Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

DOI Kapitel:
Nr. 116-128 (2. Oktober - 30. Oktober)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43883#0501

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

124.

Samstag den 20. October

1866.


An unsere verehelichen Herren Correspondenten!!
Wir ersuchen unsere geehrten Herren Mitarbeiter dringend, >
uns häufig Mittheilungen über Landwirthschaft und gewerbliche
Angelegenheiten zusenden zu wollen, sowie uns überhaupt ein
Bild der socialen Zustände der Gemeinde zu entwerfen, in wel-
cher der betr. Herr Korrespondent seinen Wohnsitz hat, da mir mit
dem neuen Quartal den materiellen Interessen unseres Landes eine
erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen wünschen. Namentlich wird es
uns zunächst von Wichtigkeit sein, wenn wir recht viele Berichte
über den diesjährigen Weinertrag erhalten, sowie weitere Mit-
theilungen über Güte, Menqe^ und Preis von Hopsen, Tabak,
Kartoffeln u. s. w. Wir hoffen, daß unsere Freunde nicht säu-
men werden, diesen billigen Wunsch nach Kräften zu unterstützen,
damit unser Blatt immer mehr als ein wahres Volksblatt den
allgemeiuen Interessen zu dienen vermag.
Heidelberg, 4. Okt. 1866.
Die Redaktion.
Buden.
* Heidelberg, 18. October. In der gestrigen Sitzung der
II. Kammer zeigte der Abg. v. Feder seine Interpellation an
den Präsidenten des Mtnilleriums des Jauern an, um darüber
Gewißbeit zu erkalten, wie es mit dem Ministerverantwortlich-
keüsgesetz, der Wahlreform und dem Preßgesetz sich verhalte. !
Besonders was letzteres betreffe, so fühle er sich um so mehr
zu einer Anfrage genölhigt, als Vas Ministerium des Innern
durch einen Erlaß vom 28. Juli d. I. in einer Weise vorge-
gangen sei, w siche ihm mit den bestehenden Preßgesetzen nicht
vereinbar erscheine. Aber auch den Kriegsminister, fährt Herr
v. Feder fort, werde er interpelliren, und zwar einmal, darüber, §
ob für die in Feindeshand gefallenen Soldatengeldbriefe ein
Ersatz geleistet werden würde, und ferner, ob für das Fort- i
kommen der invalid gewordenen Soldaten Vorsorge getroffen
sei. Herr Ministerialpräsivent Jo l ly aniwoctete sogleich auf vre
sein Ressort betreffenden Punkte. Die Antwort war allgemein !
weder zusagend, noch ablehnend gehalten, wie dies so oft mit >
den bekannten Wendungen auf Interpellationen zu geschehen
pflegt. Nur in Betreff des seinem Preßrescript gemachten -
Vorwurfs, dasselbe verletze die Preßgesetze, meinte Herr Jolly
eiire abweisende Antwort ertheilen zu müssen. Er glaubte
durch sein Rescript die preußischen Truppen gegen tue Angrtffe

und „Verläumdungen" eines Theiles der badischen Presse habe
schützen zu müssen, und meinte ferner, es seien unerhörte con-
fessionelle Hetzereien in Blättern vorgekommen, durch welche die
Ruhe des Staates und der Bürger gefährdet worden seien. In
letzterem Punkt geben wir Herrn Jolly ganz Recht; nur muß
es offenbar auf einem Mißverständniß oder einer völligen Un-
kenntniß der gefammten badischen Zeitungsliteratur beruhen,
wenn der Ministerialerlaß den größeren Theil der katholischen
Presse sowie ein Organ der demokratischen Partei traf, statt
gewisse Amtsverkündigungsblätter und namentlich die alte bös-
gearteie Landesbafe scharf über ihre Hetzereien ins Gebet zu
nehmen, bei denen es ja ohnehin nur eines leichten Winkes von
oben bedarf, um ihre Haltung so oder so zu bestimmen. Wir
haben in der That die unglaublichsten confessionellen Schmähun-
gen und die niederträchtigsten jedes Beweises ermangelnden Lü-
gen und Bübereien aus der uns entgegenstehendcn feindlichen
Presse sorgfältig verzeichnet, und wären nun sehr begierig, auch
nur die leisesten, von unsrer Presse verübten „Hetzereien"
gegen andere Confesssonen von dem Herrn Minister oder seiner
schweigenden Karlsruher Zeitung erfahren zu können. Wenn
wir überall Anklagen finden, überall Beweise vermissen, so muß
es den Anschein gewinnen, daß die Herren in Karlsruhe eben
gar nicht wissen, was wirklich in unfern Blättern steht, sondern
daß sie vielmehr nur durch die Landeszeitung hier und da einige
verdrehte oder geradezu absichtlich singirte Stellen unserer Presse
aus dritter Hand zu lesen bekommen. Es dürfte dafür eine
Aeußerung des großh. Staatsanwaltes Regensburger bei
dem Prozesse des Pfälzer Boten gewissermaßen als Beleg dienen,
indem dieser Herr mit einer Art Einphase ausrief, es sei der
unangenehmste Theil seines Berufes ein Blatt wie unfern ehr-
lichen Boten lesen zu müssen, so daß er eigentlich ein gewis-
ses Mitgefühl des Gerichtshofs und des Publicums für diese
feine schwere Aufgabe in Anspruch nehmen konnte. Für schwere
Anklagen ist man dem Gegner überall Beweis schuldig, und
vor allem sollten die Juristen dieses wissen. Wir hoffen also,
daß die Karlsr. Zeitung mit ihren Beweisstücken uns recht bald
zu überführen versuchen möge. Einstweilen können wir unfern
Lesern mittheilen, daß von den von tnm bekannten Ministerial-
erlaß getroffenen Organen unserer Presse ein entschiedener Pro-
test bei cem Ministerium des Innern nebst der Bitte um Rück-
nahme des Erlasses eingelaufen ist, worin nicht blos die Unge-

