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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 103-115 (1. September - 29. September)
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was kann am dürren geschehen? „Lügt nur, lügt immer zu
wie der Teufel, es thut nichts, wenn ihr aufs Maul geschlagen
werdet, es bleibt immer etwas hängen."
Z- Walldürn, 21. Sept. Trotz mancher gegentheiligen
Versicherung macht die Cholera hier riesige Fortschritte. Bis
heute sind 83 Personen der Seuche erlegen. Anfangs mehr
auf die ärmeren Classen der Einwohner beschränkt, fordert die
Krankheit seit den letzten Tagen aus allen Schichten der Bevöl-
kerung ihre Opfer, so daß nicht weniger als gegen 300 Perso-
nen krank darniederliegen.
Freiburg, 22. Sept. Bei der heute im 13. Aemter-Wahl-
bezirk (Landamt Freiburg) vorgenommenen Ersatzwahl für den
bisherigen Abgeordneten Fauler ist Bezirksrath Helmle von
Steig mit 32 Stimmen von 40 gewählt worden.
Deutschland.
Darmstadt, 18. Sept. Man spricht davon, daß vorerst
unser Militär seine früheren Garnisonsstädte in Oberhessen,
Friedberg und Butzbach, nicht wieder beziehen solle. Die
zwei Schwadronen Reiterei, welche in Butzbach gelegen, sollen
in Langen, Arheilgen, Wixhausen rc. cantonnirt werden, wäh-
rend das in Friedberg gelegene Bataillon in Offenbach kasernirt
werden soll. — Heute gingen die noch hier gelegenen Abhei-
lungen des 39. preußischen Infanterieregiments nach Offenbach
ab. Darmstadt ist nunmehr vollständig von den Preußen ge-
räumt, und hört auch somit die seither von der preußischen
Commandantur geübte Censur der Presse auf.
Frankfurt, 18. Sept. Die Militärrevolte, von der ich
Ihnen in meinem jüngsten Schreiben Mittheilung machte, hat
erst gestern ihren Abschluß gefunden. Nachdem man die auf-
sässigen Landwehrleute die Nacht über durch Waffenbrüder von
der Linie mit geladenem Siegesinstrument in den Kasernen hatte
bewachen lassen, führte man sie gestern Nachmittag unter dem
Vorwande, daß die Beförderung per Eisenbahn bis Erfurt er-
folgen solle, auf den stark besetzten Main-Weser-Bahnhof (be-
merken Sie wohl, auf den Main-Weser, nicht etwa auf den
Taunus- oder Ludwigs-Bahnhof) ließ sie dort in einen bereit
stehenden Zug steigen, der sofort über die Verbindungsbahn —
nach Mainz befördert wurde. Dort wird man natürlich „Exem-
pel statuiren" und Manchem dürfte Gelegenheit geboten werden
darüber nachzudenken, daß General Manteuffel ein Mann ist,
den man immer mit den nöthigen Egards behandeln und nie
an der Brust fassen und schütteln muß. — Das Besitzergreifungs-
mandat wird bestimmt bis zum 20. erwartet; wie man hört,
wird dasselbe von dem Balkone des Englischen Hofes mit der
berühmten Einleitungsformel uiuguuiu vobm uunuucäo Auuckiuiu
(ich kündige Euch eine große Freude an) dem versammelten
Frankfurter Volke publicirt werden. (N. D. Z.)
Mainz, 19. Sept. Die Landwehrmänner, welche vor-
gestern Abend unter Escorte von Frankfurt hierher gebracht
wurden, werden alle nach der Festung Ehrenbreitstein bei Kob-
lenz transportirt, woselbst die Untersuchung eingeleitet und
geführt werden wird.
