzunehmen, mag wohl fähig
sein, aus Maß gegen uns alle möglichen Testate auszustellen.
— Das Heidelberger Journal hat einen neuen Vorschlag ge-
macht iu Betreff der deutschen Gestaltung. Da es selbst nicht
mehr glaubt, daß Baden in den von ihm so heiß ersehnten
preußischen Bund gnädigst ausgenommen werde, wehrt es sich
wenigstens gegen die engere Verbindung unsres Landes mit den
andern süddeutschen Staaten. Kleindeutsch wie das Journal ist
und bleibt, macht es den allerkleindeutschesten Vorschlag: Baden
solleganz auf sich allein beschränkt bleiben d. h.
natürlich nur so lange, bis ihm der vorgeschobene Riegel in
Berlin geöffnet worden sei. Wir können wahrlich nicht ab-
sehen, wo das Heil für Deutschland bei der neuen Gestaltung
der Dinge Herkommen soll. Schwächer ist uns Deutschland
nie vorgekommen, zerrissener ist es nie gewesen, außer in den
schweren Zeiten der napoleonischen Fremdherrschaft. Statt eines
großen Bundes von 70 Millionen — denn die außerdeutschen
Provinzen Oesterreichs hätten bei jedem Angriffskrieg vom Westen
oder Osten her gleichfalls gegen den Feind mithelfen müssen —
haoen wir Oesterreich verloren, vielleicht sogar zum unversöhn-
lichsten Feind gemacht, das übrige Deutschland in zwei Theile

gespalten und jetzt soll Baden noch einen besonderen Theil aus-
machen! Uns scheinen die Verwickelungen nach dem Frieden
erst recht ihren Anfang zu nehmen und Niemand ist im Stande,
das Ende derselben abzusehen. Was wir stets am meisten ge-
fürchtet hatten, tritt leider! jetzt in die Wirklichkeit: de r faule
Friede!
* Heidelberg, 21. Aug. Gegenüber den schmählichen An-
schuldigungen der Karlsruher Lügenbase gegen den katholischen
Gesellenverein in Mannheim gibt Herr Stadtpsarrer Koch als
Präses des Vereins eine ebenso scharfe als würdige Erklärung
in der N. Bad. Landesztg., die wir aus Mangel an Raum erst
in der nächsten Nummer des Boten unfern Lesern mittheilen
können. Die Landesbase ist übrigens so sehr ans Lügen ge-
wöhnt, daß sie auch diese Zurechtweisung wie so viele andere
sich wohl stillschweigend wird gefallen lassen. Hat nur die Lüge
ihren Zweck erreicht, das Uebrige ist ja gleichgültig! Herr Hauser
sollte aber doch, da er die Jugenderziehung zu leiten hat, etwas
vorsichtiger sein; was müßten sonst die armen Schuljungen denken ?
Auch verschiedene andre Gimpelblätter haben mit Behagen die
Lüge der Landesbase abgedruckt, und namentlich die gehäutete Hei-
delb.Zeitg. kann es nicht unterlassen, der ihr sonst feindlich ge-
stimmten Landesbase den Artikel nachzudrucken. Wenn's nur
gegen die „Schwarzen" geht, dann finden sich alle diese schönen
Seelen wieder zusammen; denn — „der Zweck heiligt ja die
Mittel!"
Karlsruhe, 20. Aug. Die großh. Kriegsverwaltung ist,
nachdem der Friedensschluß erfolgt ist, wie man vernimmt, da-
mit beschäftigt, den Dienststand der großh. Armee an Mann-
schaften und Pferden möglichst schnell auf den Friedensfuß
zurückzuführen. Schon am Schluß voriger Woche waren 400
Pferde bei Landwirthen eingestellt; es wird dadurch erfahrungs-
mäßig eine Ersparniß von ca. 1 fl. pro Tag und Pferd erzielt.
Auf solche Weise wird es möglich werden, daß der für den
Pferdeankauf und die Mobilmachung bewilligte Credit nicht er-
schöpft werden dürfte. Man darf hoffen, daß der Ueberschuß
bedeutend genug werden wird, um die großh. Regierung zu einer
Vorlage an die Stände behufs Verwendung desselben zur Her-
stellung von Hinterladungsgewehren für die gestimmte Armee in
den Stand zu setzen. (K. Z.)
Karlsruhe, 20. Aug. Es ist bekanntlich beim Ausbruch
der jüngsten Kriegswirren festgestellt worden, daß das von den
Ständen bewilligte außerordentliche Budget pro 1866/67
nicht vollzogen werde, daß von den in demselben vorgesehenen Ar-
beiten nur die allerdringendsten zur Ausführung gebracht wer-
den sollten und daß auch bei den Verwendungen auf Grund
des ordentlichen Budgets mit größtmöglicher Sparsamkeit zu
verfahren fei. Der verhältnißmäßig günstige Stand der Staats-
finanzen gestattet indessen schon jetzt, daß ein sehr wesentlicher
Theil der im außerordentlichen Budget in Aussicht gegebenen
öffentlichen Arbeiten durchgeführt werde, und wir hören,
daß das großh. Staatsministerium die Ausführung derselben in
beträchtlichem Umfang genehmigt hat. Hierauf werden von
Fluß- und Straßenbauten u. a. die folgenden sofort in
Angriff genommen, bezw. forigesetzt und beendigt werden: 1)
Der Rheindurchschnitt bei Altrip; 2) die Correktion der Neckar-
thal-Straße; 3) die Straßencorrektion von Kandern nach Binzen;
4) die Correktion der Wachlsteige; 5) die Straße von Hardheim
über Külsheim nach Bronnbach; 6) die Correktion der Zindel-
steinsteige; 7) die Correktion der Hasenwaldsteige; 8) die Cor-
rektion der Rumpensteige; 9) die Straße von Bonndorf nach
Stühlingen; 10) der Bau der Straße zwischen Buchen und
Hettingenbeuern; 11) die Correetion der Hohensteinstraße; 12)
die Correetion der Heiligenberger Straße; 13) der Schutz der
Ufer am Main und die Beseitigung der Schifffahrts-Hindernisse;
14) die Correetion der Erftstraße; ferner 15) die Fortsetzung
der geologischen Aufnahme des Landes. (K. Zig.)
 
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