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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 116-128 (2. Oktober - 30. Oktober)
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Bäte


Preis: vierteljährl. 40 kr. ohne Träger-
lohn u. Postaufschlag. Jns.-Geb. 2 kr. d.Z.

M M Donnerstag den 25. October 1866.


H.,. . . - u—" desto nachhaltiger wirken AN lassen. Zitgleich wurde
^crtburger aufgehetzt, besonders in der badischen Pfalz, und ein i damit der weitere Zweck erreicht, dem die Partei des Heidelber-

schürten wilden Fanatismus zu Thaten blutiger Wuth vor-
schreiten zu lassen." Nr. 38 t „Bartholomäusnächte, Barlettatage
lagen gar nicht mehr im Bereiche der Unwahrscheinlichkeit; . .
römische Priester waren es, die diese zündenden Funken ausstreu-
ten. . . Die Auffassung dieses Krieges als eines Religionskrie-
ges war in allen Theilen des Landes so übereinstimmend, daß
aus eine systematische Aufhetzung des Volkes von
einem Punkte aus zurückgeschlossen werden kann!
Nr. 40 bringt einen Bericht über die evangelische Diöcesansynode
in Neckargemünd, wo es heißt: „Der Bericht besprach besprach
besonders auch mit großem Bedauern die schreckliche confessionelle
Erregtheit, welche im Lause dieses Sommers in den meist pari-
tätischen Ortschaften der Diöcesen bestanden hat und noch be-
steht, wobei jedoch die Protestanten von jeder Schuld frei zu
sprechen seien. Ebenso wurden in der Discussion hierüber die
in wahrhaft erschreckender Weise aus eine zweite Bartholomäus-
nacht hinzielenden, jetzt offen zu Tage getretenen Absichten der
katholischen Bevölkerung unserer Gegend constatirt und die Ver-
wunderung darüber ausgesprochen, daß auch jetzt von den staat-
lichen Behörden noch keinerlei Untersuchung eingeleitet sei" —
eine Untersuchung, die von unserer, von katholischer Seite wie-
derholt dringend verlangt wurde, ohne daß man — offenbar
aus guten Gründen -— Lust hatte, an maßgebender Stelle darauf
einzugehen. Wir theilen alfo noch um so mehr jene „Verwun-
derung" der betreffenden Diöcesansynode. Nr. 41 erklärt das
Kirchenblatt, von katholischen Blättern zum Beweis seiner Be-
hauptungen aufgefordert, dieselben wiederholt für wahr, aber
ohne einen andern Beweis anführen zu können als leeren Klatsch,
und nennt den Nachweis der katholischen Presse, daß allein nur
das evangelische Kirchenblatt die Aufregung der protestantischen
Bevölkerung hervorgerufen, eine „unvergleichliche Brutalität",
die Mehrzahl der katholischen Partei „eine Partei, die aller
Achtung vor der staatlichen Ordnung und aller Liebe zum Va-
terland entbehre, die Hetze und schüre, um einmal auf den Trüm-
mern aller staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung ihre sieg-
reiche Fahne aufzupflanzen. . . Diese Partei beherrsche gegen-
wärtig die katholische Kirche in Baden."
Neben diesen Beschuldigungen der katholischen Geistlichkeit
und der Katholiken der Pfalz und ganz Badens geht durch alle
Nummern des evangelischen Kirchenblatts ein tückisches und ver-
bissenes Begeifern der katholischen Kirche, ihrer Priester, ihrer
Verfassung, ihres Kultus; Entstellung, Verdrehung, Lüge und
Spott müssen herhalten, um Alles was katholisch heißt herabzu-
würdigen, lächerlich und verhaßt zu machen. Die neueste Nr.
42 ruft sogar Garibaldi, den edeln Freund und Bundesgenossen
des frommen evangelischen Königs zu Hülfe, und berichtet von
ihm mit Behagen, wie er einen Volkshausen mit den Worten
begeistert habe: „Wollt ihr die Priester zu Grunde richten, so
macht es wie ich, und geht nicht in ihre heilige Bilde."
Angesichts dieses Vorgehens des evangelischen Kirchenblattes
gegen die Katholiken sagen auch wir mit demselben: „es kann
aus eine systematische Aussetzung des Volkes von einem Punkte
aus zurückgeschlossen werben" und dieser Punkt ist für unsere
badische Pfalz kein anderer als Heidelberg und seine Filiale mit
dem evangelischen Kirchenblatte, von wo aus die katholische
Kirche seit Jahren systematisch bekämpft und geschmäht wird.
Nachdem durch alle Mittel der Hinterlist und der Gewalt, die
der Partei zur Verfügung gestellt sind, die katholische Kirche
nicht niedergeworfen werben konnte, sollten nun die protestanti-
schen Massen ausgercizt werden. Man jagte das protestantische
Volk durch die gräulichsten Vorspiegelungen in Angst, um dessen