Speyer, 19. Sept. Heute hat uns Cardinal Reis ach
nach mehrtägigem Aufenthalt bei dem Hochw. Herrn Bischof
wieder verlassen, um sich zum Besuche des greisen ehrwürdigen
Erzbischofs Hermann vonVikari nach Freiburg zu bege-
ben. Zur Begrüßung Sr. Eminenz traf am letzten Donnerstag
den 13. d. M. der Hochwürdigste Herr Bischof von Regensburg
ein und verweilte bis Montag den 17. dahier. Am letzten
Sonntag, den 16., wohnte der Cardinal mit den beiden Ober-
hirten von Regensburg und Speyer deut Hochamte im Dome
bei, was nicht verfehlen konnte, auf die zahlreich versammelten
Gläubigen einen erhebenden Eindruck zu machen. (M. A.)
Stuttgart, 19. Sept. Am nächsten Sonntag versammelt
sich das Comite der Volkspartei in Württemberg in hiesiger
Stadt zu einer Berathung.
Koburg, 19. Sept. Im benachbarten Meiningen sind
gestern 2 Bataillone Preußen einmarschirt. Der 70jährige Her-
zog Bernhard hat zu Gunsten des Erbprinzen niedergelegt.
Dresden, 21. Sept. Das „Drsd. Journ." bezeichnet die
Wiener Nachricht, daß der Friede zwischen Preußen und Sach-
sen bereits abgeschlossen, als verfrüht, und fügt hinzu: Die
Verhandlungen wegen einer Militärconvention sind allerdings
bis zu einem sehr günstigen Stadium vorgeschritten.
Leipzig, 18. Sept. Als die preußischen Truppen bei uns
einzogen, wurde auch hier erklärt, daß sie als Freunde einzögen;
dies hinderte sie indessen nicht, daß man den wehrlosen Be-
wohnern vorschrieb, wie sie die willenlosen Werkzeuge der Ge-
walt zu verpflegen haben und daß wir heute noch von einer
zahlreichen Einquartierung heimgesucht sind. „Heißt das bloß
„den Regierungen den Krieg machen, wie jene ersten Plakate
es uns verkündeten?" fragt die „A. A. Z." „Wir sollen ein

einiges Volk von Brüdern werden und dazu treibt man uns
mit der eisernen Ruthe der Militärgewalt? Das Versammlungs-
recht ist aufgehoben, die Presse ist geknebelt, alle Opposition
niedergehalten, kein freies Manneswort darf laut werden und da
erkühnt man sich jetzt gar die preußischen Siege als Siege des
Protestantismus über den Ultramontanismus auszugeben? Wo
ist denn hier das Christenthum mit seiner Liebe, wo der Prote-
stantismus mit seiner Freiheit? Goethe's Erlkönig war eine pro-
phetische Ballade: Preußen ist der Erlkönig und das „ächzende"
Kind ist Sachsen!"
Berlin, 18. Sept. Wie man der „Kreuz-Ztg." aus Wien
mittheilt, haben die österreichischen Erzherzöge, welche Chefs
preußischer Regimenter sind, auf diese ihre Ehrenstellen verzichtet
und dies in Berlin kurzab angezeigt. Nach dem Friedensschluß,
bemerkt die „Kreuz-Ztg." dazu, finden wir dies Verfahren doch
sonderbar.
Berlin, 19. Sept. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt:
„Die Verhandlungen der k. Regierung mit dem Kurfürsten
von Hessen haben zu einer Vereinbarung geführt. In Folge
dessen hat Se. Königl. Hoheit Stettin verlassen und sich heute
über Berlin zunächst nach Dresden begeben."
Berlin, 20. Sept. Der Einzug der Truppen erfolgte heute
um 11 1/2 Uhr in vorgeschriebener Ordnung und unter dem
größten Enthusiasmus des Volkes. Dem Könige voran ritten
der Ministerpräsident Graf Bismarck, der Kriegsminister v. Roon,
die Generale v. Moltke, v. Voigt-Rheetz und v. Blumenthal.