iLrste, zweite und kuttle 2lcoe.
Eins Erzählung non Wilhelm Fischer.
(Köln. Ztg.)
(Schluß)
Sie lächelte. Sind Sie Ihrer Sache so gewiß? Nun, will mich besin-
nen bis dahin.
Und der Alte kam, und die Alte kam auch, und Frau Müller sagte
Ja, und wir wurden aufgeboten zum ersten, zweiten und dritten Male,
und übermorgen ist Hochzeit, und nun komm', daß ich dir mein herrliches
Mädchen zeige! —
Der Hochzeitsgäste waren nicht gar viele, und um so größer war ihr
Erstanen, als kurz vor der Trauung noch ganz unerwartet ein glänzender
Husaren Offizier anlangte. Mein guter Pylades erröthete bei der Begrüßung
des schönen Julius. Da wir nun bei dem fröhlichen Mahle so ziemlich
an tümiüo waren, so konnte ich mich nicht enthalten, in meinem Toaste,
der, beiläufig zu meiner Ehre gesagt, nur sechs und eine halbe Minute
dauerte, etwas von „Aller guten Dinge find drei", „zweimal gefehlt und
einmal getroffen" rc. anzubringen, welches von den Einzelnen je nach dem
Maße ihres Wissens, vollständig aber von Pylades und, wie ich sofort
hörte, von stiner liebesmürdigen Braut verstanden wurde. Denn sie reichte
mir, als ich geendigt hatte, freundlich die Hand und sagte unbefangen:
Ich weiß Alles und danke Ihnen, daß cr-ie mir im Bruder zeigen,
wie schön Alwine gewesen ist, wie viel mein Liebster um meinetwillen ver-
gessen hat. Aber bestraft werden muß ihre Bosbeit doch —Pylades, erzähl'
uns jetzt einmal, wie weit es denn mit dein Herrn Doctor ist.
Nicht eher, bis ich vcrhciratbet bin! rief ich hastig und hielt meinem
Freunde den Mund zu. Es versprach es mir lachend.
In Paris erregt gegenwärtig Lady Victoria Fitz, eine reizende
junge Engländerin, durch ihre Persönlichkeit und ihre Geschichte ungewöhn-

liches Aufsehen. Die junge Frau, welche jetzt einen der aristokratischsten
; Namen von Großbritannien führt, hieß noch vor zwei Monaten Tookolito.
Vor drei Jahren bewohnte fie mit ihren Landsleuten, den Eskimo's, die
Bai von Ookovelaer, welche sich unter dem 60. Grade nördlicher Breite
befindet. Anstatt des eleganten Costüms, das sie jetzt mit aller Anmuth
und Geschicklichkeit trägt, bestand ihre Kleidung damals in einem Gewand
aus Seehundsfell mit rother und weißer Wolle auf den Näthen gestickt.
, Ein von demselben rauchhaarigen Fell gemachtes Beinkleid umschloß ihre
zarte Figur und ging bis zum Knie herab, wobei es ihr Bein und ihren
kleinen, in rothen Lederschuhen steckenden Fuß in all ihren reizenden Pro-
portionen zeigte. Ihr reiches, kohlschwarzes Haar endlich schlang sich
.' um den Kopf und wurde mit einem breiten blauen Bande zusammengehalten,
> das aus der Haut eines Fuchses geschnitten und mit dem Safte gewisser
Pflanzen gefärbt war. Vor drei Jahren befand sich Lord Frederick Fitz
! als Schiffsfähnrich der englischen Marine auf dem Georges Henry. Dieses
Schiff wurde, als der Winter tarn, plötzlich in der Bai von Ookovelaer
: festgehalten, und Sir I. Frederick, der einen schweren Fall gethan, erregte
! bei seinen Freunden große Besorgniß. Eines Tages kam ein junges Mäd-
i chen zum Schiffe und erblickte Frederick auf dem Bette des Kapitäns;
> Thränen traten ihr in's Auge und sie bat durch Zeichen um die Erlaubnis!,
ihn in ihr Eishaus zu sichren, um ihn zu pflegen und zu heilen. Die
Anerbietung des Eskimo-Mädchens wurde angenommen; fie nahm ihn
> mit, pflegte ihn wie einen Bruder und rettete ihm das Leben, so daß er
nach drei Monaten im Coftüme und in Gesellschaft der Eingeborenen See-
kälber jagte uno mit ihnen an Kühnheit wetteiferte. Jin April schickte
> sich der George Henry an, die Anker zu lichten. Als das junge Mädchen
( diese Nachricht erfuhr, zog sie sich in ihr Zett zurück, wo Frederick sie Litter-
' lich weinend sand. „Komm, Schwester", sagte er, „meine Mutter erwartet
' dich in England." So geschah es, daß etwas später Lady Fitz der Königin
i Victoria die junge Fremde, Tookolito mit Namen, als ihre zukünftige
! Schwiegertochter vorstellte. Die Königin unterzeichnete den Heirathscontcakt
> und Tookolito wurde Lady Victoria Fitz.
 
Annotationen