— Die „Halsabschneiderei" des süddeutschen
evangelischen Kirchenblattes und der evangelischen
Diöcesansynode zu Neckargemünd.
Zwei protestantische Kirchenblätter, die „Darmstädter Kir-
chenzeilung" und das „Heidelberger Evangelische Kirchenblatt"
waren es, die sich im Anfang und während des letzten Krieges
alle Mühe gaben, den Fanatismus auf protestantischer Seite
gegen die Katholiken auszustacheln. Sie Haven dazu ohne Zwei-
fel von leitenden Obern den Befehl erhalten und arbeiteten im
preußischen Dienste und Solde.
Die „Darmstädter Kirchenzeitung" brachte gleichzeitig mit
dem Ausbruche des Krieges ein angebliches Fluchformular aus
dem Jahr 1749, welches ein Landgraf von Hessen, der von der
protestantischen zur katholischen Kirche zurückgekehrt war, habe
unterschreiben müssen, worin unter Anderen vorkomme: „Wir
verfluchen unsere Eltern, die uns bei solchem ketzerischen (Protest.)
Glauben ausgezogen haben"; ferner: „Wir schwören auch, daß
wir, so lange wir einen Blutstropfen haben, die verfluchte evan-
gelische Lehre ganz unb gar ordentlicher Weise mit Worten und
Werken, auch das Schwert nicht ausgenommen, verfolgen wol-
len." Ein katholischer Gelehrter in München wies in Nr. 185
der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" nach, baß das angebliche
Schriftstück von protestantischer Seite fabricirt und zur Be-
schimpfung der katholischen Kirche verbreitet worden sei. Es
würben atso durch Aufwärmung dieser Lüge in der „Darmstädter
Kirchenzeitung" von den Vorkämpfern einer gewissen Sorte des
moderneil Protestantismus die nämlichen Waffen gegen die ka-
tholische Kirche geführt, wie im 7jährigen Kriege von dem gro-
ßen Preußenkönige Friedlich II., der 1759 ein angebliches Breve
des Papstes Clemens XIII. fabricirte, das von den Flüchen und
Verwünschungen gegen die Protestanten strotzte und Zu ihrer
Ausrottung aufforderle. Das Falsum sollte als Bundesgenosse
zu den damaligen Annectirungen in Schlesien dienen. Noch
Größeres wie der große König hat aber im Jahre des Heils
1866 das „Heidelberger evangelische (y Kirchenblatt" vollbracht;
denn es fabricirt Thatsachen, die vor unfern Augen vorgegan-
gen sein, au deren Epidenz wir durchaus glauben sollen, wäh-,
renb sie doch nur in der Behauptung des Kirchenblattes existi-
reu. Unmittelbar vor dem Ausbruche des Krieges beginnt das-
selbe die Hetzjagd gegen die Katholiken. In dessen Nr. 22
heißt es: „Für die Römlinge in Oesterreich ist der Krieg ein
heiliger, ein Kreuzzug gegen die protestantischen Ketzer in Deutsch-
land, und die Kirchenschander in Italien." Nr. 26. Weil der
Bischof von Brixen in einem Hirtenbriefe gesagt hatte: Der
Kamps, zu dem sich Europa anschickt, ist viel mehr noch ein
geistiger als em materieller, behauptet das Kirchenblatt: „es
sti nun ofsiciell bestätigt, daß der katholische Clerus Oesterreichs
den mühenden ^rieg Oesterreichs zu einem heiligen Religions-
tiieg stempeln werde." In Nr. 30 vom 23. Juni wvd, um
Material zu neuen Angriffen zu erhalten, eine wenig bekannt
gewoidene und ^längst verschollene Broschlire eines französischen
Jesuiten vom Jahre 1850 wieder herbeigezerrt, um daran die
Lüge knüpfen zu können: „daß manche katholische Phantasie be-
reits ganz ernsthaft von Barlettageschichten träume, . . daß in
menm Augenblicke die religiösen Hetzereien von katholischer Seite
aucy tU-Uuserm Lande wieder aufs Schändlichste betrieben wer-
wird dann der fromme Stoßseufzer verbunden:
„O)0tt gebe, daß diese Partei (d. h. die Katholiken), jedenfalls
sehe tlcm und demüthig aus dem Kriege herrorgehe, . . . denn
^OPariei ewiger Zwietracht, und so lange diese nicht -umr ourcy me grauncypen Vorspiegelungen in Amgy, um vegen
voUMnmg beseuigt wird, wird es in Deutschland nie zum Frie- evangelische Erbitterung gegen die Katholiken, diese „grundsätzlich
en tommen." zgn Nr. 37: „die katholischen Pfaffen haben das l schlechten und gefährlichen Menschen", diese „Diebe, Räuber und
PP Mr Beraubung ihrer protestantischen Mörder
einziger entschiedener Sieg der österreichischen Waffen hätte hin- ger Blattes seit Jahren dient: den süddeutschen Protestanten
gereicht, um den von den Waffen und katholischen Vereinen ge- Preußen als den alleinigen Heiland darzustellen, der sie retten
 
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