Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

DOI Kapitel:
Nr. 129-141 (1. November - 29. November)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43883#0537

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Pfälzer
Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag,
Donnerstag und Samstag.

Preis: vierteljährl. 40 kr. ohne Träger-
lohn u. Postaufschlag. Jns.-Geb. 2 kr. d.Z.


X Octoberschau vom Kraichgam
Wir nehmen uns die Freiheit, unfern Lesern unter obiger
Aufschrift über die October-Nummern des Kraichgauboten,
welcher zugleich amtliches Verkündigungsblatt ist, einige Mit-
theilungen zu machen, aus denen sein Benehmen gegen die Ka-
tholiken die nähere Beleuchtung erhält.
In No. 117 vom 2. October lesen wir Folgendes: „Ein
neapolitanisches Blatt „0llis86 eattoliea" d. i. „Katholische
Kirche" empfiehlt als kräftiges Mittel gegen die Cholera, auf
dem Bauche das Bildniß des hl. Joachims zu tragen."
Fragliche Zeitung ist ein kirchenfeindliches Blatt, und wir
fragen, ist es anständig, solche handgreifliche spöttische Lüge
in einem Localblatte wie der Kraichgaubote abzudrucken? Ein
ordentlicher Mann antwortet — Nein!
In No. 123 berichtet der Kraichgaubote: „Papst Pius IX.
hat dem kranken Fürst - Primas von Ungarn seinen apostolischen
Segen geschickt und damit den Erzbischof beinahe ge-
sund gemacht."
Wir finden in dem Zusatz einen läppischen Witz, der
eines Mannheimer Spanners würdig ist, aber nicht eines
Blattes, das von den Zwangshellern der Katholiken sein Da-
sein fristet und auf Bildung Anspruch macht.
In No. 124 heißt es: „Es mehren sich die Klagen über
systematische confessionelle Hetzereien so sehr, daß die öffentliche
Aufmerksamkeit darauf gelenkt wird. Die Badische Landeszei-
tung weist noch ganz speciell auf die Firmungspredigten des
Bischofs Ketteler von Mainz hin."
Ganz wahr, die Badische Landeszeitung hetzt so
systematisch und verbost, daß von Bruchsal aus eine Anzeige
Hierwegen von Seiten der Katholiken bis an's Justizministerium
gelangt ist. Der Kraichgaubote selbst ist mit seinen übrigen
Genossen der Ansicht, daß seine Unarten gegen die Katholiken
auf diese beruhigend einwirken. Ein gescheidter Mensch ist
anderer Meinung. Bezüglich der Predigten des Bischofs Ketteler
verschaffe sich der Kraichgaubote die wahre Kenntniß, um sich
von der eigenen gehässigen Verdächtigung zu überzeugen.
In No. 125 wird geschrieben: „Als Ersatz für den Ver-
lust ualienischen Gebiets erhält Oesterreich eine Legion italieni-
scher Mönche und Nonnen, die in dem hl. Land Tyrol ihr
Eldorado gründen wollen" rc.
Diese hämische Bemerkung ist eine Rohheit. Die katho-
lischen Ordenspersonen sind aus ihrer Heimath mit Gewalt ver-

trieben und suchen eine Zufluchtsstätte in Oesterreich, welche
dieses gewährt. Man heißt dieß unter civilisirten und gebildeten
Staaten eine Handlung der Menschlichkeit, worüber der Kraich-
gaubote zu seiner eigenen Unehre winzelt.
In No. 128 steht der Ausruf: „Abermals unglückliches
Deutsch-Oesterreich! das uns nicht blos durch die Czechen, son-
dern auch noch durch die Geisel des pfäffischen Romanismus
ganz entfremdet werden soll"!
Dieser Schmerzensschrei des Kraichgauboten ist geradezu
dumm. Kaum sind einige Monate seit dem Bruderkriege
vorüber und der Bote weiß nicht mehr, daß nicht „pfäffischer
Romanismus", sondern Bismarck die acht Millionen Deutsch-
Oesterreicher aus Deutschland hinausgedrängt hat, und wenn
diese uns je entfremdet werden sollten oder könnten, so hat
dieser Mann die Schuld, vor welchem jetzt der Kraichgaubote
unterthänigst sich krümmt.
Die No. 129 bringt Folgendes: „Ein saures Stücklein
Brod, das die Jesuiten essen! Sie sind so brave ehrliche Leute
und stoßen überall auf Verkennung und Abscheu. Das ver-
blendete Volk in Prag wirft ihnen die Fenster ein . . . der
Gemeinderath von Wien beschließt sie vom Weichbilde fern zu
halten wie Gift und Cholera" . . .
Schön gesagt. Wir sehen hier Herz und Nieren des Kraich-
gauboten gegen die Katholiken blosgelegt. Der Pöbel Prags
mißhandelt kath. Ordenspersonen und der Kraichgaubote findet
das in voller Ordnung; der Wiener Gemeinderath erweist sich
den Wiener Judenblättern entgegenkommend und der Kraichgau-
bote ist darob entzückt. Wir sind der Ueberzeugung, wenn in
allen Städten Deutschlands ein Gemeinderathsbeschluß sämmt-
liche Katholiken verbannen könnte, der Kraichgaubote würde
ein freudiges Halloh! rufen. — Schließlich hier noch die Be-
merkung, daß die schlimmsten Jesuiten immer noch so „brave
und ehrliche" Leute sind, wie die brävsten und ehrlichsten Mit-
arbeiter des Kraichgauboten.
In No. 130 endlich kommt die Nachricht: „In Freiburg
ist der bekannte Pater Roh angekommen. Derselbe wird
Heuer wohl keine glänzende Geschäfte machen."
Wir wissen nicht, was der Kraichgaubote eigentlich unter
den „glänzenden Geschäften" versteht, wollen aber, abgesehen
von der Unanständigkeit eines solchen Zusatzes, dem Kraichgau-
boten selbst an die Hand gehen und ihm zeigen, wie er ein
glänzendes Geschäft" machen könnte. Vor mehreren Jahren
nämlich hat der Pater Roh im Dom zu Frankfurt den Ver-