Von Jungfrauen empfing der König drei Lorbeerkränze, einen
für sich, einen für den Kronprinzen und einen für den Prinzen
Friedrich Karl. Auf die Begrüßungsrede des Oberbürgermeisters
sprach der König seinen Dank für den würdigen und reichen
Empfang aus, indem er hervorhob, daß derselbe nicht ihm, son-
dern den einziehenden Truppen gelten möge. Zahlreiche Ordens-
verleihungen und Avancements sind erfolgt. Bismarck wurde
zum Chef seines Landwehrregiments und zum General ernannt.
Der Kronprinz und der Prinz Friedrich Karl erhielten den Orden
xour Is urorits mit dem Bildnisse Friedrichs des Großen.
Berlin, 21. Sept. Der „Staatsanzeiger" veröffentlicht
einen Amnestieerlaß für alle Diejenigen, welche bis zum 20.
d. M. wegen Hochverrates, Majestätsbeleidigung, Verbrechen und
Vergehen bezüglich der Ausübung des Staatsbürgerrechts, Wider-
stand gegen Staatsgewalt, Verletzung öffentlicher Ordnung, Preß-
vergehen verurtheilt worden sind.
Schleswig, 18. Sept. General v. Manteuffel ist unter
Enthebung der Würde eines Gouveneurs zum commandirenden
General des schleswig-holsteinischen Armeecorps mit den: Wohnsitze
in Schleswig ernannt worden.
Wien, 18. Sept. Ich glaube Ihnen den sehr nahe be-
vorstehenden Abmarsch der sächsischen Truppen jetzt mit Be-
stimmtheit melden zu können. Es ist keine diplomatische, aber in
diesem speciellen Fall sicher nicht weniger zuverlässige Quelle,
auf die ich mich beziehe. Mit großen Lettern kündigt heute
der Volksgarten für morgen das „Abschieds-Conzert der k.
sächsischen Jnfanteriebrigade Prinz Georg" an. (K. Z.)
Wien, 19. Sept. Es hatte Aufsehen erregt, daß, wie sich
jetzt bestätigt, die österreichische Ordre de Bataille im Besitze
des preußischen Obercommando's und dann auch im Besitze
sämmtlicher preußischer Commandanten war. Das „Frdbl." er-
fährt nun aus zuverlässiger Quelle, daß auch das österr. Ober-
commando genaue Kenntniß von der preußischen Ordre de Ba-
taille hatte, bevor der Krieg ausgebrochen war. Der Kron-
prinz von Preußen hatte dieselbe, wie sie zuletzt festgestellt wurde,
an den bereits in Schlesien befindlichen Prinzen Friedrich Karl
telegraphirt und hiebei mag es wohl geschehen sein, daß sie
auch einen: Freunde Oesterreichs in die Hände kam. — Jedoch
ohne Nutzen.
Der Rückmarsch der österreichischen Truppen aus Italien
beginnt am 21. Sept. Verona wird zuerst geräumt; die Artil-
lerie sammt deu Geschützen verläßt am 21. Sept, die Festung;
dann folgt die Cavallerie und die Genietruppen und den Schluß
bildet die Infanterie. — In dieser Weise werden in einer schon
bestimmten Reihenfolge sämmtliche Festungen in Venetien geräumt.
Wien, 20. Sept. Die „N. Fr. Presse" meldet glaubwür-
dig, daß der Friede zwischen Sachsen und Preußen definitiv
abgeschlossen sei. Die Veröffentlichung des Friedensinstrumentes
stehe bevor. Die Rückkehr der sächsischen Armee sei auf den An-
fang des Oktobers festgesetzt.
Der „Allg. Ztg." telegraphirt inan in gleichem Betreff: Der
sächsisch-preußische Friedensschluß ist definitiv. Die Veröffent-
lichung desselben wird im Laufe der Woche erfolgen. Der dem-
nächst abreisende König von Sachsen gab gestern dem König von
Hannover ein Abschiedsdiner. Es sind berits Vorkehrungen für
die Rückkehr der sächsischen Truppen (über Bayern) getroffen.
 
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