Eiu Besuch bei den Indianern.
Am 16. Juni verließ ich (schreibt ein in dem Westen der Vereinigten
Staaten ansässiger Deutscher) mit einem anderen jungen Kaufmanns St.
Paul, die Hauptstadt des Staates Minnesota. Unser Zweck war, einige
Hundert Meilen über den Red River hinaus zu gehen, um von den In-
dianern Büffelfleisch und Felle zu kaufen. Wir waren gut beritten und
hinlänglich mit guten Schußwaffen nebst Munition versehen. Unsere
Wagen waren mit kräftigen Mau'lthieren bespannt, die von Regern getrie-
ben wurden. Als Führer und Dolmetscher nahmen wir einen Sohn des
Indianer-Häuptlings Little Crow (kleine Krähe) mit uns. Die Prairie-
Straße zieht sich am Missisippi entlang bis nach St. Cloud, wo sie sich
direct nördlich wendet. Wir passirten die Ortschaften Cool Springs, Ale-
xander, New-München (rein deutsch). Saue Benter und Pomme de Terre.
Von hier aus hatten wir noch 38 Meilen zu dem fast weltberühmten Re-
secca Lake, wo wir an einem schönen Nachmittage gegen 3 Uhr ankamen.
Der Weg von Pomme de Terre bis zum Resecca Lake führt durch ein laby-
rinthisches Netz von kleinen Seen, auf denen große Schaaren von Wasser-
vögeln sich tummelten. Der Resecca Lake selbst war mit Enten, Gänsen
und Schwänen fast bedeckt. Die Thiere ließen fich durch unsere Ankunft
nicht stören; erst als der erste Schuß über die Fläche knallte, hoben sie sich
mit betäubendem Geschrei, um sich eine Strecke weiter niederzusetzen und
uns verwundert zuzuschauen. Nachdem wir eine Stelle ausfindig gemacht,
wo sich hinlänglich Gras für unsere Pferde und Esel befand, schlugen
wir unsere Zelte auf; denn wir wollten hier einige Tage verweilen, um
uns mst Jagen zu amufiren. Der Platz, den wir gewählt hatten, war
reizend schön. Wir schossen in zwei Tagen 64 Taucher-Enten, 18 Fett-
gänse, 3 Schwäne und 7 Kraniche.
Am dritten Tage zogen wir weiter und erreichten nach einigen Tagen
Abercrombie am Red River, welcher Platz 460 engliche Meilen nordwestlich

von St. Paul liegt. Wir sahen hier die ersten Wigwams und trafen zwei
Agenten der Hudson Bay (Pelz) Company, die uns gut unterrichteten und
manches Interessante erzählten. Wir hatten jetzt noch 285 Meilen bis
Bony Hill und Bears Den zu den Indianer-Dörfern. Nach acht
Tagen kamen wir in Bears Den an, und nachdem uns unser Führer beim
Häuptling Red Cloud (rothe Wolke) angemeldet, kam uns der Häuptling
selbst entgegen und lud uns in seinen Wigwam ein. Ich war nicht wenig
erstaunt über die Masse von Hunden, die, wie Wölfe aussehend, um uns
herum lungerten. Nach einer Weile des tiefsten Schweigens sagte uns der
Häuptling, daß die weißen Brüder bei ihm und seinen Getreuen herzlich
willkommen seien. Wir ließen ihm dafür danken, und nun reichte er je-
dem von uns die Hand; ich denke, ich fühle den Druck noch. Sein kleiner
Sohn, ein hübscher Junge von neun Jahren, brachte die Pfeife, die dann
Einer dem Andern hinreichte, nachdem er drei Züge gethan. Die Pfeife
von rothem Thon oder einer Art Stein war mit sogenanntem Killicinick
gefüllt, einer Art Tabak, welchen die Indianer von der Rinde eines Strauches
zubereiten und der sehr stark ist. Er stellte uns feine Frau vor, eine halbe
Indianerin, deren Vater ein Canadier ist. Sie, ihr Vater und die Kinder
find katholisch, wie es alle gemischten Racen hier sind. Der Häuptling
sprach etwas französisch und auch einige Worte englisch, so daß es uns
möglich war, selbst mit ihm zu parliren; was er in französich nicht ver-
stand, sagte ihm seine Frau in englisch, und wir zwangen seinen verwet-
terten Zügen manch gutmüthiges Lächeln ab, dabei wurde die Pfeife nicht
vergessen, die alle 15 Minuten rund ging.
Ueber unsere Geschenke war er ganz erstaunt; u. A. hatte ich eine
Spieldose, die ich sorgfältig unter meinen Hut legte. Als der Alte die
Musik hörte, sprang er erst aus dem Wigwam, kam bald wieder herein,
sah sich nach allen Richtungen um und schnitt dabei ein Gesicht, wie der
Asse am Ende seines Lebens. Ich holte dann die Dose hervor, worauf
er mir ein platt geschlagenes Stück Gold, das von seiner Stirn hing.
 
Annotationen